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Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht. Anne Hahn
Читать онлайн.Название Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht
Год выпуска 0
isbn 9783811447066
Автор произведения Anne Hahn
Серия C.F. Müller Wirtschaftsrecht
Издательство Bookwire
II. Überblick über das System der Rundfunkregulierung
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Diese medienwirtschaftliche Entwicklung hin zur gattungsübergreifenden Verbreitung von Inhalten nimmt keine Rücksicht auf hergebrachte rechtliche Einordnungen und zwingt die Medienregulierung zum Handeln.[17] Es fällt hierbei schwer, die Fülle der sich stellenden Probleme konkret zu fassen. Angesichts dessen ist es eine außergewöhnliche Herausforderung, die tatsächlichen Entwicklungen einer konsistenten Regulierung zuzuführen. Besondere Schwierigkeiten bereitet derzeit die fehlende Regulierungsgerechtigkeit im Hinblick auf Rundfunk und Telemedien. Angesichts erheblich divergierender Regulierungsanforderungen wird insoweit zu hinterfragen sein, ob die bestehende Sonderdogmatik weiterhin auf die Aktualität, Suggestivkraft und Breitenwirkung des Rundfunks[18] gestützt werden kann oder ob nicht verschiedenen telemedialen Angeboten bereits eine vergleichbare Meinungsbildungsrelevanz[19] zukommt.[20] In Anbetracht der konvergierten medialen Angebotsstruktur muss daher die Abkehr von einer gattungsspezifischen hin zu einer inhaltebezogenen Regulierung vollzogen werden.[21] Diese muss indessen nicht nur der Janusköpfigkeit der Medien als Kultur- und Wirtschaftsgut auf der einen und dem Bedürfnis der Medienunternehmer nach Planungssicherheit auf der anderen Seite gerecht werden. Sie muss zudem teilweise gegenläufige rechtliche Anforderungen insbesondere aus dem deutschen Recht auf der einen und dem europäischen Recht auf der anderen Seite berücksichtigen.[22]
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Um die komplexen Zusammenhänge der Rundfunkregulierung zu verstehen, ist es sinnvoll, einen Überblick über das aktuelle Regulierungssystem zu haben. Ein Anbieter von Rundfunkinhalten muss allein nach deutschem Recht eine Reihe von Regulierungshürden überwinden, um sein „Produkt“ dem Rezipienten auf einem der zahlreichen geeigneten Empfangsgeräte (Fernseher, Radio, Tablet, Smartphone, Desk- oder Laptop etc.) anbieten zu können.[23] Da die inhaltliche Seite des Rundfunks im föderalen System des Grundgesetzes der Kulturhoheit der Länder unterfällt und die Frage des technischen Zugangs zur Infrastruktur als Recht der Wirtschaft in den Hoheitsbereich des Bundes fällt,[24] ist die Verbreitung von Rundfunkinhalten in Deutschland nicht nur intensiv, sondern in vielen Fällen auch doppelt reguliert.[25] Die komplexe Umsetzung des nationalen Medienrechts in die Regulierungsvorgaben und -körper soll nachfolgende Übersicht veranschaulichen.[26]
1. Regulierung der Inhalte
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Bereits das Anbieten von Inhalten durch einen (privaten) Rundfunkveranstalter[27] ist im Unterschied zur Verbreitung von Presseerzeugnissen und Telemedienangeboten erlaubnispflichtig. Wer privaten Rundfunk veranstalten möchte, bedarf grundsätzlich[28] einer Lizenz der zuständigen Landesmedienanstalt[29] auf Grundlage von § 20 RStV in Verbindung mit dem jeweiligen Landesmediengesetz und ist so einer ex ante Kontrolle unterworfen.[30] Eine Beanstandungskontrolle ex post findet insbesondere in den Bereichen Werbung[31] und Jugendschutz[32] ebenfalls nach dem RStV sowie dem Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV)[33] statt.
2. Regulierung von Verbreitungsentgelten
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Für die Verbreitung von Medieninhalten werden durch die Eigentümer der Infrastruktur Entgelte erhoben. Die Kontrolle der Angemessenheit der Entgelthöhe ist teilweise doppelt reguliert. Sie erfolgt zum einen durch die Bundesnetzagentur und zum anderen durch den Beauftragten für Plattformregulierung und Digitalen Zugang, welcher bei der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) den Zuständigkeitsbereich der ehemaligen Gemeinsamen Stelle Digitaler Zugang (GSDZ) verantwortet, auf Grundlage von §§ 30 ff. TKG bzw. § 52d RStV. An dieser Stelle[34] soll nur kurz auf zwei Revisionsverfahren eingegangen werden, in denen sich der BGH im Juni 2015[35] und im April 2016[36] mit der Frage zu befassen hatte, ob öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten an Kabelnetzbetreiber für die Einspeisung ihrer Fernseh- und Radioprogramme in das Kabelnetz ein Entgelt zu zahlen haben.[37] Der BGH hat hierzu entschieden, dass sich den Regelungen des Rundfunkrechts und auch Art. 14 GG bzw. Art. 12 GG weder eine Kontrahierungs- noch eine Zahlungspflicht entnehmen lasse.
3. Regulierung der Infrastruktur
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Stellt sich ein Medienunternehmer die Frage, auf welchem Verbreitungsweg sein Inhalt übertragen werden soll, so findet er unterschiedliche Regulierungsanforderungen vor.[38] Die Verbreitung von Inhalten über das Internet ist derzeit nicht reguliert.[39] Die Verbreitung von Inhalten über das (herkömmliche) Breitbandkabel in den Netzebenen 3 und 4[40] richtet sich nach Art. 31 Universaldienstrichtlinie und ist im deutschen Recht sowohl in §§ 50 ff. RStV als auch im TKG und darüber hinaus urheberrechtlich reguliert.[41] Die Verbreitung über Satellit ist rundfunkrechtlich demgegenüber so gut wie nicht reguliert, weil die führenden Satellitenbetreiber nicht im Inland ansässig sind. Die meisten deutschen Rundfunkprogramme werden über die luxemburgischen ASTRA-Satelliten und die französischen EUTELSAT-Satelliten ausgestrahlt. Die Verbreitung auf diesem Wege erfolgt auf Grundlage zivilrechtlicher Vereinbarungen.[42] Die Übertragung über terrestrische Sendenetze ist wiederum doppelt reguliert. Hier erfolgt eine Vergabe der Frequenzen nach § 61 TKG, während sich die Vergabe der Übertragungskapazität nach §§ 50 ff. RStV richtet.
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Es stellt sich vor dem Hintergrund der fortschreitenden technischen Entwicklungen und insbesondere der Konvergenz die Frage, ob das Konzept der Infrastruktur-Regulierung in seiner jetzigen Form noch zeitgemäß und sinnvoll ist. Der ursprüngliche Hintergrund der Regulierung war in erster Linie die Begrenztheit der zur Verfügung stehenden Frequenzen. Diese Verknappung ist jedoch faktisch heute weder im Rundfunk noch (bzw. erst recht nicht) im Internet vorhanden.[43]
4. Regulierung der Empfangstechnik
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Die nächste Regulierungsstufe betrifft die Empfangstechnik. Unter dem Stichwort Conditional Access werden Zugangsberechtigungssysteme für Pay-TV-Angebote erfasst, die sowohl hinsichtlich der Infrastruktur in § 50 TKG als auch bzgl. der Inhalteseite gem. § 52c RStV geregelt sind. Sog. API (Application Programming Interface)-Schnittstellen haben eine Vermittlungsfunktion zwischen Inhalt und Betriebssoftware der Empfangsgeräte und damit eine Schlüsselrolle für den Zugang zu Medieninhalten. Aus diesem Grund finden sich hier neben den Regelungen von technischen Zugangsfragen in § 48 TKG auch rundfunkrechtliche Bestimmungen in § 52c RStV. Eine wichtige Rolle für den Zugang zum Rezipienten spielen zudem sog. Electronic Program Guides (EPG), also elektronische Programmführer. In Zeiten zunehmender Kapazitäten im Bereich der Frequenzen bei gleichbleibender Aufnahmekapazität des Rezipienten ist es wichtig, einen Platz bei der Programmbelegung einzunehmen, der einen schnellen Programmzugriff erlaubt. Diese Belegung entscheidet über die Wahrnehmung des Programms in der Öffentlichkeit und damit über dessen Akzeptanz in der Werbewirtschaft. Daher ist ein Streit über die Art und Weise einer diskriminierungsfreien Programmzuweisung entbrannt, der auf Grundlage von § 52c Abs. 1 S. 2 Nr. 3 RStV von dem Beauftragten für Plattformregulierung und Digitalen Zugang unter inhaltlicher und verfahrensmäßiger Konkretisierung durch § 15 der Satzung über die Zugangsfreiheit zu digitalen Diensten gem. § 53 RStV überwacht wird.[44]
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Die durch die Konvergenz der verschiedenen Kommunikationsdienste und Netztechnologien bestehende Möglichkeit, Dienste auf unterschiedlichsten Wegen zu erbringen, führt zu der Forderung nach einer Gleichbehandlung dieser Dienste, ohne Ansehung der Übertragungstechnologie (Technologieneutralität der Regulierung).[45] Am greifbarsten wird dies wiederum am Beispiel des OTT-Dienstes Zattoo. Hier