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Vier Jahre Türkei. Hans Bahmer
Читать онлайн.Название Vier Jahre Türkei
Год выпуска 0
isbn 9783847621331
Автор произведения Hans Bahmer
Жанр Книги о Путешествиях
Издательство Bookwire
Total aus dem Stadtbild verschwunden sind die Schmutzgeier, von denen im letzten Jahrhundert noch etwa 500 Paare in der Stadt ihrem Brutgeschäft nachgingen. Dafür sieht man ab und zu einen Graureiher am Himmel entlang gleiten oder grüne Papageien durch die Luft schießen. In den Platanen des benachbarten Parks befindet sich selbst in der Millionenstadt noch eine Brutkolonie der Graureiher. Die Nachkömmlinge einst ausgerissener Papageien haben sich längst auf Friedhöfen und in Parks etabliert. Während Falke und Alpensegler die zufällig vorhandenen Lücken und Löcher in den Mauern der Moschee ausnutzen, finden andere Höhlenbrüter eigens für sie geschaffenen Nisthilfen vor.
Die Nistmöglichkeiten bestehen weder aus dem bei uns so verbreiteten Holzbeton oder Holz und sind auch nicht von Vertretern von Naturschutzorganisationen aufgehängt worden. Die Vogelkästen sind fester Bestandteil des Moscheengebäudes. An der Yeni Cami sind es eher unscheinbare, kaum auffallende Gebilde in geringer Anzahl. An einer anderen Moschee zählt man fast dreißig solcher steinernen Vogelhäuschen, an denen Hundertwasser sicher seine Freude gehabt hätte. Sie wirken wie spielerische Elemente, die Fassaden auflockern. Die Bautypen variieren von einfachen normierten Löchern über verschnörkelte Anbauten, Vogelkästen, die ans Goetheanum in Dornach erinnern, bis hin zu Minimoscheen mit Kuppeln, Minaretts, verziert mit durchbrochenen, Spitzenhandarbeit gleichenden Fenstern, Balkonen, Treppchen, Vorsprüngen und Absätzen. Ob die Einzimmerappartements und Paläste immer den Wünschen der Vögel entsprechen, ist schwer zu sagen. Auf jeden Fall sieht man Spatzen, Stare, Dohlen und Tauben Unterschlupf suchen in solch künstlichen Anbauten.
In vielen Kulturen gilt der Vogel als Mittler zwischen Himmel und Erde. Büttner hat 1664 Folgendes beobachtet: „An Ecken und Straßen sitzen Leute mit großen Vogelbauern voller Lerchen. Wenn nun ein Türke vorüber gehet oder reitet, und ihnen etliche Asper zahlet, lassen sie denselbigen hinein greifen, und so viele Vögel herausnehmen, als er mit einer Hand erhaschen kann, die er doch straks wieder in die freie Luft über dem Kopf hinfliegen lässet, und für gut hält, dass er sie aus dem Gefängnis erlöset, und in ihre vorige Freiheit gebracht.“ Mit den Worten: „Fliege, Vogel, fliege vor, wart auf mich am Himmelstor!“ schenkte man in vergangenen Zeiten in der Türkei gefangenen Vögeln die Freiheit. Während dieser einst weit verbreitete Brauch, Gott sei Dank, so ziemlich verschwunden ist, denn schließlich setzte er den Fang von Vögeln voraus, bevor man diese wieder in die Freiheit entlassen konnte, ist es eher ein betrübliches Zeichen, dass sich manche der dekorativen Nistmöglichkeiten an den Moscheen in einem arg desolaten Zustand befinden und dringender Restaurierung bedürfen.
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