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Dieser Plan entfaltet lediglich interne Wirkung, aber keine eine rechtsverbindliche Wirkung beispielsweise gegenüber Privaten. Auch inhaltlich bringt er nichts wirklich Neues, sondern kondensiert bereits beschlossene nationale Strategien, Ziele und Maßnahmen, wie das Energiekonzept 2010, den Klimaschutzplan 2050 (KSP) und den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE). Eine erste Analyse aller Entwürfe der INEK-Pläne zeigt ebenfalls fehlende Ambitionen in der Planung. Das Ecologic Institut hat zusammen mit Climact im Auftrag der Europäischen Climate Foundation alle vorliegenden Entwürfe auf ihre Ambitioniertheit, ihren Detailgrad in der Beschreibung der Maßnahmen und die Qualität und Inklusion des Entstehungsprozesses untersucht.[110] Das Ergebnis ist ernüchternd. Die besten mitgliedstaatlichen Entwürfe erreichen nicht über 52 von 100 erreichbaren Punkten, der schlechteste 3 %. Deutschland liegt mit 12 % zusammen mit der Slowakei auf dem zweitletzten Platz. Ein, wenn auch letztlich meistens zahnloses, Nachsteuern durch die Kommission ist daher zu erwarten.[111]

2. Klimaschutzverordnung

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      Die Hauptinstrumente der europäischen Klimaschutzpolitik lassen sich zunächst in folgende drei Säulen aufteilen:

- Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien mit den Steuerungsmechanismen der VO 2018/1999/EG
- Erhöhung der Energieeffizienz mit den Steuerungsmechanismen der VO 2018/1999/EG
- Senkung der TEHG-Emissionen durch das EUETS auf Basis der RL 2003/87/EG

      Mit der Klimaschutzverordnung 2018/842/EU wird nunmehr eine vierte Säule eingeführt. Diese betrifft nach Art. 2 Abs. 1 Halbs. 2 VO 2018/842/EU alle THG-Emissionen, die noch nicht vom EU-ETS erfasst sind. Konkret geht es dabei vor allem um die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und kleine Industrie-Anlagen. Damit dürfte jetzt der größte Teil der CO2-Emissionen der EU regulatorisch abgedeckt sein, denn die Sektoren Verkehr, Gebäude, Landwirtschaft und kleine Industrie-Anlagen waren bisher überhaupt nicht im Fokus der EU Klimaschutzpolitik.

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      Auch diese Verordnung dient der Umsetzung des Pariser Abkommens und verpflichtet die Mitgliedstaaten nach Art. 1 Satz 1 VO 2018/842/EU insgesamt zu einer Reduzierung ihrer Treibhausgasemissionen[112] um 30 % gegenüber dem Stand von 2005 in den IPCC-Quellenkategorien Energie, Industrieprozesse und Produktverwendung, Landwirtschaft und Abfall, zu denen auch die Bereiche Verkehr und Gebäude gehören.[113] Dabei wird jedoch dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der verschiedenen Staaten Rechnung getragen und z.B. ermöglicht, dass Staaten wie Rumänien nur 2 % und Bulgarien überhaupt gar keine Reduktionsverpflichtungen haben und ihnen so die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Entwicklung zugestanden wird. Andersherum werden die hoch entwickelten und damit auch bisher am meisten zum Klimawandel beitragenden Industriestaaten deutlich stärker herangezogen. So muss z.B. Deutschland seine unter die VO 2018/842/EU fallenden CO2-Emissionen um 38 % senken.[114] Diese Prozentzahlen operationalisiert die Kommission nach Art. 4 Abs. 3 VO 2018/842/EU im Rahmen von Durchführungsrechtsakten in der Weise, dass sie in t CO2-Äquivalent ausgedrückte jährliche Emissionszuweisungen für die Mitgliedstaaten für die Jahre des Zeitraums 2021 bis 2030 vornimmt.

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      Zwar werden auf diese Weise feste Mengen vorgeschrieben. Allerdings gibt es Mechanismen, welche den Mitgliedstaaten gewisse Flexibilität zugestehen. So kann ein Mitgliedstaat nach Art. 5 Abs. 1 VO 2018/842/EU z.B. für die Jahre 2021 bis 2025 eine Menge von bis zu 10 % seiner jährlichen Emissionszuweisung für das folgende Jahr vorwegnehmen und damit z.B. gewisse Übergangszeiträume bei der Decarbonisierung in Anspruch nehmen. Für die Jahre 2026 bis 2029 ist das immerhin noch mit bis zu 5 % möglich. Außerdem können Mitgliedstaaten, die freiwillig Emissionshandelszertifikate in ihren nationalen Zuteilungsplänen gelöscht haben – und deren Industrie damit freiwillig auf CO2-Emissionen verzichtete – nach Art. 6 VO 2018/842/EU bis zu höchstens 100 Mio. dieser Zertifikate auf ihre Reduktionsverpflichtungen nach dieser Verordnung anrechnen lassen. Dies betrifft z.B. Länder wie Belgien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Österreich oder Schweden[115] und im Zuge des Kohleausstiegs auch Deutschland[116]. Eine weitere Flexibilität besteht nach Art. 7 VO 2018/842/EU in der Möglichkeit der Anrechnung von CO2-Senken, also insbesondere durch Aufforstung von Wäldern, die CO2 binden. Allerdings darf man sich nur einen Gesamtnettoabbau anrechnen lassen, muss sich also z.B. gerodete Flächen gegenrechnen lassen.[117] Außerdem gibt es eine Deckelung von 280 Mio. t CO2-Äquivalent für alle EU-Staaten zusammen. So darf sich z.B. Deutschland auf diesem Weg 22,3 Mio. CO2-Äquivalent anrechnen lassen.[118] Schließlich können sich die Mitgliedstaaten noch Projektgutschriften, die gemäß Art. 24a Abs. 1 der Richtlinie 2003/87/EG für Klimaschutzprojekte außerhalb vergeben wurden, nach Art. 5 Abs. 8 VO 2018/842/EU unbegrenzt zwecks Einhaltung der Vorgaben gemäß Art. 9 dieser Verordnung nutzen, sofern keine Doppelzählungen erfolgen.

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      Im Gegensatz zum System der Governance-Verordnung, welches letztlich auf Freiwilligkeit und politischer Einsicht/Einigung beruht, sind die Emissionsreduktionsverpflichtungen der VO 2018/842/EU verbindlich[119] und damit auch rechtlich durchsetzbar, was einen echten Quantensprung in der EU Klimaschutzpolitik darstellt und bisher noch lange nicht überall hin durchgedrungen zu sein scheint. Dies bedeutet, dass es Sanktionen gibt, wenn die Emissionszuweisungen überschritten werden.

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      Diese Sanktionen finden sich in Art. 9 VO 2018/842/EU. Überschreiten danach die geprüften Treibhausgasemissionen eines Mitgliedstaats seine jährliche Emissionszuweisung, wird nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a VO 2018/842/EU dem Treibhausgasemissionswert des betreffenden Mitgliedstaats für das folgende Jahr eine Emissionsmenge in Höhe der Menge der überschüssigen Treibhausgasemissionen in Tonnen CO2-Äquivalent, multipliziert mit dem Faktor 1,08 zugeschlagen. Die zusätzlichen Emissionen muss der Mitgliedstaat also seinem Emissionsinventar hinzurechnen. Außerdem wird ihm nach Art. 9 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b VO 2018/842/EU vorübergehend untersagt, einen Teil seiner jährlichen Emissionszuweisung an einen anderen Mitgliedstaat zu übertragen. So soll sichergestellt werden, dass er zunächst einmal selbst seine Ziele einhält. Im Endeffekt ist der sein Emissionsbudget überschreitende Mitgliedstaat damit gezwungen, Emissionsberechtigungen von anderen Mitgliedstaaten zuzukaufen.

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      Eine solche Übertragung von Emissionszuweisungen lässt die VO 2018/842/EU nicht nur ausdrücklich zu. Sie fordert es sogar, weil anders der Grundsatz, dass ein Mitgliedstaat nur so viele CO2-Emissionen verursachen darf, wie er Emissionszuweisungen hat, nicht einzuhalten ist.

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      So kann ein Mitgliedstaat nach Art. 5 Abs. 4 VO 2018/842/EU zunächst pauschal ohne weitere Voraussetzungen für die Jahre 2021 bis 2025 bis zu 5 % und für die

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