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möglichst geräuschlosen Netzausbau interessierten Prozessparteien einzig und allein wichtig gewesen zu sein, dass die für die Netzbetreiber vom Grundsatz her brandgefährliche Klage von dem in jeder Hinsicht überforderten Göttinger Verwaltungsgericht ohne jedes Wenn und Aber abgewiesen wurde.

      Dumm gelaufen für bundesdeutsche Mobilfunk-Anwohner und alle gleichermaßen davon betroffenen Handwerker: Das bisherige und – wenn’s nach dem inzwischen rechtsgültigen Gerichtsurteil geht – wohl auch zukünftig nahezu vollständige Außerachtlassen aller benachbarter Grundstücke bei der Auswahl neuer und Erweiterung bestehender Funkstandorte ist unter bestimmten Voraussetzungen schon allein aus ausgesprochen banalen technischen Gründen unsicher und nicht mit geltendem Recht vereinbar. In der Tat so wenig mit dem geltenden Recht vereinbar, dass sich sogar die Göttinger Staatsanwaltschaft gezwungen sah, in Sachen Netzagentur und Betreiber aktiv zu werden.

      ...der Rechtsstaat geht

      Mobilfunk gibt es in Deutschland seit mehr als einem halben Jahrhundert. Anwohner ebenfalls. Und doch gibt es wenigstens eine Kernfrage des direkten nachbarschaftlichen Zusammenlebens, die noch vollkommen ungeklärt zu sein scheint, sowohl praktisch, als auch juristisch gesehen. Diese Frage lautet kurz, knapp und allgemeinverständlich formuliert:

       Ist es eigentlich rechtlich zulässig und technisch unbedenklich, dass private Gartenbäume im unmittelbaren Funkfeuer liegen, soll heißen: innerhalb der von der Aufsichtsbehörde berechneten Sicherheitsabstände?

      

      Viele Anwohner mögen glauben, ihr Gartenzaun würde sie vor Grenzwertüberschreitungen schützen. Das ist jedoch mitnichten so. Denn von Anfang an durften die Netzbetreiber jeden beliebigen, öffentlichen wie privaten Luftraum rund um ihre Funkstandorte mitbenutzen. Zumindest so lange, wie keine Wohn- und für Personen gedachten Aufenthaltsräume davon in unmittelbare Mitleidenschaft gezogen wurden.

      Dann aber änderte sich die Rechtslage plötzlich – mit Einführung der LTE-Technik: 2013 wurde die betreffende Immissionsschutz-Verordnung dahingehend nachgeschärft, dass man als Angehöriger der Allgemeinheit, also insbesondere auch als unmittelbarer Anwohner, selbst dort vor Überschreitungen der gesetzlichen Grenzwerte für elektromagnetische Hochfrequenz-Strahlung, sprich vor allzu starker Mobilfunk-Strahlung geschützt sein sollte, wo man sich als normaler Mensch üblicherweise nur vorübergehend aufhalten würde. In beziehungsweise auf seinem eigenen Gartenbaum zum Beispiel, falls dies irgendwann einmal erforderlich sein sollte.

      Vom Grundsatz her ausgesprochen unangenehm für alle Netz- und Mobilfunk-Betreiber: Bis dahin hatten sie sich wegen des ihre angemieteten Funkstandorte umgebenden Privat-Grüns keinen großen Kopf machen müssen. Doch nun – inzwischen schreiben wir schon das Jahr 2017 – ging ein in Sachen Technik nicht ganz unerfahrener Anwohner vor das Göttinger Verwaltungsgericht und klagte wegen eines damals kaum 1,5 Meter hohen, gerade eben frisch gepflanzten Amberbaums. Welcher zu der Zeit allein auf Grund seiner kleinen Größe aus Sicht der Netzbetreiber zwar absolut vernachlässigbar war, normalerweise jedoch recht schnell zu schwindelerregenden Höhen heranwachsen kann. Weswegen der Streit stiftende Baum auch schon nach fünfzehn bis maximal zwanzig Jahren mit den damals geltenden Sicherheitsabständen der benachbarten Funkantennen in Konflikt geraten musste.

      So jedenfalls die Befürchtung des Anwohners, daher sein Widerspruch und die nachfolgende Klage. Aus Sicht der Betreiber war das natürlich überhaupt kein Grund, die bestehenden Funkanlagen nicht doch wie geplant erweitern zu lassen. Selbstverständlich mit dem ausdrücklichen Segen der Bundesnetzagentur!

      Da sein Widerspruch gegen die Erweiterung des Funkstandortes also abgewiesen worden war, klagte der betroffene Anwohner in aller Form gegen die Behörde, bekam das Gericht aber nie zu sehen, sondern lernte stattdessen eine ihm bis dahin vollkommen unbekannte Seite unseres Rechtsstaates kennen. In der solche Angelegenheiten von allgemeinem Interesse ganz ohne Kläger verhandelt werden, Richter die Rechtslage nicht kennen, Grenzwerte nicht eingehalten werden und Sicherheitsangaben nicht stimmen müssen. Wie er als kleiner „Bauer“ in diesem falschen „Spiel“ am Ende aber dennoch zu seinem Recht kam – trotz eines verlorenen Prozesses – und was dies für andere Mobilfunk-Anwohner in Deutschland bedeutet, davon handelt dieses Buch.

      Zwielicht, TEIL 1: Antworten en gros

       Dürfen private und andere Bäume von Rechts wegen eigentlich „einfach so“ in den Sicherheitsbereich einer oder mehrerer gut bestückter Mobilfunkanlagen hineinreichen?

      Diese Frage sollte sich jeder mittelbare oder unmittelbare Anwohner stellen, der entweder kleine „Klettermaxe“ oder große Gärtner in seiner Familie hat – oder sogar selbst gern eines von beidem wäre.

      Der „Sicherheitsbereich“ eines stationären Funkstandortes ist bestimmt durch die zum Beispiel im Internet unter www.Bundesnetzagentur.de in einer digitalen Deutschlandkarte einsehbaren Sicherheitsabstände (Suchbegriff: EMF-Karte [EMF=Elektro-Magnetische Feldstärken]). Davon gibt es immer zwei: einen in vertikaler und einen „in Hauptstrahlrichtung“, was beim Mobilfunk nichts anderes heißt als: in horizontaler Richtung. Der aus diesen beiden Abstandsmaßen gebildete Sicherheitsbereich rund um die Funkanlagen sollte, so will es die Politik, für die Allgemeinheit unzugänglich sein. Dieser sogenannte Sicherheitsbereich ist also nicht wirklich sicher, sondern der eigentliche, in der Regel hoch in der Luft angesiedelte Gefahrenbereich eines Mobilfunk-Standortes.

      Es ist leider eine der häufigsten Unarten in Deutschland, Funkantennen einfach so auf vorhandene (Wohn-)Häuser zu pflanzen, ganz besonders dann, wenn es sich um Häuser von verhältnismäßig geringer Höhe wie bei dem hier diskutierten Göttinger Schlichtwohnheim Kesperhof 16 handelt. Der Grund für diese Unart war und ist meist wirtschaftlicher Natur, denn derartige „Hausinstallationen“ benötigten zumindest in der Vergangenheit außer der von der zuständigen Netzagentur ohne größeres Hin und Her erteilten, sogenannten Standortbescheinigung keine weiteren behördlichen Genehmigungen – ganz im Gegensatz zu freistehenden Funkmasten, für die in jedem Einzelfall eine formelle Baugenehmigung beantragt werden muss.

      Erst seit dem Jahr 2013 ist die Standortwahl auch bei „rein privaten“ Hausantennen in die Mitverantwortung der jeweiligen Kommune übergegangen. Es bleibt zu hoffen, dass es dadurch auf lange Sicht zu einer nachhaltigen Besserung für die Anwohner kommt, was die Ortswahl und technische Ausführung neuer Funkanlagen betrifft.

      Doch nun zurück zu der eingangs gestellten Frage nach privaten Bäumen im unmittelbaren Funkfeuer: Sie beschäftigte mich von dem Moment an, an dem der von uns selbst gepflanzte Amberbaum anfing, in unserem Garten hinterm Haus neue Wurzeln auszubilden, und wir – meine Frau und ich – nahezu zeitgleich darüber informiert wurden, dass der benachbarte Funkstandort zum wiederholten Mal um einige Antennen erweitert werden sollte.

      Aus den Zahlenangaben der Standortbescheinigung, die uns die zuständige Bundesnetzagentur als unmittelbar betroffenen Anwohnern freundlicherweise auf Anfrage zugesandt hatte, hätten wir eigentlich die (für uns) sichere Höhe über unserem Grundstück nach folgender Formel berechnen können müssen:

      „Montagehöhe der Bezugsantenne über Grund“ (13,91 Meter) minus „vertikaler Sicherheitsabstand“ (2,32 Meter) gleich 11,59 Meter.

      Nach den auch im Internet angezeigten Angaben der Standortbescheinigung sollte unser Gartenbaum also 11,59 Meter hoch werden können, bevor die Gefahr bestand, dass seine Spitze in den bereits erwähnten „Sicherheitsbereich“ hineinragen würde, in dem Überschreitungen der für die Allgemeinheit geltenden gesetzlichen Grenzwerte von Amts wegen nicht mehr sicher ausgeschlossen werden konnten. Eine der drei Zahlenangaben in dieser auch von der Behörde verwendeten Formel war aber nachweislich falsch und der Abstand zwischen dem Sicherheitsbereich und unserem Gartenboden daher in Wahrheit geringer als nach den amtlichen Angaben anzunehmen. Doch das erfuhren wir – obwohl unmittelbar

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