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für Lunetta? Ja, als Traumgestalt für Luna viel eher wahrzunehmen. Lunetta, wo bist Du? Fragt Luna sich... uns fehlt doch noch immer jemand, der uns an die Hand nimmt! ...Uns fehlt doch die Verbindung untereinander!

       Lunetta, lass mich bitte nicht allein!“

       Versuch einer Theorie von Giorgio:

       Liebe Luna,

       ich bitte Dich, das nachfolgende nur als einen dilettantischen Gedanken, als reine Hypothese von mir zu bewerten und ihn Dir nicht unreflektiert zu eigen zu machen! Es ist durchaus möglich, dass alles bei Dir alleine durch Alkohol beeinflusst wird...

       Gedanke:

       Es gibt außer den von Dir / Euch selbst erwähnten „Gefährten“ noch eine wichtige Partnerin in Euch und ihr Wesen ist für mich sehr positiv besetzt. Ich will einfach einmal den fiktiven Namen U für sie vergeben...

       U nimmt an Eurem Erleben dauernd teil, Ihr habt sie aber schon lange aus der Interaktion mit der Umwelt ausgeschlossen, Ihr habt ihre Stimme so lange überhört, bis sie Euch gegenüber verstummt ist. Jetzt tritt sie nur noch in seltenen Fällen in Interaktion, aber sie schließt Euch davon aus, weil sie meint, Ihr wollt sie nicht mehr hören (oder spüren). Sie versucht, Euch in Notfällen zu unterstützen, zu schützen, so eine Art Airbag für Eure Psyche. Mit emotionellen Rührungen (vorzugsweise nach Alkoholgenuss) wird U „geweckt“ und versucht, Euch zu „moderieren“ und beeinflusst dann auch Eure Diktion. In Mails oder im chat.

       Danach habt Ihr aufbegehrt gegen diese Emotionen und U hat Euch „zu Boden geschickt“ und hat Euch voll Euren Emotionen überlassen.

       Aber noch einmal in aller Deutlichkeit: Es ist nur eine dilettantische Theorie von mir!

       Auch wenn das alles so wäre, macht es das Problem nicht größer, es gilt, alle diese Personen in Euch wieder in einer Person zu vereinen. Dabei werde ich jede Unterstützung liefern, die ich bieten kann.

       Ich umarme Euch!

       Euer Giorgio

      Und wieder hat U sie heute Abend zu Boden geschickt, wie so oft in letzter Zeit. Wieder wurde sie heute Abend überwältigt von etwas, das sie nicht kennt. Sie liest Giorgios Theorie immer wieder und weiß, dass sich eine Wahrheit darin verbirgt. Im Moment macht ihr das nur Angst, denn sie kennt den Kontrollverlust. Beim Trinken, beim Fühlen und dann, wenn sie am Boden liegt. Sie kennt den Verlust der inneren Schwerkraft, das sich Hingeben müssen, weil der Abgrund zu tief ist. Der Sog zu stark, der Strudel zu reißend. Es ist ein körperliches Gefühl, das aus der Seele kommt. Es scheint, sie wird von der Sitzfläche ihres Stuhls eingepfercht. Es wird eng, sie schnappt nach Luft, hat Angst, zu ersticken. Nach einer Weile geht dieses Gefühl vorbei und weicht einer endlosen, bodenlosen Traurigkeit. Sie erhebt sich, schaltet den PC aus und schleppt sich ins Bett. Mit dem Gedanken an Giorgio.

      Im Traum schleppt sie sich hin und her, von ihrem Zimmer ins Schlafzimmer. Hin und wieder zurück. Das Gesicht ihres Lebensgefährten, das sie im Traum neben sich sieht, gleicht einer Karikatur ihres Peinigers aus ihrer Kindheit, Sie dreht sich um, möchte es nicht sehen, aber es bleibt. Das Gesicht lächelt sie an, unsichtbare Hände reißen ihre Bettdecke weg und vergewaltigen sie. Und sie ist immer noch so träge, auch im Traum, sie kann sich kaum bewegen, spürt aber auch keinen Schmerz, nur einen unbeschreiblichen Ekel. Sie schaut in sein Gesicht und schüttelt ihren Kopf, schüttelt ihn so lange, fixiert sein Gesicht so lange, bis sie aufwacht. Sie ist schweißnass und ihr Herz scheint mit Gewalt gegen ihre Rippen zu schlagen, als wolle es aus ihr herausspringen. Sie dreht sich um, sieht ihren Partner friedlich schlafen. Aber sie muss aufstehen, kriecht auf allen Vieren ins Bad und übergibt sich in die Toilette. Einmal, zweimal, dreimal. Dann legt sich die Übelkeit. Sie kniet noch eine ganze Weile auf dem Boden und stützt sich mit den Unterarmen auf den Beckenrand. Sie denkt an den Traum und ihr Mund füllt sich wieder mit dem Gemisch aus Speichel, aus Galle und dem Ekelgefühl von Sperma. Als sie sich erheben kann, wankt sie zur Bar und schüttet einen Cognac herunter. Er brennt höllisch in ihrem Magen, aber auch das ist ihr egal.

      Als sie den Alkohol ihren Magen herunter rinnen spürt, geht sie vorsichtig, Schritt für Schritt, ins Schlafzimmer zurück, legt sich hin und schließt sie Augen. Dieses Mal nimmt sie ihre Träume nicht wahr. Sie schläft.

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