ТОП просматриваемых книг сайта:
Hausmannskost statt Hummer am Reisrand. Thimo Beil
Читать онлайн.Название Hausmannskost statt Hummer am Reisrand
Год выпуска 0
isbn 9783844220520
Автор произведения Thimo Beil
Жанр Изобразительное искусство, фотография
Издательство Bookwire
In dieser Zeit, wie ich sie erlebt habe, ist aber auch guter Rat teuer, denn billigen bekommt man zahlreich. Es ist keine einfache Zeit, selbst wenn man in der glücklichen Lage ist, nicht augenblicklich auch auf den finanziellen Ruin zuzusteuern. Man ist für viele seiner Kontakte von heute auf morgen nicht mehr interessant und das bekommt man auch deutlich zu spüren. Sicherlich, es gibt Tage, da verliert man, und dann gibt es Tage, da gewinnen die anderen. Sagte auch schon Otto Rehagel. Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage, aber die Bandbreite der Stimmungsschwankungen ist mitunter schon extrem hoch. Auch Intraday, wie man an der Börse so schön sagt. Mit den Axiomen der Arbeitslosigkeit will ich helfen, auf diese Situationen vorbereitet zu sein, indem ich meine eigenen Erfahrungen und die von Menschen, mit denen ich über das Thema gesprochen habe, schildere. Jeder erlebt sie anders, ganz klar. Jeder hat andere Interessen und Möglichkeiten, auch klar. Aber im Grundsatz glaube ich, dass diese Gefühle auf jeden auf die eine oder andere Weise einstürzen. Ich will beschreiben, was mir geholfen hat, und Ideen geben, was Betroffenen helfen kann. Natürlich muss jeder für sich Entscheidungen treffen und wissen, was das Beste ist. Aber die Axiome der Arbeitslosigkeit helfen zumindest, sich mit der Situation auseinanderzusetzen und bald festzustellen: man ist nicht allein. Einige der Axiome sind sogar auf andere Krisengebiete oder sogar ganz einfach für das tägliche Leben anwendbar.
Sowohl meine Einschätzung über die verschiedenen Typen, die mir im Laufe des Lebens über den Weg gejoggt sind, als auch die Axiome werden, da bin ich mir ganz sicher, keiner ernsthaften wissenschaftlichen Prüfung standhalten. Sollen sie aber auch nicht. Denn eine Erfahrung, die ich im Leben gemacht habe, ist, dass Theorie eine nette Grundlage sein kann, aber die Praxis das A und O ist. Sehen Sie, ich habe in meinem Leben niemals eine Universität oder Hochschule von innen gesehen. O.K., das stimmt nicht ganz, wenn man die Tage der offenen Tür einrechnet. Und wenn mich jemand, was in meiner Position häufig vorkam, weil Menschen anscheinend glauben, jemand auf dem Posten muss studiert haben, fragte, welche akademische Laufbahn ich genommen habe, dann war meine Antwort immer: „Ich habe das Liebesleben der südsibirischen Schabrackentapire in den Spätwerken Kafkas erforscht.“ Die Blicke, die ich dann geerntet habe, sind mit Worten nur schwer zu beschreiben. Es wurde dann meistens so still, dass ich dachte, ich könnte meine eigene Zellteilung hören.
Wer sollte das Buch lesen? Nun, ich denke, es gibt verschiedene Zielgruppen, deshalb habe ich auch kein klar umrissenes Beuteschema. Ich hoffe, ich kann mit meinen Axiomen Menschen, die in der gleichen Situation sind wie ich, ein wenig meine Erfahrung näherbringen und somit den täglichen Umgang mit ihrer Arbeitslosigkeit erleichtern. Vielleicht interessiert sich der ein oder andere, der aktuell nicht in dieser Situation steckt, aber auch für das Gefühlskarussell, für das man eine Jahreskarte gelöst hat. Die Typen, die ich beschreibe, kennt sicherlich jeder. Außerdem hoffe ich, mit meiner bewusst gewählten lockeren Schreibweise den Umgang mit dem Stoff zu erleichtern. Das hat auch den Vorteil, dass das Lesen Spaß macht, denn bierernste Themen gibt es genug auf der Welt. Ob als Bettlektüre, auf dem Klo oder im Flugzeug: Spaß muss sein!
Bevor ich loslege, denke ich, macht es Sinn, ein wenig mehr über mich zu erfahren. Das hilft dem Leser, meine Gedankengänge nachzuvollziehen und zu verstehen, warum ich das eine oder andere so sehe und sage.
Übrigens: Die Namen aller Personen sind frei erfunden. Die Handlungen mögen einigen bekannt vorkommen, zumindest in Teilen. Denn ich bin nach dem Motto vorgegangen: „Never let a few facts stand in the way of a good story.“ Ein wenig dichterische Freiheit habe ich mir übrigens also auch gegönnt. Man möge es mir verzeihen oder es lassen. Denn mittlerweile handele ich vermehrt nach dem Motto: „Lieber einen guten Freund verlieren als eine gute Pointe.“ Ich würde niemals ernsthaft auf Kosten eines guten Freundes einen groben Scherz machen. Es sei denn, ich weiß, er ist dabei, kann das abhaben und wird es mir bei Gelegenheit mit gleicher Münze heimzahlen. Aber ich habe im Laufe der Zeit aufgrund der gemachten Erfahrungen die Definition von „Freund“ auch erheblich verändert, um nicht zu sagen, enger gefasst.
Was bisher geschah
Eigentlich. Was für ein Wort. Ein selten doofes Wort. Ein Wort, das für mich in eine Reihe gehört mit dem Satz „Das haben wir schon immer so gemacht.“ Oder mit Neonröhren als Zimmerbeleuchtung. Da bekomme ich heute noch Ausschlag, wenn ich daran denke. Wir hatten solche im Wohnzimmer. Früher war das ja so. Es gab sie als gerade Röhre oder als Ring und das Licht war furchtbar. Instantpusteln. Kombiniert mit Gelsenkirchener Barock an Geschmacklosigkeit nicht mehr zu toppen. Höchstens noch durch die Badezimmereinrichtung, über die ich mich bereits ausgelassen habe. Oder von Frauen, die sich eine einzelne grüne oder lilafarbene Strähne ins ansonsten braun getönte Haar färben lassen, wohlgemerkt nicht zu Karneval. Es hat mich stets geschüttelt und es überkommt mich heute noch ein Schauer des Grauens, wenn ich einen Raum mit eingeschalteten Neonröhren betrete. Eigentlich kann das Wort ‚eigentlich‘ ja gar nichts dafür, es liegt eher daran, wie es die Menschen benutzen. Ich kann mich noch an die Einführung des Euro-Bargeldes erinnern. Jeder fing plötzlich an die neuen Euro-Münzen aus sämtlichen teilnehmenden Ländern zu sammeln. Und einige Wochen, bevor der Euro offizielles Barzahlungsmittel wurde, konnte man sich bei seiner Bank und in den Postämtern einen Beutel mit einer Grundausstattung an Münzen abholen. Ich sollte für meinen Vater zu unserem Postamt fahren, um dort ein Paket für ihn abzuholen. Ich sehe die Szene heute noch vor mir. Eine ältere Dame holte sich ihre Ration Euro von der damals noch hinter einem Schalter und durch dickes Glas geschützten Mitarbeiterin des Postamts ab. Sie wollte aber auch ein zweites Beutelchen haben, um es ihrer Enkelin schenken zu können. „Eigentlich nur eines pro Person“, sagte die Dame hinter dem Schalter. Und schob ihr das zweite zeitgleich über die Theke. Warum hält sie nicht einfach die Klappe und gibt es ihr oder bleibt dabei und sagt: „Nein, nur eines pro Person.“ Was hat das Wort „eigentlich“ da zu suchen? Was heißt das eigentlich? Ich habe gelernt, dass Menschen dieses Wort gerne verwenden, aber selten in seiner eigentlichen Bedeutung. Ein anderes Beispiel ist mir noch kürzlich widerfahren. Ich wollte ein Hotel im Spessart reservieren und frage, seitdem wir unseren kleinen Hund haben, da gerne im Vorhinein nach, ob der überhaupt erlaubt ist. In vielen Hotels ist das nicht der Fall, verständlich, wenn man sieht, wie achtlos manche Hundebesitzer mit der Hoteleinrichtung umgehen. Da möchte ich gar nicht wissen, wie es bei denen zu Hause aussieht. Ich habe also dem Hotel eine E-Mail geschrieben und gefragt, ob Hunde erlaubt sind. Die Antwort kam auch prompt. Man dankte mir für mein Interesse und würde sich freuen, uns im Hause als Gäste begrüßen zu dürfen. „Zu Ihrer Frage bezüglich Ihres Hundes: eigentlich sind bei uns seit dem 1.1.2012 Hunde strengstens verboten. Aber wenn es nur ein kleiner Hund ist, machen wir für eine Gebühr von 12 Euro pro Nacht gerne eine Ausnahme.“ Ist ja nett, aber was denn nun? Streng verboten oder nur manchmal und durch den Bakschisch doch erlaubt? Eigentlich eben.
Nun zu mir. Ich wurde in einer Stadt nahe der niederländischen Grenze geboren, vor rund 36 Jahren. Aufgewachsen bin ich als Sohn eines Versicherungskaufmanns (der als Maler anfing) und einer Schneiderin. Ich habe eine Schwester, die sieben Jahre älter ist. Ich hatte eine tolle Jugend. Klar, das sieht man immer erst hinterher ein, aber ich habe meinen Eltern vieles zu verdanken. Wir waren nicht reich, aber uns hat es, anders als vorherigen Generationen oder sogar anderen aus meinem Zeitalter, nie an etwas gemangelt. Wir hatten ein Haus mit Garten, ich hatte ein eigenes Zimmer (es war natürlich aus meiner Sicht viel zu klein, aber es war perfekt, weil meins). Ich hatte viele Freunde in der Nachbarschaft, mit den meisten bin ich zusammen fast 20 Jahre lang aufgewachsen. Wir haben gemeinsam die Schulbank gedrückt und nach der Schule gemeinsam „vor der Tür“ gespielt. Und wir hatten ein Auto. Das erste Auto, an das ich mich erinnern kann, war eine Ente. Das zweite ein VW Golf und dann machte sich der Wohlstand breit und wir bekamen einen Mercedes, einen 240 D. Der beschleunigte zwar von 0 auf 100 in weniger als drei Wochen, aber für damalige Verhältnisse war das ein echt