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      Im Rahmen der Strafvollstreckung gewinnt § 454 Abs. 2 StPO zusätzliche Bedeutung, der unter bestimmten Voraussetzungen die Einholung eines Sachverständigengutachtens zwingend vorschreibt. Ein entsprechender Antrag sollte frühest möglich gestellt werden (vgl. Rn. 536), damit die Begutachtung noch vor einer möglichen Ausweisungsentscheidung vorgelegt werden kann.

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Strafgericht einschließlich Gutachter haben eine Drogenabhängigkeit, einen kriminellen Hang, eine Neigung zum Glücksspiel oder eine niedrige Hemmschwelle vor einschlägigen Straftaten festgestellt;
Frühere Bewährungsstrafen, Widerruf der Strafaussetzung, des Straferlasses oder der Aussetzung des Strafrestes, grobe und beharrliche Verstöße gegen Bewährungsauflagen, Scheitern von Resozialisierungsmaßnahmen, Widerruf von Strafvollzugslockerungen, Jugendverfehlung (Alter zur Tatzeit);
Finanzielle Schwierigkeiten, Alkohol- bzw. Drogenabhängigkeit;
Nichtbeachtung einer ausländerbehördlichen Verwarnung unter Androhung der Ausweisung;

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      Ist über eine Ausweisung gemäß § 54 Abs. 2 Nr. 3 AufenthG zu entscheiden, sind bei der Abwägung zusätzlich folgende Gesichtspunkte zu beachten:

Von maßgeblicher Bedeutung ist die Gefährlichkeit des Betäubungsmittels. Beim Handel mit Heroin, Kokain und anderen vergleichbaren gefährlichen Betäubungsmitteln in „nicht geringen Mengen“ kann von einer Ausweisung nur in besonderen Ausnahmefällen abgesehen werden (vgl. 54.3.2.1 Anwendungshinweise zum AufenthG).
Die Ausweisung kann aufgrund des Handeltreibens mit diesen Stoffen in nicht geringen Mengen schon bei einer einmaligen Bestrafung erfolgen, insbesondere in Fällen, in denen angesichts der vom Täter gezeigten erheblichen kriminellen Energie eine Wiederholungsgefahr besteht. Dies gilt auch bei Vorliegen besonderer schutzwürdiger persönlicher Belange wie der ehelichen Lebensgemeinschaft mit einem deutschen Staatsangehörigen und dem familiären Zusammenleben mit einem gemeinsamen minderjährigen Kind (vgl. 54.3.2.2 Anwendungshinweise zum AufenthG).
Beim Handeltreiben mit sog. weichen Drogen ist vor allem die Handelsmenge von Bedeutung, da durch den Gebrauch dieser Betäubungsmittel in nicht ganz so folgenschwerer Weise in die körperliche Unversehrtheit eingegriffen wird wie bei den sog. harten Drogen. Handel mit einer „nicht geringen“ Menge sog. weicher Drogen wird, soweit keine Einstellung durch die Staatsanwaltschaft erfolgt, regelmäßig zur Ausweisung führen (vgl. 54.3.2.3 Anwendungshinweise zum AufenthG).
Die Höhe des Strafmaßes ist ein Indiz für die Gefährlichkeit des Täters (vgl. 54.3.2.5 Anwendungshinweise zum AufenthG).

      Hinweis

      Der Verteidiger sollte stets darum bemüht sein, möglichst viele der vorgenannten – positiven – Strafzumessungserwägungen im Urteil „festschreiben“ zu lassen; dies gilt insbesondere dann, wenn eine Strafaussetzung aufgrund der zu erwartenden Strafhöhe nicht in Betracht kommt. Insoweit können Beweisanträge – z.B. hinsichtlich des Vorliegens eines minderschweren Falles – behilflich sein. Ergeht das Urteil auf Basis einer Verständigung, sollte der Verteidiger auf eine entsprechend positive Urteilsbegründung hinwirken (vgl. Rn. 84).

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      Wie bereits ausgeführt, kann eine Ausweisung grundsätzlich auch dann erfolgen, wenn sie darauf gerichtet ist, andere Ausländer von der Begehung ähnlicher Straftaten oder sonstiger ordnungsrechtlicher Verstöße abzuhalten. Die Ausweisung aufgrund generalpräventiver Erwägungen ist besonders misslich, da sie unabhängig vom persönlichen Verhalten des Ausländers verfügt werden kann. Daher ist stets zu prüfen, ob die Möglichkeit der generalpräventiv motivierten Ausweisung ausnahmsweise ausgeschlossen ist.

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      Hinweis

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      Kann die Ausweisung auf generalpräventive Erwägungen gestützt werden, gilt es folgende Besonderheiten zu beachten:

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