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Der Letzte vom "Admiral". Franz Treller
Читать онлайн.Название Der Letzte vom "Admiral"
Год выпуска 0
isbn
Автор произведения Franz Treller
Жанр Зарубежная классика
Издательство Public Domain
Nähere Auskunft über die Katastrophe, welche ihn in das Meer schleuderte, vermochte er nicht zu geben. Entweder hatten seine Gefährten ihn schon vorn geglaubt, oder das Tau war losgeglitten. Große Sorge hegte Henrik um seine Mutter, und er beschwor den Kapitän, alles aufzubieten, um ihr die Nachricht zugehen zu lassen, daß ihr Sohn noch am Leben sei. Da der Kapitän auf die brasilianische Küste abgehalten hatte, um von dort mit dem Passat nach der Kapstadt zu segeln, hatte sich erst an der Südspitze Afrikas Gelegenheit geboten, nach Hamburg Kunde von der Rettung Henriks zu geben.
Sobald Henrik hergestellt war, hatte er den Kapitän gebeten, ihn im Schiffsdienst zu verwenden, und dieser, seinen Wunsch erfüllend, hatte ihn der Wache des Obersteuermanns zugeteilt. Vom Kap aus wurde an die Reeder die Ankunft des »Roland« telegraphiert, und Henrik richtete eine Depesche an seinen Onkel Asmus, schrieb gleichzeitig seiner Mutter ausführlich und bat sie, ihm zu gestatten, auf dem »Roland« bleiben zu dürfen und erst mit diesem zurückzukehren. Der Kapitän hatte ihn anfangs mit dem nächsten Dampfer nach Hause schicken wollen, gab aber seinen Bitten, ihn an Bord zu behalten, endlich nach und schrieb gleichfalls ausführlich an die Mutter, ihr darlegend, daß wir überall in Gottes Hand seien, und daß Henrik sicher nicht auf so wunderbare Weise vor der Mündung der Elbe gerettet worden sei, um im Ozean ein frühes Grab zu finden; er bat selbst, den Jüngling zunächst unter seiner Obhut zu lassen.
Henrik schrieb auch von Kapstadt an seinen Freund Karl Holthaus, da er annahm, daß dieser und Onno sich gerettet hätten, was auch Findling für wahrscheinlich hielt. So blieb er, da er seiner Mutter den Trost geben konnte, daß er noch unter den Lebenden weile, freudigen Herzens an Bord.
Da sich Henrik bei seiner großen Vorliebe für das Seewesen von früher Jugend an mit dem Schiff und allen seinen Einrichtungen vertraut gemacht hatte, soweit das Modell eines Vollschiffes, welches er vom Vater her besaß, und seine Besuche an Bord der im Hafen liegenden Fahrzeuge es ermöglichten, kannte er fast jedes Tau und seinen Gebrauch. Seine Gewandtheit und Kühnheit ließen ihn bei seinem großen Eifer zu lernen bald mit aller Sicherheit im Takelwerk arbeiten, und selbst das Steuer war ihm schon früh anvertraut worden, obgleich das bei einem Segler ein sehr verantwortungsvolles Amt ist. Die Kenntnisse, welche er auf der Schule erworben, befähigten ihn nach kurzer Unterweisung durch den Ersten Steuermann, Berechnungen zu machen, wie sie der Schiffsoffizier anstellt, um Länge und Breite zu ermitteln. Vom Kapitän Herrn Findling zur Ausbildung anvertraut, fand er in diesem einen sorgsamen, obgleich strengen Lehrer. Und nicht nur Dankbarkeit fesselte Henrik an seinen Lebensretter, er gewann den ernsten, tüchtigen Seemann, der in noch jugendlichem Alter stand, er zählte erst sechsundzwanzig Jahre und war bereits Obersteuermann, aufrichtig lieb. Aber auch der Junge, der mit so großer Bereitwilligkeit jeden Dienst verrichtete, war vom Steuermann wie von den Matrosen gern gesehen. »Seemannsblut«, brummten die alten Blaujacken, wenn sie ihn mit Geschick einen gefährlichen Dienst in der Höhe verrichten sahen; sie kannten den Namen seines Vaters als den eines berühmten und kühnen Seefahrers.
So war Henrik Horsa, welcher neben dem Obersteuermann jetzt nach Ost, wohin der Bug des Schiffes stand, ausschaute, angeheuerter Leichtmatrose der Bark »Roland«. Die Tropensonne hatte ihn gebräunt, und er sah kräftiger aus als in der Heimat.
»Das ist Land da vorn, mein Junge«, sagte Findling, ein hochgewachsener schlanker Mann, dessen wohlgeformtes Gesicht mit seinem Ausdruck von Offenheit und Kühnheit sehr für ihn einnahm, indem er auf etwas, was einer Wolke ähnlich am Horizont lagerte, hindeutete, »nur kann ich dir nicht sagen, welche Insel wir vor uns haben«, setzte er mißmutig hinzu.
Er verschwieg, daß der Kapitän seit einigen Tagen die Karten und Instrumente unter Verschluß hielt und die Berechnungen allein machte. Jansen hatte seinen Offizieren erklärt, daß ihn die Pflichten gegen seine Reeder verhinderten, ihnen die Lage der Insel, auf welche sie zusteuerten, mitzuteilen, da diese nicht wünschten, daß eine gute Handelsquelle andern als ihm, ihrem Vertrauensmann, bekannt werde.
Die Steuerleute wußten zwar, daß das Schiff nordöstlich von Neuguinea stand, in der Nähe der diese große Insel umgebenden kleinern Inselwelt, aber seine genaue Lage kannte nur der Kapitän. Im Jahr 1870 war dieser Teil der Südseeinseln noch wenig erforscht, auch war keiner von den beiden Steuerleuten je in dieser Weltgegend gewesen, während Kapitän Jansen wiederholt Reisen hierher gemacht hatte. Es galt einen vorteilhaften Tauschhandel mit den Eingeborenen, um möglichst große Mengen der sehr wertvollen Kopra zu gewinnen. Der »Roland« hatte bereits die Admiralitätsinseln und Neuhannover angelaufen und an beiden Punkten nicht unerhebliche Quantitäten dieser Kopra erhandelt, doch wurden diese Inseln zu gleichem Zweck häufig von englischen Handelsschiffen besucht, so daß die Ausbeute dem Kapitän wenig lohnend schien. In Neuhannover hatte Jansen auch einen Eingeborenen, der erträglich Englisch sprach, als Dolmetscher für seinen demnächstigen Handelsverkehr gewonnen und war dann südlich gesteuert. Von der Zeit ab hatte er sich die Berechnung allein vorbehalten.
»Wenn meine geographischen Kenntnisse mich nicht täuschen, müssen wir auf die Salomonsinseln zusegeln«, äußerte Henrik.
Findling warf ihm einen Blick zu, in dem sich Überraschung widerspiegelte.
»Alle Wetter, Junge, du hast entweder eine gute Nase oder einen wunderbaren Lehrer in der Geographie gehabt.«
»Das letztere, Herr Obersteuermann; doch hatte mir der Kapitän früher erlaubt, seine Karten zu studieren, und da ich erfuhr, daß wir für diesen Teil der Welt bestimmt waren, habe ich mich eingehend mit den australischen Inselgruppen beschäftigt.«
»Es wird so sein, wie du vermutest, und wir steuern auf den verrufensten Teil dieser ganzen Inselwelt zu.«
»Warum verrufen, Herr Obersteuermann?« fragte Henrik.
»Die Salomonsinseln werden von ebenso verräterischen wie mordlustigen Kannibalen bewohnt, und das Geschäft, das wir zu unternehmen haben, muß sehr lohnend sein, wenn der Kapitän es wagt, diese Inseln anzulaufen.«
Nach einer Weile sagte er: »Sprich nicht darüber vor der Mannschaft, Henrik, es würde die Leute unruhig machen; der Alte ist übrigens ein vorsichtiger Mann, der sich nicht leicht in Gefahr begibt.«
»Selbstverständlich werde ich kein Wort darüber verlieren«, versprach Henrik, »der Kapitän hat ganz sicherlich gewichtige Gründe, seine Absichten vorläufig geheim zu halten.«
Findling ging hinab, um dem Kapitän Meldung abzustatten, daß in Südost Land in Sicht sei.
Jansen vernahm dies ohne Überraschung. Er sah seinen Ersten Steuermann einen Augenblick forschend an und fragte dann: »Wo glauben Sie, daß wir uns befinden?«
»Ich bin geneigt, anzunehmen, daß wir in der Nähe der Salomonsgruppe stehen, Kapitän.«
Der Kapitän ließ einen leisen Pfiff hören und lachte dann behaglich.
»Stimmt, Findling, haben die Salomonen vor uns, seid ein Seemann durch und durch. Ist Marholm«, dies war der Zweite Steuermann, »auch Eurer Meinung?«
»Ich habe mit ihm darüber nicht gesprochen.«
Der Kapitän ging einigemal in der Kajüte auf und ab und sagte dann gutmütig: »Sie sind verdrießlich, Findling, daß ich Ihnen ein Geheimnis aus Länge und Breite mache; es ist nicht Mißtrauen von mir, auf mein Wort, aber die Reeder haben durch einen Amerikaner von dem Platz, den wir besuchen, Kenntnis erlangt und es mir zur Pflicht gemacht, die Ortsbestimmungen als Geheimnis zu bewahren. Kann nicht anders, Findling.«
»Ich freue mich, zu hören, Kapitän, daß das Mißtrauen nur bei den Eigentümern des Schiffes zu Hause ist und nicht bei Ihnen, außerdem bin ich nicht neugierig.«
»Ich denke ein großes Geschäft mit den braunen Burschen zu machen und bald wieder von hier abzukommen.«
»Die Eingeborenen hier stehen in üblem Ruf.«
»Weiß, weiß, ein böses Gesindel. War schon voriges Jahr hier – ich bin vorsichtig,