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machte sich Sorgen. Seit gut fünfzehn Jahren hatte Alexandra nun diese Todesvisionen und ihr Mann tat alles, sie zu verhindern. Bisher hatte er Samantha stets retten können, doch gegen die Visionen blieb der Erfolg aus.

      »Sie ist ertrunken.«

      Alexa musste sich bei diesem Gedanken zusammenreißen, um nicht loszuheulen. Sie konnte ihre Tochter anscheinend nicht einmal mehr berühren, ohne eine Vision zu bekommen! Das traf sie extrem. Wie sehr sie ihr kleines Mädchen liebte.

      »Ich weiß nicht wo und wann, aber es war nass und eiskalt. Sie hat noch versucht herauszukommen, ist jedoch überall abgerutscht. Es war so schrecklich!«

      Jetzt schluchzte sie doch. Wie sollte sie ihre Tochter beschützen, wenn sie nicht einmal wusste, wann und wo es geschah?

      Thomas stimmte ein sanftes »Sch ... sch ...« an, dann summte er leise. Alexa stellte sich vor, wie er sie in den Armen hielt und ihr Halt gab. Er fehlte ihr fürchterlich.

      »Ich werde gleich mit Tobias sprechen. Er soll am besten den Teich leeren. Vielleicht wäre es langsam an der Zeit, Sam aufzuklären. Sie ist schließlich nicht dumm und bemerkt, dass etwas vor sich geht«, begann Thomas abermals mit diesem leidigen Thema, doch Alexandra blieb strikt dagegen.

      Wie sollte Samantha damit umgehen? Ihre eigene Mutter litt Höllenqualen, weil sie immerzu den Tod der Tochter ansehen musste? Alexa wollte nicht, dass sich Samantha dafür verantwortlich fühlte. Es war nicht ihre Schuld. Niemals!

      »Ist okay. Dann sage ich nur Tobias Bescheid. Ich komme trotzdem morgen früh nachhause. Ich vermisse euch«, flüsterte Thomas.

      »Ich vermisse dich auch.« Alexandra lächelte und versprach, sich gleich etwas auszuruhen.

      Thomas legte auf, um mit Tobi zu sprechen. Müde ließ sich Alexa aufs Bett nieder und starrte an die Decke. Sie wollte unbedingt herausfinden, welches Gewässer Sam zum Verhängnis werden würde. Es musste doch Anhaltspunkte geben.

      Zitternd schloss Alexandra die Augen und konzentrierte sich auf ihre letzte Vision. Dunkle, nasse Kälte ließ ihre Arme und Beine steif werden. Sie zappelte, schnappte nach Luft, doch es gab keine Chance. Ihre Finger, die verzweifelt nach Halt suchten, verloren ihn stets aufs Neue. Panik!

      »Nein!«, schrie Alexandra, als Samantha die Luft ausging.

      Mit letzter Kraft riss sie sich von der Vision los. Der Schmerz brannte in ihren Adern. Sie hasste sich dafür, nichts gegen diesen Fluch unternehmen zu können.

      Ihr Handy klingelte abermals und sie blickte auf das Display. Alexa lächelte. Dieses Mal war es ihre Freundin Sarah.

      »Hey ...«

      »Hallo Süße! Wie geht es dir heute?«, erkundigte sich ihre Freundin und Wärme vertrieb Alexandras Ängste. Sie war froh, ihre Stimme zu hören.

      »Gerade eine Vision erlebt«, seufzte sie und hörte den leisen Fluch Sarahs.

      »So ein verdammter Mist ... Hat Thomas noch immer keine Spur? Wollte er nicht deshalb nach Ungarn?« Sarah schien wie immer ungeduldig zu sein und Alexa rollte spontan mit den Augen.

      »Ja, das wollte er. Es sieht allerdings schlecht aus. Ich fürchte, wir werden weiter damit klarkommen müssen.«

      Alexandra war erschöpft, bemühte sich, sich von Sarah zu verabschieden. Leider verstand ihre Freundin nicht, wann der richtige Zeitpunkt war, Ruhe zu geben. Sie erzählte noch eine Stunde über Gott und die Welt, was Alexa geduldig ertrug. Ihr war bewusst, dass das Leben weitergehen musste. Ihre Probleme stellten für andere aus der Ferne – und das war Sarah leider mittlerweile – meist eine Kleinigkeit dar.

      Wenn die wüssten ...

      3

      Tobi beobachtete, wie die Lichter im Herrenhaus nacheinander erloschen. Es war jeden Abend das gleiche Spiel und am Ende blieb nur noch das von Samanthas Schlafzimmer übrig. Sie war die Letzte, die zu Bett ging. Sam hatte ihm einmal verraten, dass sie es liebte, bis spät in die Nacht zu lesen.

      Thomas hatte ihn angerufen und darum gebeten, am nächsten Morgen das Wasser aus dem Teich zu entfernen. Er fand die Bitte zwar seltsam, jedoch hatte sein Boss oftmals seine Gründe und Tobi würde das tun, worum er gebeten wurde.

      Lang hing er seinen Gedanken nach, bis das Licht in Sams Schlafzimmer ausging. Tobias zog sich daraufhin vom Fenster zurück. Er wartete jeden Abend, bis alle im Bett waren, um Feierabend machen zu können. So hatte er es gelernt und es beruhigte ihn. Er war angespannt, wenn Thomas auf Reisen war, um eine Lösung für die Probleme seiner Frau zu finden. Alexandra und Samantha allein, ganz ohne Schutz. Obwohl beide der Vampirrasse angehörten, blieben sie in seinen Augen dennoch Frauen und auf die passte man auf, beschützte sie. Thomas hatte zwar dafür gesorgt, dass Samantha in Selbstverteidigung ausgebildet wurde, sodass sie sich niemals machtlos fühlen sollte, aber für Tobias fühlte es sich nicht richtig an.

      Er stellte sich vor, wie Sam gerade in ihrem Bett lag. Vermutlich hatte sie sich auf die Seite und zu einer Kugel zusammengerollt. Er hoffte, dass sie ruhig und tief schlafen konnte. Früher hatte er sie oft beim Schlafen beobachtet. Da war sie natürlich jünger gewesen. Jetzt wäre das nicht mehr schicklich. Samantha war längst kein Kind mehr und die Zeit, in der er ihr Babysitter und Lieblingskuscheltier gewesen war, schien eine halbe Ewigkeit her zu sein. Es endete abrupt in ihrer Pubertät und Tobi hatte eine gewisse Erleichterung dabei empfunden. Er war kein Auserwählter. Es war gut, dass sich Sam nicht mehr auf ihn fixierte. Schade nur, dass er seine Gefühle für sie nicht ebenfalls ablegen konnte. Immer, wenn er sie sah, erschien sie ihm noch hübscher, zerbrechlicher und noch kostbarer. Sein Herz begann stets wie wild in seiner Brust zu schlagen.

      Die Uhr an der Wand schlug zwölf. Er hatte das Herrenhaus beinahe zwei Stunden angestarrt. Was war er nur für ein erbärmlicher Geselle! Kopfschüttelnd stand Tobias auf und wollte sich ins Schlafzimmer zurückziehen, als er im Augenwinkel einen Schatten bemerkte. Jemand lief über das Grundstück.

      »Na warte«, knurrte er und schnappte sich den Spaten, der griffbereit für Notfälle hinter der Tür angebracht war.

      Vor mehreren Wochen hatte er bereits einen Eindringling verjagen müssen, der anscheinend als Mutprobe über das umzäunte Grundstück gelaufen war. Vielleicht war jetzt der Nächste an der Reihe.

      So leise er konnte, schlich sich Tobi nach draußen und suchte die Dunkelheit nach der Gestalt ab. Er erstarrte, als er sie erkannte: Sam lief auf ihn zu. Sie trug ein langes Nachthemd.

      »Was soll denn das?«, murmelte er und winkte, doch sie schien ihn nicht zu bemerken.

      Tobias ging auf sie zu. Als er ihr endlich in das hübsche Gesicht sehen konnte, erkannte er, wieso ihn dieses seltsame Gefühl nicht losgelassen hatte. Sam schlafwandelte.

      »Samantha, wach auf. Du musst zurück in dein Bett.« Er streckte die Hand nach ihr aus, doch in dem Moment, in dem er Sam berühren wollte, lief sie plötzlich los. Sie rannte in Richtung Garage und Tobi sah, wie sie dem dazwischen angelegten Teich immer näher kam. Sein Herz drohte vor Schreck stehen zu bleiben, doch er setzte sich in Bewegung, um das Unglück zu verhindern.

      ›Himmel, sie ist echt schnell‹, ging es ihm durch den Kopf, bemühte sich angestrengt, ihr zu folgen.

      Es wurde mittlerweile schwierig, da er nicht mehr der Jüngste war. Die Zeit blieb nicht stehen für die anderen, zu denen er gehörte. Vampire waren unsterblich, er hingegen nur ein älter werdender Chauffeur.

      »Sam, bitte bleib stehen«, flehte er, ehe sie in den Teich stürzte.

      Verdammt!

      Er war bereits draußen gewesen und hatte eine Plane darüber ausgebreitet, nachdem er mit ihrem Vater telefonierte. Es würde ihr zum Verhängnis werden, wenn er nicht schnell handelte. Samantha bewegte sich panisch im Wasser, das sie umhüllte. Tobi ließ sich auf die Knie fallen und zerrte an der Plane. Er musste sie retten.

      Mit

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