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      Gisela Fiebig-Habermann

      Oma, wie ist es, wenn man alt wird?

      Dieses ebook wurde erstellt bei

       Verlagslogo

      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Im Haus meiner Tochter

       Urlaub mit dem Enkelkind

       Reisen ist auch im Alter schön

       Vergangenheit aussortieren

       Immer dazulernen

       Nicht aufgeben

       Erfahrungen machen

       Im Alter zählen andere Dinge

       Der Körper gibt immer neue Signale

       Freude für Oma

       Gute Freunde braucht man auch im Alter

       Vieles geht nicht mehr

       Heute haben wir eine „ Wegwerfgesellschaft“

       Immer wieder Freude

       Impressum neobooks

      Im Haus meiner Tochter

      Es ist ein schöner Sommertag. Ich sitze im Garten und sehe wie die Schmetterlinge fröhlich von Blüte zu Blüte flattern. Schmetterlinge sind schön. Sie sind zart und anmutig. Es ist entspannend, an so einem Tag im Garten zu sitzen. Die Natur hat ihren sommerlichen Höhepunkt erreicht. Die Vögel flattern emsig durch die Zweige. Diese Emsigkeit liebe ich so. Immer in Bewegung zu sein, bringt das Leben weiter. Früher war ich auch sehr umtriebig. Heute geht alles viel langsamer. Meistens ist heute Bewegung mit Schmerzen verbunden. Pausen sind nun wichtig. Aber dieses Innehalten gibt mir Zeit, die Dinge besser zu sehen, ja auch besser zu verstehen.

      Ich bin heute wieder im Haus meiner Tochter Anne. Das mache ich einmal in der Woche, um bei meiner Enkeltochter Vedra zu sein und die Wäsche zu bügeln. Das ist bestimmt für meine Tochter etwas Hilfe, denn Anne arbeitet sehr viel.

      Ich bin mit dem Bügeln fertig, jetzt sitze ich im Garten. Vedra ist noch in ihrem Zimmer und erledigt ihre Hausaufgaben.

      Ich ruhe mich gerne etwas aus, denn meine Füße wollen nicht mehr solange stehen. Ja, man merkt halt doch, dass ich schon 75 Jahre bin. Plötzlich kommt Vedra angesprungen und rennt zur Schaukel. "Bist du mit der Hausaufgabe fertig?", wollte ich von ihr wissen. "Ja", erwiderte Vedra. "Oma, magst du mit mir etwas Ballspielen", fragte Vedra. "Ja, gerne", antwortete ich. Jeder von uns beiden gibt sein Bestes, doch ich erwischte den Ball von Vedras Wurf nicht immer. Ich musste mich sehr oft bücken. Das ist für mich sehr anstrengend. Ich sagte zu meinem Enkelkind: "Ich kann nicht mehr, wenn ich mich so oft bücken muss, schmerzt der Rücken. Das geht leider nicht mehr solange, wenn man alt wird". "Na gut", meinte Vedra, "dann hüpfe ich im Trampolin und du schaust zu". Das tat sie dann auch mit einer Begeisterung. Das Zuschauen bereitete mir Freude, wenn ich feststellen durfte, mit welcher Leichtigkeit meine 9-jährige Enkeltochter ihre Sprünge ausführte. Ich setzte mich wieder in den Gartenstuhl und beobachtete Vedra mit einem Lächeln. Immer wieder sagte ich zu ihr, wie gut sie das kann.

      Plötzlich beendete Vedra das Hüpfen und krabbelte aus dem Trampolinnetz kam zu mir runter und sagte:

      "Oma, wie ist es, wenn man alt wird?"

      Diese Frage überraschte mich. Das wird eine lange Antwort werden, dachte ich. Mit einem Satz ist das nicht getan. Altwerden ist auch ein langer Prozess. Behutsam begann ich zu sprechen: "Ja, mein Schätzchen, da gibt es eigentlich sehr viel zu erzählen und ich muss in meiner Jugend anfangen, da begann ja mein Leben. Jeder Mensch wird anders alt, vielleicht besteht eine Verbindung zwischen Jugend und Alter. Ich denke, da spielen auch so viele Faktoren mit. Welche Kindheit man hatte. Wie war die Ernährung. Ich bin in einer anderen Zeit aufgewachsen. Da war der 2. Weltkrieg. Wir haben unsere Heimat verlassen müssen und ich spielte so gerne auf dem Bauernhof meiner Großmutter". Vedra fragte schnell dazwischen: "Aber ihr ward doch arm, warst du da nicht traurig?". "Nein, ich hatte ja keine anderen Vergleiche. In diesem Dorf, gab es wohl Bauern, die etwas mehr Land und Tiere hatten als meine Großmutter, aber das war mir doch egal. Ich konnte im Hof herumrennen und jederzeit zu den Kühen, Pferden, Hasen, Hühnern und Schafen gehen, denn sie waren ja immer da. Natürlich gab es auch Verbote, ich sollte nicht allein zu den großen Tieren gehen. Das befolgte ich erst, als mich eine Kuh einmal mit ihrem Schwanz umwarf. Vedra, auf dem Bauernhof war ein Gefühl von Freiheit, kennst du auch so ein Gefühl?". "Ja, Oma, das empfinde ich, wenn ich allein im Garten bin und hinten auf dem Tisch meine Duftversuche mache. Ich suche in unserem Garten nach den duftenden Pflanzen, pflücke die Blätter und Blüten für meine Experimente. Da merke ich auch wie vielfältig die Natur doch ist und immer wieder Interessantes in unserem Garten entdecke, was ich für meine Versuche brauche. "Ja, so ging es mir damals auf dem Bauernhof. Anschließend war das große Kornfeld mit den Lerchen, die trillernd in die Lüfte stiegen. Das hat sich bei mir so tief eingeprägt. Alle Menschen, die zu mir gehörten, waren um mich herum. Meine Mutti, meine Oma, meine Tanten, ich war nie allein. Ist es denn nicht sehr schön, wenn immer jemand da ist? Das war damals die Zuneigung, die Erwachsene ihren Kindern geben konnten, aber man wurde nie in den Arm genommen, gedrückt oder geküsst. Das kannten die Frauen auch früher von ihren Eltern nicht.So konnten sie es auch nicht weitergeben. Damals, als ich ein kleines Kind war, habe ich es nicht vermisst, weil es auf dem Hof auch keiner tat. Mein Vater hatte meine Mutti schon geliebt, aber sie hatten sich nie vor mir geküsst, weil man es nicht tat, das war früher unanständig. Also habe ich Zärtlichkeiten unter Menschen nicht gesehen und nicht gespürt. Man kann doch nur vermissen, was man kennt und schon mal erlebt hat. Dieser Verlust ist mir erst viel später bewusst geworden, als ich es bei anderen Menschen gesehen habe. Da war ich dann oft traurig und hatte Sehnsucht nach Zärtlichkeiten. Ich hatte mir damals vorgenommen, ich mache es bei meinen Kindern anders. Aber was man nicht bei seinen Vorbildern, der eigenen Familie sieht, kann man nicht nachmachen. Es muss von Grund auf selbst erarbeitet werden. Das kannst du bestimmt nicht verstehen, denn deine Mami kann dich umarmen und küssen. Sie ist mein Kind. Damals als sie klein war dachte ich, dass ich vieles anders mache als meine Eltern und meinen Kindern mehr Zärtlichkeiten vermitteln konnte. Damals habe ich alles gegeben, was ich empfand. Es steckte sehr tief in mir, nur es war mir damals nicht möglich, meine ganzen Gefühle nach außen zu zeigen. Vedra, dich kann ich schon viel inniger umarmen, weil ich jetzt dazu gelernt habe und die Nähe zu den Menschen, die ich liebe, ertragen kann. Ja, ich sage ertragen, denn zu anderen bekannten Menschen ist es immer noch etwas Überwindung. Im Sportverein mache ich nicht gerne bei Spielen mit, wo man Rücken an Rücken stehen muss oder sich an den Händen halten. Aber ich habe beobachtet, dass es einigen Frauen aus meiner Generation genau so geht. Darum ist es auch schön, alt zu

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