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Kommunalrecht Bayern. Tobias Weber
Читать онлайн.Название Kommunalrecht Bayern
Год выпуска 0
isbn 9783811491687
Автор произведения Tobias Weber
Серия JURIQ Erfolgstraining
Издательство Bookwire
3. Zwischenergebnis
Der Sofortvollzug der Verfügung wurde formell ordnungsgemäß angeordnet.
IV. Interessenabwägung zwischen Aussetzungsinteresse und Vollzugsinteresse
Das zur Entscheidung berufene Gericht trifft hierbei eine originäre Ermessensentscheidung aufgrund einer summarischen Überprüfung von Sach- und Rechtslage, unter besonderer Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Daher ist im Folgenden maßgeblich auf eine von C noch zu erhebende Anfechtungsklage abzustellen.
1. Zulässigkeit einer Anfechtungsklage
Eine solche kann von C zulässig, insbesondere fristgerecht erhoben werden. Als Adressat einer ihn belastenden Verfügung ist C insbesondere klagebefugt.
2. Begründetheit einer Anfechtungsklage
Diese wäre nur dann begründet, wenn der von Bürgermeister A verfügte Maulkorb- und Leinenzwang rechtswidrig ist und C dadurch in seinen Rechten verletzt wird, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
3. Formelle Rechtmäßigkeit der Verfügung
a) Sachliche Zuständigkeit
Die Gemeinde B ist gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG zum Erlass einer Anordnung zur Haltung von Hunden verbandskompetent. Auch eine Organzuständigkeit des ersten Bürgermeisters lässt sich bejahen. Der Erlass der streitgegenständlichen Verfügung war eine laufende Angelegenheit im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Nr. 1 GO, denn weder hatte diese für die Gemeinde grundsätzliche Bedeutung, noch brachte dies erhebliche Verpflichtungen mit sich. Es handelt sich um eine alltägliche Regelung, die nur einen Hundebesitzer im Gemeindegebiet betraf. Überdies ergibt sich eine Organzuständigkeit des A auch aus Art. 37 Abs. 3 S. 1 GO wegen besonderer Dringlichkeit der Angelegenheit an einem Sonntag.
b) Anhörung, Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG
Eine Anhörung war gemäß Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1 BayVwVfG nicht erforderlich, da wegen der latenten Gefahr, die vom Hund ausgeht, eine sofortige Entscheidung ohne weiteres Zuwarten im überwiegenden Interesse der öffentlichen Sicherheit geboten war.
c) Form
Der Verwaltungsakt konnte zunächst von A mündlich erlassen werden, Art. 37 Abs. 2 BayVwVfG. Er wurde überdies am 24.6.2019 in schriftlicher Form nochmals bestätigt.
4. Materielle Rechtmäßigkeit der Anordnung
a) Rechtsgrundlage für die Anordnung ist Art. 18 Abs. 2 LStVG. Danach können Gemeinden zum Schutz von Leib und Leben, Gesundheit, Eigentum oder der öffentlichen Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. Anders als Art. 18 Abs. 1 LStVG erfasst die Befugnisnorm das „Wie“ der Hundehaltung hinsichtlich aller Hunde ohne räumliche und sachliche Beschränkung.[14] Gefordert wird für Art. 18 Abs. 2 LStVG das Vorliegen einer konkreten Gefahr, die gegeben ist, wenn es bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens im Einzelfall mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung kommt. Hierbei sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen, je hochrangiger die gefährdeten Rechtsgüter zu bewerten sind. So liegt der Fall hier. Nachdem es um den Schutz von Leib und Leben geht, ist der zu erwartende Schaden sehr hoch. Die geringeren Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit sind auch ohne bisherigen Zwischenfall gegeben, denn von dem Kampfhund geht rassespezifisch, genetisch bedingt eine ständige Gefahr aus.
b) Außerdem ist trotz des Gutachtens über die Gutmütigkeit bei einem Kampfhund i.S.d. Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass, wenn sich der Hund frei bewegt, er bei Unbeteiligten Angstzustände hervorrufen kann, was wiederum als Gesundheitsbeeinträchtigung zu qualifizieren ist. Insoweit entspricht es auch allgemeiner Erfahrung, dass allein aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes, das zu einer Abschreckung oder Einschüchterung von Passanten führen kann, eine konkrete Gefahr angenommen werden kann.
c) Nach alledem kann somit eine konkrete Gefahr für die Gesundheit Dritter bejaht werden.
d) Ermessensfehler sind nicht erkennbar.
e) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird durch die Anordnung gewahrt, zumal die Verfügung nur außerhalb des befriedeten Besitztums des C Geltung beansprucht. Die Verfügung ist insbesondere das mildeste Mittel zur Wahrung des Grundsatzes effektiver Gefahrenabwehr, der für die Gemeinde als unterste Sicherheitsbehörde, Art. 6 LStVG, gilt.
5. Ergebnis/Abschließende Interessensabwägung
Da eine Anfechtungsklage des C zwar zulässig erhoben werden könnte, diese in der Sache aber unbegründet wäre, überwiegt das öffentliche Interesse am sofortigen Schutz von Leib und Leben von Menschen das private Interesse des C an unbeschränkter Hundehaltung. Ein Antrag des C im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO wäre zwar zulässig, in der Sache aber unbegründet.
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Anmerkungen
Bauer/Böhle/Ecker Art. 32 Rn. 8; Hölzl/Hien/Huber Art. 32 Anm. II 5.
Knemeyer 5. Kap. Rn. 212; Lissack § 4 Rn. 80.
Lissack § 4 Rn. 81.
Lissack § 4 Rn. 90.
Vgl. Streinz BayVBl. 1983, 710 ff.
Bauer/Böhle/Ecker Art. 32 Rn. 8.
Lissack § 4 Rn. 86.