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      LUNATA

Von der Schulbank ins Leben

      Professors Zwillinge

      Von der Schulbank ins Leben

      Band 5

      © 1929 Else Ury

      © Lunata Berlin 2020

      Inhalt

       1. Kapitel

       2. Kapitel

       3. Kapitel

       4. Kapitel

       5. Kapitel

       6. Kapitel

       7. Kapitel

       8. Kapitel

       9. Kapitel

       10. Kapitel

       11. Kapitel

       12. Kapitel

       13. Kapitel

       14. Kapitel

       15. Kapitel

       16. Kapitel

       17. Kapitel

       18. Kapitel

       Über die Autorin

      1. Kapitel

      In den Flegeljahren

      Hurra – versetzt!« schallte eine laute Jungenstimme durch das stille Haus. Die Tür zum Wohnzimmer, in dem Frau Professor Winter schreibend saß, wurde ungestüm aufgerissen und blieb sperrangelweit hinter dem Hereinstürmenden offen.

      »Hurra – versetzt!« kam das Echo eine Sekunde später von einer hellen Mädchenstimme. Ein schlankes, vierzehnjähriges Mädel eilte freudestrahlend hinter dem Bruder her.

      »Hier stelle ich dir zwei frischgebackene, nagelneue Untersekundaner vor, Mutti«, trompetete die Jungenstimme wieder. Sie klang drollig, diese Knabenstimme. Manchmal hatte sie tiefe Basstöne und dann wieder hell quiekende. Der Besitzer derselben befand sich in dem Alter des Stimmwechsels.

      »Wirklich – alle beide in die Untersekunda versetzt?« Erfreut schüttelte die Mutter dem Sohne die Hand, klopfte anerkennend die von der freudigen Erregung glühende Wange ihres Mädels. »Hab's eigentlich auch nicht anders von meinen Zwillingen erwartet. Wer an seinem Vater ein solches leuchtendes Beispiel der Pflichterfüllung und des ständigen Weiterstrebens hat, der kann ja eigentlich gar nicht aus der Art schlagen.«

      »Sage das nicht, Mutti«, meinte der Sohn mit hochgezogenen Augenbrauen, was seinem noch kindlichen Knabengesicht etwas Altkluges gab. »Der Junge von Professor Bart ist in der Obertertia klebengeblieben. Sechs Stück, gerade ein halbes Dutzend, haben sie nicht mit hinübergelassen.«

      »Bei uns sind alle versetzt – Mädchen sind eben fleißiger als Jungs!« frohlockte die Schwester.

      »Das wollen wir mal erst durch die Zensur feststellen, mein liebes Kind.« Trotzdem Herbert und Suse an demselben Tage das Licht der Welt erblickt hatten, spielte sich der Zwillingsbruder doch immer als der Klügere und Überlegenere auf. Das war von klein auf so gewesen. Herbert tat sich stets vor der bescheideneren Suse hervor.

      »Die Hauptsache ist, daß man versetzt ist, nicht wahr, Mutti?« Suse holte ein wenig umständlich ihr Zeugnis hervor.

      »Aha, da stimmt was nicht«, meinte der Bruder und setzte sich die Brille, die die Mutter beim Schreiben trug und die sie neben sich gelegt hatte, auf die Nasenspitze.

      »Dummer Junge, gib her!« Ungestüm riß die Suse dem Bruder, der das Zeugnis mit der Miene eines strengen Kritikers zu studieren begann, den Bogen aus der Hand.

      Ritsch – ratsch – jeder der Zwillinge hielt eine Hälfte des wichtigen Dokumentes, auf dem bekundet wurde, daß Suse Winter in die Untersekunda versetzt sei, zwischen den Fingern.

      »Mutti – Mutti – der Herbert hat mir meine Zensur zerrissen – was mache ich denn nun bloß?« Suse brach trotz ihrer Sekundanerwürde in Tränen aus.

      »Mußte in der Obertertia bleiben«, stellte Herbert mit Gemütsruhe fest. »Natürlich, ein Mangelhaft auf der Zensur und hier im Mündlichen noch nicht völlig genügend. Wahrscheinlich in Mathematik, was?« Herbert hielt die Prädikate, Suse die Lehrfächer in der Hand.

      »Geht dich nichts an!« schluchzte Suse in ihrem Schmerz über die zerrissene Zensur.

      Der Mutter freundliche Züge waren ernst geworden. »Ja, Kinder, müßt ihr mir denn durchaus die Freude an eurem Erfolg zerstören?« sagte sie vorwurfsvoll.

      »Ich kann nichts dafür, Muttichen, der Herbert – – –«

      »Backfische sind die unausstehlichsten Geschöpfe in der Zoologie«, bemerkte der Junge sachlich. »Wenn man sie nur schief anguckt, heulen sie schon.«

      »Und Jungs in den Flegeljahren sind frech und rücksichtslos. Vater hat das neulich erst gesagt«, verteidigte sich Suse, immer noch weinend.

      »Hach – ein Untersekundaner heult wie ein Schlosshund!« Herbert ging wieder zum Angriff über, da ihm die Erinnerung an den Ausspruch des Vaters nicht gerade angenehm war.

      »So, Kinder, jetzt verlaßt ihr beide mein Zimmer. Wenn ihr zur Einsicht gekommen seid, wie wenig nett ihr euch benommen habt, könnt ihr euch wieder bei mir melden.« Das klang sehr ernst und bestimmt. Frau Professor Winter wandte sich wieder ihren Schreibereien zu.

      »Und – und unsere Zeugnisse?« schluchzte Suse.

      »Du hast ja noch gar nicht unsere Zensuren angesehen, Mutti«, begehrte der Junge auf.

      »Mir ist die Lust dazu vergangen – später.« Die Mutter war jetzt nicht mehr für ihre Zwillinge zu sprechen.

      Suse schlich sich schuldbewußt aus dem Zimmer. Herbert schmetterte vor Ärger, daß sein gutes Zeugnis gar keine Beachtung gefunden hatte, rücksichtslos die Tür ins Schloß.

      »Schließe die Tür leise und anständig, wie sich's gehört«, klang die Stimme der Mutter hinter ihm her.

      Brummend kam der Sohn der Aufforderung nach. Offensichtliche Widersetzlichkeit wagte Herbert doch nicht.

      Im Hausflur sprang Bubi, Herberts Hund, an seinem jungen Herrn, der heute so finster dreinblickte, mit lebhaftem Schwanzwedeln empor. Dann bezeugte er Suse in gleicher Weise seine

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