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welchem Charakterbild würde meine Stimme passen?

      Eine gute Artikulation ist für jeden erlernbar, dies ist die Voraussetzung für eine Mikrofonarbeit.

       Erfülle ich tatsächlich diese Voraussetzung?

      Eine Schauspielausbildung ist sehr von nutzen, weil die Texte oder Dialoge authentischer klingen und Sprechtraining zur Ausbildung gehört.

       Aber wer könnte meine Stimme ausbilden?

      Zum Beispiel: Sprachtrainer, Sprecherzieher, Stimmtrainer - oft sind diese Leute ausgebildete Schauspieler oder Berufssprecher.

      Ein Sprecherzieher würde Sie vielleicht einem Eignungstest unterziehen:

      „Partizipationsprinzipien“ - Versuchen Sie dieses Wort dreimal hintereinander möglichst schnell und fehlerfrei auszusprechen. Oder Sie probieren es mit diesem Wort „Assistenzarztattest“.

      Wenn dies gelingt, versuchen Sie es anschließend mit ein paar Zungenbrechern:

      Der Whiskeymixer mixt den Whiskey. Den Whiskey mixt der Whiskeymixer.

      oder:

      Sechzig tschechische Chemiker checken rechnerisch technische Schemata.

      Sie ahnen bereits, worauf ich hinaus will?

      Zungenbrecher werden einerseits zur Belustigung aufgesagt, dienen aber andererseits auch professionellen Sprechern als Artikulationsübung.

      Dennoch sind all diese guten Ratschläge noch kein Garant dafür, dass sehr viele Sprecher ein Hörbuch auch professionell genug einsprechen können.

      Woran könnte das liegen?

      Ganz einfach: die meisten Sprecher lesen. Und zwar falsch!

      Was muss ein Hörbuchsprecher alles können?

      Kennen Sie nicht auch die Situation, dass ein Hörbuch beginnt, eine wunderschöne und markante Stimme beginnt zu sprechen und wir denken WOW - Was für eine tolle Stimme! Trotzdem schlafen wir nach kurzer Zeit ein. Was ist der Grund?

      Es kann viele Ursachen haben: Übermüdung nach einem anstrengenden Arbeitstag, unser Entspannungsbedürfnis oder eine mangelnde Konzentrationsfähigkeit wären möglich. Oft liegt es aber auch am Sprecher, an der Sprecherin, weil sie den Text nicht erzählen, sondern ihn nur vorlesen. Oder anders formuliert: er wird falsch gelesen, nämlich so, wie wir es in der Schule gelernt haben und nicht so, wie wir im realen Leben sprechen.

      Ein Beispiel: wir haben gelernt bei einem Komma eine Pause zu machen und die Stimme zu erheben. Ebenso haben wir gelernt bei einer Frage am Ende die Stimme leicht zu betonen.

      Bei einen Komma mit dass dahinter wird immer durchgesprochen - alles andere wäre künstlich.

      Und wenn mir etwas wichtig ist, dann reicht es, dass ich es denke und fühle, ich muss dem Wort keinen Druck oder Lautstärke verleihen.

      Ein anderer Grund könnte folgender sein: Manche Stimmen klingen im natürlichen Raum ganz gut, vor dem Mikrofon, bzw. aus einem Lautsprecher allerdings nicht mehr. Klar gibt es Naturtalente. Aber die Präsenz und Resonanz, die für den Profi-Bereich dringend erforderlich sind, bringt eben meist nur jemand mit Talent und entsprechender Stimmausbildung mit in eine Sprachaufnahme ein. Und selbst unter den Profis ist hierbei die Luft bereits ziemlich dünn...

      Sie erinnern sich an das Zitat des Schauspielers Rufus Beck, welches diesem Buch voransteht? Stimmen sind vergleichbar mit Musikinstrumenten, die man hart oder weich, laut oder leise, sanft oder heftig spielen kann. Stimme ist Klang. Bei jedem Klang schwingen immer Grundton und Obertöne mit. Professionelle Schauspieler und Berufssprecher haben immer eine langjährige und komplizierte Ausbildung absolviert, um mit diesen Möglichkeiten arbeiten zu können. Ihre fundierte Ausbildung der Stimme und Sprache ist daher nicht so einfach zu ersetzen, auch wenn dies immer wieder von „Naturtalenten“ oder Hobby-Sprechern angenommen wird.

      Um Ihnen einen Überblick zu geben, habe ich einen Auszug aus einem Lehrplan einer Schauspielschule für die Sprach- und Stimmbildung zusammengestellt:

       Spannung - Entspannung - Grundspannung (Präsenz)

       Körpermitte als Ausgangspunkt der sprachlichen Äußerung (Zentrierung)

       physiologische Sprechatmung

       Resonanz, Umfang und Modulationsfähigkeit der Stimme

       präzise, dialektneutrale Artikulation

       Sprechen als Handlungsvorgang (Impuls- und Intentionstraining)

       Partnerbezug (Adressieren sprachlicher Äußerungen)

       Sprecherische Gestaltungsmittel (rhythmische - melodische - dynamische Akzente)

      Es gibt ganz ausgezeichnete Dialog-Sprecher, die aber nicht in der Lage sind, einem Prosatext (Erzählung, Kurzgeschichte, Roman) dem im Text angelegten Spannungsbogen entsprechenden Ausdruck zu verleihen. Ebenso gibt es auch Sprecher, die zwar ganz hervorragende „Erzähler“ sind, aber bei Dialogen oft nicht den richtigen Ton treffen. Sprecher, die ausschließlich beim Rundfunk arbeiten, benutzen häufig einen für dieses Medium erforderlichen und antrainierten „Rundfunkton“. Für ein literarisches Hörbuch sind diese Berufssprecher nur bedingt einsetzbar. Stellen Sie sich bitte die Stimme eines Ihnen bekannten TV-Moderators vor, der einen literarisch schwierigen Text etwa von Franz Kafka liest.

      Würden Sie sich als Literaturkenner solch ein Hörbuch kaufen?

      Warum ist Vorlesen eine Kunst?

      Sie können zunächst ganz autark versuchen, unabhängig von den Meinungen Dritter, diese Frage selbst zu beantworten, in dem Sie beispielsweise ein x-beliebiges Hörbuch in ihren CD-Player einlegen und es nach folgenden Kriterien überprüfen. Fertigen Sie sich dabei eigene Notizen an, in dem Sie die nachfolgenden Fragen beantworten:

       Wie präsent empfinde ich die Sprecher, dringen sie zu mir durch oder sind sie zu weit entfernt?

       Nehme ich dem Sprecher die Geschichte ab? Werde ich davon überzeugt und klingt er/sie natürlich?

       Ist der Sprecher sehr gut verständlich? (Artikulation)

       Wie setzt der Sprecher die Akzente (in den Sätzen, innerhalb der Worte oder eines Absatzes)?

       Sind die Satzbögen stimmig?

       Ist der Sprecher in der Lage innerhalb der Handlung auch anderen Personen eine eigene Stimme zu verleihen? Wird diese Stimmenvielfalt richtig eingesetzt?

       Sind die Pausen zu lang oder zu kurz?

       Werden Sprachtempo und -rhythmik richtig eingehalten?

       Wie verhält es sich mit der Eindringlichkeit? (Spannung)

       Wie würde ich diesen Text oder Dialog selbst interpretieren?

      Sie werden abschließend sicher feststellen, wie viele Kriterien bei einem Hörbuch eine wichtige Rolle spielen und welche unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten es geben kann. Oftmals gibt es dabei kein absolutes „falsch“ und auch kein zweifelfreies „richtig“. Die Antwort liegt eigentlich immer im Ohr des jeweiligen Zuhörers.

      Mein Ratschlag lautet deshalb: Versuchen Sie immer einen Text als Partitur zu verstehen, der mit menschlichen Stimmen instrumentalisiert werden soll. Auch der Hörbuchproduzent hat intensiv nach den möglichst besten Instrumenten gesucht, die er finden konnte, um diese Partitur mit einer geeigneten Stimme klangvoll mit Leben zu erfüllen.

      Jetzt sind Sie an der Reihe! Suchen Sie als Sprecher nach einer Textvorlage, die zu ihrem eigenen Instrument passt. Im Anhang dieses Buch finden Sie eine große Auswahl an Literaturvorschlägen, die alle rechtefrei sind. Sie werden ganz sicher einen Text finden, der zu Ihnen passt. Probieren

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