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die Unterstützung der Äbtissin gewann der kleine Haushalt meiner Mutter bald ein besseres Ansehen. Die Not hatte ein Ende, ich ging besser gekleidet und genoß den Unterricht des Pfarrers, dem ich zugleich als Chorknabe diente.

      Der Pfarrer war die Güte selbst, er fesselte meinen lebhaften Geist. Er formte seinen Unterricht so nach meiner Sinnesart, dass ich Freude daran fand und schnelle Fortschritte machte. – Meine Mutter liebte ich über alles. Aber die Fürstin verehrte ich wie eine Heilige, und es war ein feierlicher Tag für mich, wenn ich sie sehen durfte. Jedes ihrer Worte blieb tief in meiner Seele. – Aber der herrlichste Tag, auf den ich mich wochenlang freute, an den ich niemals ohne inneres Entzücken denken konnte, war das Fest des heiligen Bernardus. Er ist der Heilige der Zisterzienser. Schon den Tag vorher strömten aus der benachbarten Stadt eine Menge Menschen herbei und lagerten sich auf der großen blumigen Wiese, so dass das frohe Getümmel Tag und Nacht nicht aufhörte. Ich erinnere mich nicht, dass die Witterung in der günstigen Jahreszeit (der Bernardustag fällt in den August) dem Fest jemals ungünstig war.

      Der Bischof selbst hielt an dem Bernardustag in der Kirche des Klosters, bedient von der untern Geistlichkeit des Hochstifts, das feierliche Hochamt.

      Ich gedenke lebhaft eines Gloria, da die Fürstin eben diese Komposition vor allen ändern liebte. – Wenn der Bischof das Gloria intonierte und nun die mächtigen Töne des Chors daher brausten: Gloria in excelsis deo! Ich versank in das hinbrütende Staunen der begeisterten Andacht. In dem duftenden Wald ertönten die holden Engelsstimmen. Der wunderbare Knabe trat wie aus hohen Lilienbüschen mir entgegen und fragte mich lächelnd:

      »Wo warst du denn so lange, Franziskus? – ich habe viele schöne bunte Blumen. Ich will sie dir alle schenken, wenn du bei mir bleibst und mich liebst.«

      Nach dem Hochamt hielten die Nonnen, unter dem Vortritt der Äbtissin eine feierliche Prozession durch die Gänge des Klosters und durch die Kirche. Es war die triumphierende Kirche selbst. Nach beendigtem Gottesdienst wurde die Geistlichkeit sowie die Kapelle des Bischofs in einem großen Saal des Klosters bewirtet. Mehrere Freunde des Klosters, Offizianten, Kaufleute aus der Stadt, nahmen an dem Mahl teil. Ich durfte, weil mich der Konzertmeister des Bischofs liebgewonnen, auch dabeisein. Allerlei lustige Erzählungen, Spaße und Schwanke wechselten unter dem lauten Gelächter der Gäste bis der Abend hereinbrach und die Wagen zur Heimfahrt bereitstanden.

      Sechzehn Jahre war ich alt geworden, als der Pfarrer erklärte, dass ich nun vorbereitet genug war, die höheren theologischen Studien in dem Seminar der benachbarten Stadt zu beginnen. Ich habe mich nämlich ganz für den geistlichen Stand entschieden. Das erfüllte meine Mutter mit der innigsten Freude erfüllt sah. Durch meinen Entschluss glaubte sie erst die Seele meines Vaters entsühnt und von der Qual ewiger Verdammnis errettet[4].

      Es ist ja auch gewiss, dass dem Schmerz der Trennung jede Spanne außerhalb dem Kreise der Lieben der weitesten Entfernung gleich dünkt.

      Der herrliche Klostergarten mit der Aussicht in die Gebirge hinein schien mir jedesmal, wenn ich in den langen Alleen wandelte in neuer Schönheit zu erglänzen. – Gerade in diesem Garten traf ich den Prior Leonardus, als ich zum erstenmal das Kloster besuchte, um mein Empfehlungsschreiben von der Äbtissin abzugeben. – Die dem Prior eigne Freundlichkeit wurde noch erhöht, als er den Brief las. Er wusste so viel Anziehendes von der herrlichen Frau, die er schon in frühen Jahren in Rom kennengelernt, dass er schon im ersten Augenblick mich ganz an sich zog. Er war von den Brüdern umgeben, und man durchblickte bald das ganze Verhältnis des Priors mit den Mönchen: die Ruhe und Heiterkeit des Geistes verbreitete sich über alle Brüder. Man sah nirgends eine Spur des Missmuts oder jener feindlichen, ins Innere zehrenden Verschlossenheit, die man sonst wohl auf den Gesichtern der Mönche wahrnimmt[5].

      Ohne die strengen Regeln des Ordens zu beachten, wurden religiöse Rituale dem Prior Leonard gewidmet. Man braucht mehr einen Geist als die asketische Umkehr der Sünde, die in der menschlichen Natur wohnt. Selbst eine schickliche Verbindung mit der Welt wollte der Prior Leonardus herstellen, die für die Brüder nicht anders als heilsam sein konnte. Reichliche Spenden machten es möglich, an gewissen Tagen die Freunde und Beschützer des Klosters in dem Refektorium zu bewirten. Dann wurde in der Mitte des Speisesaals eine lange Tafel gedeckt, an deren oberem Ende der Prior Leonardus bei den Gästen saß.

      Dagegen gewannen die Mönche an Lebensumsicht und Weisheit, da die Kunde in ihnen Betrachtungen mancherlei Art erweckte. Ohne dem Irdischen einen falschen Wert zu verleihen, mussten sie die Notwendigkeit einer Strahlenbrechung des geistigen Prinzips anerkennen. Über alle hocherhaben rücksichts der geistigen und wissenschaftlichen Ausbildung, stand der Prior Leonardus. Er sprach mit Fertigkeit und Eleganz das Italienische und Französische, und seiner besonderen Gewandtheit wegen hat man ihn in früherer Zeit zu wichtigen Missionen gebraucht.

      Mit der Welt versöhnt hat er irdischen gelebt, doch sich bald über das Irdische erhoben wurde. Diese ungewöhnlichen Tendenzen des Klosterlebens hat Leonardus in Italien aufgefasst.

      Leonardus gewann mich lieb, er unterrichtete mich im Italienischen und Französischen. Beinahe die ganze Zeit verbrachte ich im Kapuzinerkloster. Und ich spürte, wie immer mehr meine Neigung zunahm, mich einkleiden zu lassen. Ich eröffnete dem Prior meinen Wunsch.

      Einst hat der Prior viel Merkwürdiges mit mir gesprochen über das profane Leben. – Ich fühlte mich erglühen. – Der Konzertmeister hatte eine Schwester, nicht schön, aber doch, in der höchsten Blüte stand. Es war ein reizendes Mädchen. Sie hatte die schönsten Arme, den schönsten Busen in Form und Kolorit.

      Eines Morgens, als ich zum Konzertmeister gehen wollte, überraschte ich die Schwester im leichten Morgenanzug, mit beinahe ganz entblößter Brust. Schnell warf sie zwar das Tuch über, aber doch schon zu viel hatten meine gierigen Blicke erhascht. Ich konnte kein Wort sprechen. Meine Brust war krampfhaft zusammengepresst und wollte zerspringen. Jetzt bei der verfänglichen Frage des Priors sah ich des Konzertmeisters Schwester mit entblößtem Busen vor mir stehen. Ich fühlte den warmen Hauch ihres Atems, den Druck ihrer Hand – meine innere Angst stieg mit jedem Moment. Leonardus sah mich mit einem gewissen ironischen Lächeln an, vor dem ich erbebte. Ich konnte seinen Blick nicht ertragen, ich schlug die Augen nieder, da klopfte mich der Prior auf die glühenden Wangen und sprach:

      »Ich sehe, mein Sohn, dass Sie mich gefasst haben und dass es noch gut mit Ihnen steht. Der Herr bewahrt Sie vor der Verführung der Welt. Die Genüsse sind von kurzer Dauer.«

      Ein Abend sollte diesen zweifelhaften Zustand entscheiden. Der Konzertmeister hat mich zu einer musikalischen Unterhaltung eingeladen. Außer seiner Schwester waren noch mehrere Frauenzimmer, und dieses steigerte die Befangenheit, die mir schon bei der Schwester allein den Atem versetzte. Sie war sehr reizend gekleidet, sie kam mir schöner als je vor. – Das sah eins von den Frauenzimmern, die ging zu des Konzertmeisters Schwester und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Nun schauten sie beide auf mich und lachten höhnisch! – Ich war wie vernichtet, ein Eisstrom goß sich durch mein Inneres. Ich war im Begriff, mich durch das Fenster zu stürzen. Zum Glück verhinderten mich die Eisenstäbe daran, mein Zustand war in der Tat entsetzlich.

      Eine innere Scham, die ich nicht überwinden konnte, hielt mich zurück, ihm die Wahrheit zu sagen. Dagegen erzählte ich ihm mit dem Feuer die wunderbaren Begebenheiten meiner Kinderjahre. Leonardus hörte mich ruhig an, und ohne gerade gegen meine Visionen Zweifel vorzubringen, schien er doch sie nicht sonderlich zu beachten. Leonardus sprach sanft lächelnd:

      »Mein Sohn, der Unglaube ist der ärgste Aberglaube«, und fing ein anderes Gespräch von fremden, gleichgültigen Dingen an.

      Meine Mutter schrieb mir, dass der weltgeistliche Stand mir nicht genügen, sondern dass ich das Klosterleben erwählen werde. Auch die Fürstin war mit meinem Vorhaben ganz einverstanden. Beide sah ich noch einmal vor meiner Einkleidung und sehr bald erfolgte. Ich nahm auf Veranlassung der Vision meiner Mutter den Klosternamen Medardus an.

      »Worüber erfreuest du dich so, mein Bruder?« fragte Cyrillus.

      »Soll ich denn nicht froh sein, wenn ich der Welt und ihrem Tand entsage?« antwortete ich.

      Doch dies war die letzte Anwandlung

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<p>4</p>

Durch meinen Entschluss glaubte sie erst die Seele meines Vaters entsühnt und von der Qual ewiger Verdammnis errettet. – Только благодаря моему решению она поверила, что душа моего отца искуплена и спасена от мук вечного проклятия.

<p>5</p>

Man sah nirgends eine Spur des Missmuts oder jener feindlichen, ins Innere zehrenden Verschlossenheit, die man sonst wohl auf den Gesichtern der Mönche wahrnimmt. – Нигде не было видно и следа недовольства или той враждебной, проникающей внутрь замкнутости, которую обычно можно заметить на лицах монахов.