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das sie gerettet wurde. Resignation begann sich in ihr breitzumachen.

      Ein halbe Stunde, vielleicht eine Stunde, in der sie trübsinnig ihren Gedanken nachhing und zwischenzeitlich immer wieder im Kreis in dem Zimmer herumrannte, um sich ein wenig aufzuwärmen, verging, bis sie von draußen plötzlich sich nähernde Hufschläge hörte. Kurz darauf wurde der Riegel zurückgezogen und die Tür wieder geöffnet.

      "Es ist so weit", sagte Rattengesicht. "Komm schon, Schätzchen, dein großer Auftritt steht bevor. Und zugleich auch dein letzter."

      Umständlich richtete sich Miranya auf und trat auf ihn zu. Als sie sich für seinen Geschmack zu langsam bewegte, packte er sie und stieß sie vor sich her. Sie gingen auf die nach draußen führende Tür zu, doch bevor sie sie erreichten, hielt er Miranya noch einmal zurück.

      "Eines solltest du noch wissen", sagte er. "Nimm es als einen freundschaftlichen Rat. Scruul hat kein Interesse daran, dass dein Magierfreund Maziroc getötet wird, solange er sein Vertrauen genießt und es unter Umständen noch zu seinem Vorteil ausnutzen kann. Solltest du jedoch nicht mitspielen und ihn trotz des Knebels irgendwie warnen, dann wird auch er sterben. Ich habe mehrere Bogenschützen im Gelände postiert. Wenn du also nicht willst, dass Maziroc mit dir zusammen stirbt, dann mach besser keine Dummheiten. Hast du verstanden?"

      Miranya nickte niedergeschlagen. Sie wollte nicht, dass Kenran'Del in die Hand des Dunklen Bundes geriet, aber sie wollte auch nicht, dass Maziroc starb, und natürlich wollte sie auch ihren eigenen Tod nicht. Aber sie war hilflos, es gab nichts mehr, was sie dagegen tun, wie sie die anderen warnen konnte. So alt, erfahren und mächtig in der Magie Maziroc auch war, die Fähigkeit, ihre Gedanken zu lesen, beherrschte er nicht, und sie glaubte auch nicht, dass Kenran'Del dazu in der Lage war.

      Sie verließen das Haus. Etwa drei Dutzend Schritte von ihr entfernt, am Ende des freien Platzes, standen Maziroc und ein ihr fremder Mann. Beide waren von ihren Pferden abgestiegen. Der Fremde war groß und schien sehr kräftig zu sein, obwohl dieser Eindruck auch durch den dicken Mantel erweckt werden konnte, den er trug. Dichtes dunkelblondes Haar umgab sein markant geschnittenes Gesicht. Obwohl er angespannt und ernst blickte, glitzerte in seinen Augen ein leicht spöttischer Ausdruck.

      Es musste sich um Kenran'Del handeln.

      Interessiert betrachtete Miranya ihn. Er war ein sehr gut aussehender Mann, offenbar sogar ein wahrer Hüne, und sie konnte sich vorstellen, dass ihm so manches Frauenherz zuflattern würde, wenn er es nur darauf anlegte. Auch auf sie machte er einen sympathischen Eindruck, aber das war auch alles. Fast war Miranya ein wenig enttäuscht. Sie wusste nicht recht, was sie erwartet hatte. Nach allem, was sie gehört hatte, wahrscheinlich eine Art Überwesen, eine Gestalt mit einem fast gottartigen Charisma, dabei hatte auch Maziroc in seiner Geschichte von seinem ersten Zusammentreffen mit Kenran'Del diesen als äußerlich völlig normalen Menschen mit ziemlich genau diesem Aussehen geschildert.

      "Du bist Kenran'Del?", rief der Rattengesichtige.

      Der blonde Mann nickte. "So ist es."

      "Dann beweise es uns. Der Legende nach besitzt der echte Kenran'Del ein einzigartiges Flammenschwert."

      "Wie du willst." Der Mann drückte Maziroc die Zügel seines Pferdes in die Hand, dann schlug er langsam seinen Mantel zur Seite, griff an seinen Gürtel und zog ein Schwert aus der Scheide. Es sah aus wie jede andere Klinge, wie Miranya feststellte. Als er es jedoch ein paar Sekunden in der Hand gehalten hatte und auf einen Busch am Rande der Lichtung richtete, begann die Klinge plötzlich zu leuchten. Ein greller Blitz löste sich aus der Spitze, zuckte auf den Busch zu und ließ ihn in einer Stichflamme auflodern. Nur Asche und etwas brodelndes Wasser, in das sich der Schnee verwandelt hatte, blieben zurück.

      "In Ordnung", sagte Rattengesicht. "Jetzt steck das Schwert wieder weg! Leg die Hände auf den Kopf und komm langsam zu uns herüber!"

      Widerspruchslos folgte Kenran'Del dem Befehl. Er steckte das Schwert vorsichtig in die Scheide zurück, faltete die Hände über dem Kopf und kam auf die Mühle zu.

      "Nicht erschrecken", hörte Miranya plötzlich eine männliche Stimme leise in ihr rechtes Ohr wispern, aber natürlich tat sie es doch. Sie zuckte zusammen wie unter einem Hieb und blickte sich hastig um, doch niemand stand rechts von ihr.

      Der Rattengesichtige hatte ihr Zusammenzucken bemerkt und warf ihr einen kurzen misstrauischen Blick zu. Gleich darauf aber zuckte er mit den Schultern und beobachtet wieder den sich nähernden Kenran'Del.

      "Hab keine Angst", vernahm Miranya erneut die leise Stimme. "Dir wird nichts passieren, aber lass dir jetzt nichts mehr anmerken, sonst bringst du uns nur beide in unnötige Gefahr."

      Sie warf einen nervösen Blick zur Seite, doch auch weiterhin konnte sie niemanden sehen. Nicht nur das, sie spürte auch geistig nichts. Jedes intelligente Wesen, selbst die meisten ihr bekannten größeren Tiere, strahlten eine mentale Aura aus, eine Art geistiges Rauschen, das ein Magier und eine Hexe auffingen, auch wenn sie es meist nur unterbewusst wahrnahmen. Miranya bezweifelte, dass so etwas überhaupt möglich war, doch selbst wenn sie es mit einem so mächtigen Magier zu tun hätte, dass dieser sich unsichtbar machen könnte, müsste sie seine Gegenwart zumindest mental spüren. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, sie empfing absolut nichts.

      Obwohl es unmöglich war, weil sich neben ihr absolut niemand befinden konnte, spürte sie jedoch im nächsten Moment die Berührung einer kalten Messerklinge an ihren Handgelenken. Ihre Fesseln wurden bis auf einige dünne Faserstränge durchgeschnitten.

      "Den Rest kannst du selbst zerreißen", raunte ihr die Stimme zu. "Warte, bis ich es dir sage, dann befreie dich und lauf zu Maziroc hinüber. Keine Sorge wegen der Heckenschützen, um die kümmere ich mich."

      Unter anderen Umständen hätte die Gegenwart eines Mannes, den sie weder sehen noch mental spüren konnte, sie sicherlich geängstigt. Jetzt aber hatte sie nichts mehr zu verlieren, und offensichtlich versuchte der Fremde ihr wirklich zu helfen. Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung für sie.

      Kenran'Del hatte mittlerweile mehr als die Hälfte der Strecke bis zur Mühle zurückgelegt. Er schien wirklich bereit zu sein, sich ohne jede Gegenwehr zu ergeben und den Caer-Sharuun auszuliefern, allerdings stand für Miranya außer Frage, dass er etwas von dem Befreiungsversuch wusste und vermutlich auch etwas mit ihrem unsichtbaren Helfer zu tun hatte.

      In diesem Moment zuckte der Rattengesichtige plötzlich zusammen. Miranya sah, dass er ein Stück neben ihr zu Boden starrte, und als sie seinem Blick folgte, sah auch sie, was er entdeckt hatte. Ihr unsichtbarer Helfer mochte aufgrund einer ihr unbekannten Magie unsichtbar und mental stumm sein, aber in dem gut knöchelhohen Schnee hinterließ er Fußabdrücke wie jeder andere Mensch auch.

      Der Rattengesichtige hielt sich nicht erst lange mit Überlegungen auf, woher die Abdrücke stammten, obwohl er niemanden sehen konnte. Er stieß einen warnenden Ruf aus, während seine Hand zum Gürtel glitt. Blitzschnell zog er sein Schwert und ließ die Klinge in Leibeshöhe dort durch die Luft wirbeln, wo am Boden gerade ein weiterer Abdruck unter der Last eines unsichtbaren Fußes im Schnee entstand. Ein Schmerzensschrei ertönte aus dem Nichts.

      Nur wenige Sekunden später wurde die alte Mühle von einer Explosion erschüttert. An gleich drei verschiedenen Stellen loderten Stichflammen empor, die in dem trockenen Holz sofort frische Nahrung fanden und sich in rasendem Tempo weiterfraßen. Die Männer, die sich noch in dem Gebäude aufhielten, kamen in Panik ins Freie gestürzt; sogar der Heckenschütze, der im Obergeschoss gelauert hatte, sprang voller Furcht direkt aus dem Fenster, da die Flammen ihm jeden anderen Fluchtweg abschnitten. Sekundenlang herrschte völliges Chaos.

      Miranya sah, dass Kenran'Del mittlerweile wieder umkehrte und zu Maziroc zurückhastete. Sie zerriss die Reste ihrer Fesseln, tauchte unter dem Schwert des Rattengesichtigen hindurch und versetzte ihm einen Stoß, der ihn zurücktaumeln ließ. Gleich darauf wollte sie ebenfalls zu Maziroc hinüberrennen, doch die Hand ihres unsichtbaren Helfers ergriff sie am Arm und zerrte sie in eine andere Richtung, direkt auf die nächststehenden Büsche zu.

      Hinter ihnen brüllte der Rattengesichtige irgendwelche Befehle, doch niemand hörte

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