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Tausend Und Eine Nacht. Gustav Weil
Читать онлайн.Название Tausend Und Eine Nacht
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Gustav Weil
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Der Vezier hielt auf einem großen Platze vor dem Tore, schlug dort sein Zelt auf und sagte zu seinen Freunden, die ihn begleiteten: »Wir wollen hier einige Tage ausruhen.« Einige Diener gingen dann in die Stadt, um ihre Geschäfte zu besorgen; der eine verkaufte, der andere kaufte ein, der dritte besuchte das Bad. Auch Adjib ging mit einem Sklaven in die Stadt, um sich ein wenig zu zerstreuen; der Diener ging hinter ihm her mit einem roten Stocke von Haselholz; er war so dick, daß, wenn man ein Kamel damit geschlagen hätte, es bis nach dem Lande Jemen geflohen wäre. Als die Bewohner von Damaskus den schönen jungen Adjib sahen, den folgendes Gedicht so gut beschreibt:
»Sein Atem ist Moschus, seine Zähne sind Perlen, seine Wangen Rosen, sein Speichel Wein, sein Wuchs ein Zweig, sein Gesäß ein Sandhügel, seine Haare sind die Nacht und sein Gesicht der Vollmond —«
liefen sie vor und hinter ihm her und stellten sich ihm in den Weg, um ihn beim Vorübergehen zu sehen, bis nach Gottes Ratschluß und Bestimmung sein Diener am Laden seines Vaters stehen blieb. Adjib war damals zwölf Jahre alt, sein Bart fing schon an zu wachsen, auch hatte er schon recht viel Verstand. Der Koch, der seinen Vater an Kindesstelle angenommen, war längst tot und hatte seinem Adoptivsohne den Laden und sein ganzes Vermögen hinterlassen.
Als Adjib mit seinem Diener vor den Laden seines Vaters Hasan aus Baßrah kam, setzte diesen die Schönheit seines Sohnes in großes Erstaunen; sein Herz fing an zu klopfen, sein Blut kam in Wallung, sein Innerstes ward gerührt und er fühlte sich durch eine geheime Macht des Herrn mächtig zu ihm hingezogen. Gelobt sei er, dem alles möglich ist! Er hatte an diesem Tage gerade Granatäpfelbeeren mit Zucker bereitet und wandte sich daher mit Tränen in den Augen zu seinem Sohne Adjib, indem er sagte: »O du, mein Herr! der du mein Herz unterjocht und meinen Geist besiegt hast, willst du nicht ein wenig zu mir treten und meine Speise kosten?« Er erinnerte sich an seinen früheren Rang als Vezier und sprach folgende Verse:
»O meine Freunde! es fließen meine Tränen heftig wegen eines traurigen Liebesverhältnisses; ich sehe euch und ziehe mich von euch zurück, obgleich ein Teil meiner Sehnsucht nach euch schon mich töten könnte; ich trenne mich nicht aus Haß oder aus Lust, euch zu vergessen, nur die Vernunft gebietet mir, meine Liebe zu verbergen.«
Als Adjib diese Verse hörte, bemitleidete er den Koch; er sagte seinem Eunuchen: »Dieser Mann hat mein Herz gerührt und Mitleid bei mir rege gemacht; es scheint, als habe er einen Sohn oder einen Bruder verloren, laß uns daher bei ihm einkehren, sein Herz stärken und seine Einladung annehmen, vielleicht wird Gott durch diese gute Tat auch mich wieder mit meinem Vater vereinen.« Der Sklave antwortete hierauf ganz zornig: »Bei Gott! das wäre schön, wenn der Sohn des Veziers im Laden eines öffentlichen Kochs speisen wollte; während ich mit meinem Stocke die Leute verhindere, daß sie Euch nicht zu nahe treten, soll ich mich mit Euch in einen öffentlichen Laden setzen!« Als Hasan dies hörte, sagte er seinem Sohne folgende Verse:
»Ich wundere mich, daß man durch einen Diener dich von den Leuten absonderte, und nicht wußte, daß du es schon durch deine Schönheit bist? Deine Haarlocken sind Basilik, deine Wangen Rubin, das braune Flecken darauf Ambra und deine Zähne Edelsteine.«
Dann wandte sich Hasan zum Diener und sagte ihm: »Willst du, mein Herr, nicht mein Herz ein wenig trösten? Du Rußiger mit weißem Herzen, du, den man so und so gelobt hat.« — Da lachte der Eunuche und fragte: wie denn? Hasan rezitierte hierauf folgende Verse:
»Ohne seine Bildung und Zuverlässigkeit würde in festlichen Wohnungen keine Zucht herrschen. Und was für ein Diener ist er, wenn es gilt den Harem zu bewahren! Engel vom Himmel bedienen ihn seiner Schönheit willen. Seine schwarze Farbe ist lieblich und seine weißen Werke erzeugen Fröhlichkeit.«
Dies gefiel dem Eunuchen, er lachte und trat in den Laden. Der Koch setzte dann Adjib und dem Eunuchen eine Schüssel voll Granatäpfel und andere süße Speisen vor. Adjib sprach aber zu seinem Vater: »Setze dich und iß mit uns, vielleicht wird uns Gott wieder mit denen, die wir lieben, vereinen.« Hasan fragte ihn hierauf: »Wie, mein Sohn, auch du bist in deiner Jugend schon mit Trennung von deinen Freunden heimgesucht worden?« — »Freilich«, antwortete Adjib, »bin auch ich schon mit diesen Schmerzen vertraut geworden, und eben bin ich mit meinem Großvater auf der Reise, um die Verlorenen wieder aufzusuchen.« Er fing dann an zu weinen, und Hasan weinte mit ihm, denn er ward wieder an seine Frau und an sein Vaterland erinnert, und rezitierte folgende Verse:
»Kommen wir nach dieser Trennung wieder einmal allein zusammen, so haben wir uns lange Vorwürfe zu machen; bei Gott! kein Bote kann Liebesklagen bestellen, noch ein krankes Herz heilen.«
Diese Verse rührten den Diener, der noch eine Weile aß und dann mit Adjib seinen Weg weiter fortsetzte; dem Koch war es aber, als verließe ihn sein Lebensgeist; er schloß daher seinen Laden und ging ihnen nach, ohne zu wissen, daß Adjib sein Sohn war, bis er ihn endlich am Tore von Damaskus einholte. Als der Verschnittene ihn hinter sich bemerkte, fragte er ihn, was er wolle. »Seitdem ihr mein Haus verlassen«, antwortete Hasan, »ist es mir, als sei mein Lebensgeist mit euch gegangen; ich habe übrigens vor dem Tore etwas zu tun, das will ich jetzt versehen und dann wieder nach Hause zurückkehren.« Der Verschnittene sagte hierauf zornig zu Adjib: »Das ist deine Schuld, ich habe wohl im voraus etwas von diesem Manne befürchtet, dadurch, daß wir bei ihm einen schlechten Bissen gegessen, glaubt er das Recht zu haben, uns überall zu verfolgen und anzubetteln.« Als auch Adjib ihn bemerkte, ward er ebenfalls aufgebracht, und sein Gesicht ward vor Zorn ganz rot; er sagte dann dem Eunuchen: »Laß ihn, wie alle Muselmänner, seines Weges gehen, erst wenn wir vor dem Tore an unserem Zelte ihn noch hinter uns sehen, dann wissen wir, daß er uns nachläuft.« Sie gingen bis zum großen Platze, wo ihr Zelt war; als nun Adjib sich umwandte und immer noch den Koch hinter sich sah, ward er bald rot, bald blaß, denn er fürchtete, sein Großvater möchte erfahren, daß er in den Laden eines Kochs gegangen, und darüber böse werden. Sein Auge begegnete dann dem Hasans, der wie ein Körper ohne Geist aussah; er hielt ihn für einen Spitzbuben oder einen unzüchtigen Menschen, und sein Zorn ward so heftig, daß er in seiner Wut einen halbpfündigen Stein von der Erde aufhob und ihn Hasan an den Kopf warf, so daß die Stirne von einem Auge zum anderen gespalten ward, das Blut über sein Gesicht herabströmte und er ohnmächtig zu Boden stürzte. Adjib ließ ihn liegen und ging mit seinem Diener ins Zelt. Als Hasan nach einer Weile wieder zu sich kam, wusch er das Blut ab und verband die Wunde mit der Binde seines Turbans; er machte sich dann selbst Vorwürfe darüber, sich so benommen zu haben, daß der junge Mann ihn für einen Spitzbuben halten mußte. Er kehrte jetzt in seinen Laden zurück und sehnte sich immerwährend nach seiner Mutter in Baßrah und sprach folgende Verse:
»Fordere vom Schicksal keine Gerechtigkeit, du würdest ihm Unrecht tun; klage es nicht an, wenn es unwillig ist, denn es gibt keine Billigkeit auf der Welt; ergreife vom Leben was du kannst, und laß die Sorgen beiseite: das Leben muß bald trüb, bald heiter sein.«
Während Hasan aus Baßrah wieder, wie früher, gekochte Speisen in seinem Laden verkaufte, war sein Oheim, der Vezier aus Kahirah, nach drei Tagen von Damaskus nach Hims gereist. Da er auch hier seinem Neffen vergeblich nachgespürt, reiste er nach Hamah, übernachtete hier, um Erkundigungen einzuziehen, und rastete dann nicht mehr, bis in Aleppo, wo er sich zwei Tage aufhielt; so setzte er über Maridin, Mossul, Sindjar und Dijarbekr seine Reise bis Baßrah fort. Hier ging er sogleich zum Sultan, der ihn gut aufnahm und nach der Ursache seiner Reise fragte. Der Vezier erzählte ihm seine Geschichte und verschwieg ihm nicht, daß er der Bruder seines ehemaligen Veziers Nuruddin aus Kahirah sei. Der Sultan rief aus: Gott sei ihm gnädig! und sagte ihm, daß dieser vor ungefähr fünfzehn Jahren gestorben sei und einen Sohn hinterlassen habe, von dem man aber seit einem Monat nach des Vaters Tod nichts mehr gehört habe. »Seine Mutter«, fuhr der Sultan fort, »ist noch hier bei uns; sie ist die Tochter des Großveziers.« Als Schemsuddin dies