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Praxistipp
Der Auftraggeber kann eine schlüssige Abnahme dadurch vermeiden, dass er für jedes Verhalten, das auf eine solche Abnahme schließen lassen könnte, (schriftlich) gegenüber dem Unternehmer der Abnahmewirkung widerspricht. So kann der Bauherr z. B. die Vergütung des Unternehmers ungekürzt bezahlen wollen, um Prozessrisiken zu vermeiden. Will der Bauherr dadurch nicht schlüssig die Abnahme erklären, sollte er dies in jedem Fall bei der Zahlung schriftlich kundtun.

      Für die Baupraxis gibt es wichtige Ausnahmen von der konkludenten Abnahme:

Eine konkludente Abnahme liegt nicht vor, wenn sich das Verhalten des Auftraggebers nicht gegenüber dem Auftragnehmer abspielt, bei internen Vorgängen des Auftraggebers oder wenn der Auftraggeber schlicht schweigt.
Schwerwiegende Mängel hindern eine stillschweigende Abnahme. Dies allein schon durch ihre Existenz.
Selbst eine Ersatzvornahme des Bauherrn bei der Mängelbeseitigung ist keine Abnahme; Gleiches gilt für die Kündigung des Bauvertrags (Näheres zu den Rechtswirkungen siehe
Kapitel 4.3 und
Kapitel 4.4).
Eine stillschweigende Abnahme kommt nie in Betracht, wenn die Arbeiten des Auftragnehmers (noch) nicht fertiggestellt sind (Ausnahme vom Erfordernis der Abnahme:
Kapitel 4.4).
Lässt der Auftraggeber (insbesondere unter Druck) andere Unternehmer mit ihren Gewerken auf dem Gewerk des Auftragnehmers weiterarbeiten, so bedeutet dies zumindest beim VOB-Bauvertrag keine Abnahme (vgl. § 12 Abs. 5 Nr. 2 Satz 2 VOB/B).
Eine Abnahme des Bauherrn gegenüber dem Generalunternehmer bewirkt keine Abnahme zwischen dem Generalunternehmer und dessen Subunternehmern. Dies gilt auch und gerade für die konkludente Abnahme.
Die Übernahmebestätigung des künftigen Mieters lässt nicht auf eine Abnahme des Auftraggebers schließen.
Die Vereinnahmung von Miete durch den Wohnungseigentümer kann nicht als Abnahme gedeutet werden.
Die Erteilung des behördlichen Gebrauchsabnahmescheins liefert allein noch keinen Anhaltspunkt für eine konkludente Abnahme.
Ein gemeinsames Aufmaß oder der Prüfvermerk unter der Schlussrechnung des Auftragnehmers bewirken keine schlüssige Abnahme.

      

2.3 Abnahme durch Fristablauf

      Bei jeder fingierten Abnahme treten die Abnahmewirkungen durch ein tatsächliches Verhalten (Tun oder Lassen) des Auftraggebers ein; der Auftraggeber muss dabei keinen Willen zur Abnahme haben.

      Der Unternehmer kann die fiktive Abnahme {Abnahme, fiktive} und damit die Abnahmewirkungen nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. bzw. § 640 Abs. 2 BGB n. F. selbst herbeiführen, wenn er dem Bauherrn eine Frist zur Abnahme setzt; ihr fruchtloser Ablauf ersetzt dann die Abnahme.

      Die Abnahme durch Fristablauf {Abnahme durch Fristablauf} gilt sowohl im BGB-Bauvertrag als auch im VOB-Bauvertrag.

      Abnahmefiktion nach BGB alter Fassung

      Voraussetzungen der Abnahmefiktion sind für bis zum 31.12.2017 geschlossene Bauverträge:

Fertigstellung des Bauvorhabens/Gewerks; fehlen noch unwesentliche Restarbeiten, so ist dies unschädlich.
Es dürfen keine wesentlichen Mängel vorliegen.
Abnahmeaufforderung mit angemessener Fristsetzung; ist die Frist unangemessen kurz, wird eine angemessen lange Frist in Gang gesetzt; setzt der Unternehmer eine längere Frist, als es erforderlich wäre, so ist er an die längere Frist gebunden.
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Orientierungsmaßstab für eine angemessene Abnahmefrist sind die 12 Werktage des § 12 Abs. 1 VOB/B (regelmäßig 2 Wochen, da die VOB/B 6 Werktage pro Woche ansetzt).

      Liegen diese Voraussetzungen vor, treten mit Fristablauf die Abnahmewirkungen ein. Es ist dabei ohne Belang, aus welchem Grund der Bauherr die Abnahmefrist versäumt hat. Nach der bisherigen Regelung in § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. muss sich der Bauherr ihm bekannte Mängel nicht vorbehalten, wohl aber innerhalb der Abnahmefrist eine Vertragsstrafe.

      Der Bauherr kann den Eintritt der fiktiven Abnahme nach § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. sehr einfach abwehren, indem er gegenüber dem Unternehmer die Abnahme ausdrücklich verweigert. Er muss dabei weder angeben, warum er die Abnahme verweigert, noch, welche wesentlichen Mängel ggf. einer Abnahme im Weg stehen. Dies änderte sich für seit dem 01.01.2018 geschlossene Werkverträge.

      Abnahmefiktion nach BGB neuer Fassung

      Nach § 640 Abs. 2 Satz 1 BGB n. F. kann der Bauherr den Eintritt der Abnahme durch Fristablauf nur noch dadurch umgehen, dass er die Abnahme unter Angabe mindestens eines Mangels verweigert. Ob es sich bei diesem mindestens einen anzugebenden Mangel um einen wesentlichen Mangel handeln muss, der die Abnahmeverweigerung rechtfertigt, oder ob die Benennung irgendeines Mangels genügt, geht aus dem Gesetzeswortlaut nicht hervor und wird durch die Rechtsprechung zu klären sein.

      Der Wortlaut der Regelung stellt nicht einmal eindeutig klar, ob der angegebene Mangel überhaupt vorliegen muss.

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Schon aus rein praktischen Erwägungen heraus ist dem Bauherrn zu raten, bei der Abnahmeverweigerung alle ihm bekannten Mängel und insbesondere solche Mängel anzugeben, welche der Abnahme im Weg stehen. Nur so kann der Bauherr hoffen, dass der Unternehmer rasch alle Mängel beseitigt.

      Nach § 641 Abs. 2 Satz 2 BGB n. F. tritt eine fiktive Abnahme zulasten eines Verbrauchers jedoch nur noch dann ein, wenn der Auftraggeber den Auftragnehmer mit der Fristsetzung zur Abnahme zugleich (mindestens in Textform, z. B. per E-Mail) darüber aufklärt, welche Folgen mit einem Schweigen des Auftraggebers oder mit einer Abnahmeverweigerung ohne Angabe eines Mangels verbunden sind. In welcher Tiefe diese Aufklärung erfolgen muss, wird erst die künftige Rechtsprechung definieren.

      Keine rechtliche Sicherheit

      Für den Unternehmer bietet die Abnahme durch Fristablauf nicht die gleiche rechtliche Sicherheit wie eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme. Rügt nämlich der Auftraggeber zu Recht nach dem Fristablauf fehlende wesentliche Bauleistungen oder wesentliche Mängel, dann haben in Wirklichkeit die Abnahmevoraussetzungen {Abnahmevoraussetzungen} nicht bestanden. Die Abnahmefristsetzung des Unternehmers ist ins Leere gegangen. Eine Abnahme durch Fristablauf liegt dann nicht vor. Der fruchtlose Abnahmefristablauf kehrt nicht einmal die Beweislast vollständig zugunsten des Auftragnehmers

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