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Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht. Christoph Herrmann
Читать онлайн.Название Klausurenkurs im Europäischen und Internationalen Wirtschaftsrecht
Год выпуска 0
isbn 9783811484481
Автор произведения Christoph Herrmann
Серия Schwerpunkte Klausurenkurs
Издательство Bookwire
Die Verwendung von NZGs hat – auch aufgrund ihres beschränkten Verwendungsbereichs vornehmlich im Jagdwesen – grundsätzlich keinen Einfluss auf die allgemeine Sicherheitslage in B. Die Nicht-Verwendung von NZGs bei der Jagd kann demnach nicht als ein fundamentales Interesse der Gesellschaft betrachtet werden. Folglich kann das NZG-Verwendungsverbot nicht mit dem Schutz der öffentlichen Sicherheit gerechtfertigt werden.
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Hinweis:
Art. 346 AEUV und Art. 347 AEUV normieren im Verhältnis zu Art. 36 AEUV spezielle Rechtfertigungsgründe für zwei politisch besonders sensible Bereiche. Während Art. 346 AEUV die nationalen Sicherheitsinteressen eines Mitgliedstaates betrifft, adressiert Art. 347 AEUV den Notstandsvorbehalt in Kriegsfällen und in sonstigen Fragen der internationalen Sicherheit.
b) Schutz der Gesundheit und des Lebens von Tieren
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Das NZG-Verwendungsverbot könnte aufgrund des Schutzes des Lebens von Tieren gerechtfertigt sein. Hierunter fallen vor allem veterinärpolizeiliche, gesundheitspolizeiliche und sicherheitstechnische Regelungen im Zusammenhang mit Tieren.[31] Darüber hinaus umfasst dieser Rechtfertigungsgrund alle Maßnahmen, die das Wohl von Tieren fördern.[32]
166
Hinweis:
Als objektiv-rechtliches Prinzip ist der Tierschutz auch in der Querschnittsklausel Art. 13 AEUV niedergelegt, nach der sowohl die Union als auch die Mitgliedstaaten das Wohlergehen von Tieren bei der Durchführung ihrer Kompetenzen berücksichtigen müssen. Tierschützende Maßnahmen können daher durchaus beschränkend auf die Ausübung der Warenverkehrsfreiheit wirken, was durch Art. 36 AEUV zum Ausdruck kommt.[33]
Vor dem Hintergrund, dass beim nächtlichen Jagen mit NZGs ein tierschutzgerechtes Töten des Wildes nicht gewährleistet werden kann, fördert das Verwendungsverbot von NZGs zwar nicht unmittelbar das Wohl von Schwarzwild, verhindert allerdings potentielles Leid des Wilds, das etwa infolge von Streifschüssen bei Dunkelheit entstehen kann. Auch schließt das Verwendungsverbot von NZGs eine Intensivierung der Nachtjagd aus, die sich störend auf die Ruhebedürftigkeit bzw. den Lebensrhythmus der Tiere auswirken würde.
Das Verwendungsverbot gemäß § 19 BJagdG fällt damit unter den geschriebenen Rechtfertigungsgrund des Gesundheitsschutzes von Tieren gemäß Art. 36 S. 1 AEUV.
2. Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe i.S.d. Cassis de Dijon-Formel
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Darüber hinaus könnte § 19 BJagdG ungeschriebenen Rechtfertigungsgründen dienen, die der Gerichtshof als zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls im Rahmen seiner Cassis de Dijon-Rechtsprechung entwickelt hat.[34] Hier kommt insbesondere das Ziel des Umweltschutzes in Betracht.
Der Umweltschutz ist aufgrund der Art. 11, 191 AEUV als ein legitimes Ziel im Unionsrecht verankert. Das NZG-Verwendungsverbot verhindert nächtliche Schwarzwildjagden, die zu einer Zunahme nächtlicher Wildwanderungen und damit zu vermehrten Wild- und Flurschäden führen würden. Folglich fällt das NZG-Verwendungsverbot ebenfalls unter den ungeschriebenen Rechtfertigungsgrund des Umweltschutzes.
168
Hinweis:
Weitere Rechtfertigungsgründe i.S.d. Cassis de Dijon-Formel sind der Verbraucherschutz und die Lauterkeit des Handelsverkehrs, der Schutz der Systeme sozialer Sicherheit, die wirksame steuerliche Kontrolle (Kohärenz des Steuersystems) oder kulturelle Zwecke, insbesondere die Medienvielfalt.[35] Für ein zwingendes Erfordernis des Allgemeinwohls kommt es allgemein darauf an, dass ein Belang in der Unionsrechtsordnung rechtlich Anerkennung gefunden hat, z.B. im Rahmen der Unionsgrundrechte o.ä.
3. Verhältnismäßigkeit
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Das NZG-Verwendungsverbot müsste hinsichtlich seiner legitimen Ziele verhältnismäßig sein.
a) Geeignetheit
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Das Verwendungsverbot müsste geeignet sein. Dies ist der Fall, wenn es tatsächlich dem Anliegen gerecht wird, das verfolgte Ziel in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen. Ausreichend ist, dass das zu erreichende Ziel gefördert wird.[36] Ein Verwendungsverbot von NZGs verhindert ausgedehntes nächtliches Jagen und kommt damit sowohl der Ruhebedürftigkeit der Tiere als auch des Ökosystems „Wald“ zugute. Es wird dem Anliegen grundsätzlich gerecht, die Tiergesundheit und auch die Umwelt zu schützen. Es ist damit geeignet.
171
Hinweis:
Mit dem Kohärenzerfordernis hat der Gerichtshof die Prüfungsdichte der Geeignetheit erhöht und wendet dieses Kriterium vor allem in Fällen zur mitgliedstaatlichen Regulierung des Glückspielsektors an (siehe dazu eingehend Fall 6, Rn. 420). Ein Kohärenzverstoß ist insbesondere dann anzunehmen, wenn eine Maßnahme ihr Ziel nicht hinreichend konsequent verfolgt.[37] Der Gerichtshof überprüft dabei, ob bzw. inwiefern die mitgliedstaatliche Maßnahme an Selbstwidersprüchlichkeit leidet oder das angeblich verfolgte Ziel nur „vorgeschoben“ ist; teils hinterfragt er gar die Sinnhaftigkeit der Maßnahme.[38]
b) Erforderlichkeit
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Das Verwendungsverbot des § 19 BJagdG dürfte nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Erforderlich ist eine Maßnahme, wenn die angestrebten Ziele nicht durch andere Maßnahmen hinreichend effektiv gewährleistet werden könnten, die den Handel innerhalb der Union weniger beschränken.[39]
Als weniger eingriffsintensive Maßnahme könnte in Betracht gezogen werden, die Verwendung von NZGs unter einen besonderen Genehmigungsvorbehalt zu stellen. Dies würde allerdings dazu führen, dass das Wild immer noch nachts gejagt werden kann. Eine nächtliche Jagd möchte der boarische Gesetzgeber mit dem NZG-Verwendungsverbot jedoch aufgrund seiner Tier- und Umweltschutzerwägungen zugunsten des Ökosystems „Wald“ (tierschutzgerechter Schuss; keine Zunahme von Flur- und Waldschäden durch zusätzliche Wildwanderungen) verhindern. Daher trägt auch das Vorbringen der Kommission nicht, dass das Ökosystem „Wald“ doch gerade vor einem ausartenden Schwarzwildbestand geschützt werden müsse. Nach Wertung des boarischen Gesetzgebers muss dies vielmehr im Einklang mit den oben genannten Erwägungen geschehen. Folglich wäre ein Genehmigungsvorbehalt nicht gleich effektiv zur Zielerreichung wie das NZG-Verwendungsverbot ist. Das Verwendungsverbot ist somit erforderlich.
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Hinweis:
Eine über die Prüfung der Erforderlichkeit hinausgehende Güterabwägung im Rahmen einer Angemessenheitsprüfung nimmt der Gerichtshof in der Regel nicht vor. Wertende Aspekte lässt der Gerichtshof bereits in die Prüfung der Erforderlichkeit einfließen. Von Bearbeitern werden daher keine Ausführungen zur Angemessenheit erwartet.
c) Zwischenergebnis zur Verhältnismäßigkeit/Rechtfertigung
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Das Verwendungsverbot ist verhältnismäßig und gerechtfertigt.
IV. Zwischenergebnis zur Prüfung des Art. 34 AEUV
175
Das Verwendungsverbot