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II-VO, der die Brüssel IIa-VO nachfolgt, gelten; es erschwert in einem vereinheitlichten Zuständigkeitssystem den Rechtsverkehr erheblich und könnte sogar zu Rechtsverweigerung führen, wenn im Aufenthaltsstaat eine nach Heimatrecht erforderliche Ehetrennung nicht durchgeführt würde. Die Ehegatten auf die Rechtssuche im Heimatstaat zu verweisen, wäre einigermaßen hinderlich für die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit.

      6. Ehetrennungsstatut

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      Festzustellen ist damit das anwendbare Recht. Gemäß Art. 1 Abs. 1 Rom III-VO gilt diese nicht nur für die Anknüpfung der Ehescheidung, sondern ausdrücklich auch für die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes, was insbesondere die gerichtliche Trennung und die gerichtlich bestätigte Trennung umfasst.

      Fraglich könnte allerdings sein, ob die ehevertragliche Rechtswahl des „für die Scheidung unserer Ehe“ vereinbarten italienischen Rechts auch für das Ehetrennungsstatut gilt. Dies ist eine Frage der Auslegung der Rechtswahl; würde man sie dem Wortlaut entsprechend eng auslegen, so hätten die Ehegatten italienisches Recht als Scheidungsstatut gewählt; die damit heraufbeschworene Notwendigkeit einer gerichtlichen Ehetrennung wäre jedoch abhängig von einer anderen Rechtsordnung (hier deutschem Recht nach Art. 8 lit. a Rom III-VO), das eine gerichtliche Ehetrennung nicht ermöglicht. Einen solchen Widerspruch wird man schwerlich den Ehegatten unterstellen können, so dass mit der Wahl des Scheidungsstatuts auch das Ehetrennungsstatut gewählt wurde. Die Formbedürftigkeit der Vereinbarung steht einer Auslegung nach allgemeinen Grundsätzen nicht entgegen.

      7. Ehetrennung im italienischen Recht

      182

      Auch nach materiellem italienischem Recht ist der Antrag auf gerichtliche Trennung aussichtsreich; für die Antragstellerin Frieda ist die jahrelange Untreue von Marcello ein Umstand, der iSd Art. 151 cc (MAT m) die Fortsetzung des Zusammenlebens unzumutbar macht.

      Ergebnis:

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      Ein Ehescheidungsantrag kommt nach dem als Scheidungsstatut wirksam gewählten italienischen Recht nicht in Betracht. Deutsche Gerichte sind jedoch für einen Ehetrennungsantrag nach italienischem Recht international zuständig; der Ehetrennungsantrag ist auch begründet.

      Anmerkungen

       [1]

      EuGH Rs. C-68/07 ECLI:EU:C:2007:740 (Sundelind Lopez/Lopez Lizazo); zum Streitstand: Rauscher/Rauscher (2015) Art. 6 Brüssel IIa-VO Rn 6 f; Hau FamRZ 2000, 1333, 1340 ff.

       [2]

      Zum Streitstand: Staudinger/Spellenberg Internationales Verfahrensrecht in Ehesachen (2015) Art. 3 Brüssel IIa-VO Rn 42 f; Rauscher/Rauscher (2015) Art. 3 Brüssel IIa-VO Rn 45 f.

       [3]

      BGH IPRspr 1996 Nr 65.

       [4]

      Jayme/Hausmann19 Nr 30 Fn 1; zum Anwendungsbereich OLG Hamm FamRZ 2007, 656.

       [5]

      BVerfGE 31, 58.

       [6]

      BGH NJW 1997, 2114.

       [7]

      Erst seit Inkrafttreten des FamFG ergeht die Scheidung durch Scheidungsbeschluss.

       [8]

      Vgl BVerfGE 31, 58, 81.

       [9]

      Praktiziert wurde der „Tondern-Trick“ deshalb, weil geschiedenen Ausländern aus Staaten, die keine Scheidung kannten (zB Italien, Spanien, Andorra) vom Heimatstaat kein Ehefähigkeitszeugnis – hier: Art. 4 Abs. 1 Haager Eheschließungsabkommen, sonst § 1309 BGB – für eine weitere Eheschließung ausgestellt wurde; vor dem Spanierbeschluss wurde diesen Ausländern aber in Deutschland die Befreiung vom Erfordernis des Ehefähigkeitszeugnisses verweigert, weil sie nicht nur aus formellen Gründen kein Zeugnis beibringen konnten, sondern nach dem relevanten Heimatrecht materiell nicht unverheiratet waren. Das dänische IPR knüpft die materiellen Eheschließungsvoraussetzungen – ohne Weiterverweisung – an das Domizil der Eheschließenden an, in der Praxis wird bei Eheschließungen häufig dänisches Recht als lex fori angewendet.

       [10]

      EuGH Rs C-168/08 ECLI:EU:C:2009:974 (Hadadi/Mesko-Hadadi).

       [11]

      Dazu BGH NJW 2007, 220.

       [12]

      Hierzu Rauscher/Rauscher (2015) Art. 6 Brüssel IIa-VO Rn 9 ff; auch die Ansicht, die Art. 7 Brüssel IIa-VO nicht als Ausnahme zu Art. 6 Brüssel IIa-VO, sondern als einen umfassenden ungeschriebenen ausschließlichen Anwendungsbereich der Art. 3 ff Brüssel IIa-VO versteht, kommt zu diesem Ergebnis.

       [13]

      Zum Wandel der Rechtsprechung in dieser Frage BGHZ 47, 324; zum Verbund: OLG Saarbrücken IPRspr 1997 Nr 93.

      Literaturhinweise

      Behandlung der fallrelevanten Themen in:

      Rauscher Internationales Privatrecht (5. Aufl., 2017)

Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO: Rn 2113 ff
Eheaufhebung, Spanierbeschluss: Rn 711
Regelwidriges Scheidungsstatut Art. 17 Abs. 1 aF EGBGB: Rn 849 ff
Regelwidriges Scheidungsstatut Art. 11 Rom I-VO: Rn 834 f
Scheidungs- und Trennungsstatut in der Rom III-VO: Rn 825 ff
Vorabentscheidungsverfahren: Rn 1664 ff

      Weitere Literatur

      1. Anwendungsbereich der Brüssel IIa-VO

      Staudinger/Spellenberg (2015) Art. 1 EheGVO Rn 1 ff.

      Rauscher/Rauscher (2015) Art. 1 Brüssel IIa-VO Rn 1.

      Kemper Internationales Familienrecht – (K)ein Buch mit sieben Siegeln – Grundlagen und Familienverfahrensrecht, FuR 2018, 352.

      2. Eheaufhebung/Spanierbeschluss

      Staudinger/Mankowski (2010) Art. 17 EGBGB Rn 242, Art. 13 EGBGB Rn 435 ff.

      BVerfGE 31, 58 = NJW 1971, 1509.

      3. Regelwidriges Scheidungsstatut

      Staudinger/Mankowski

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