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aus Hamburg herausfährt, dann sieht man den blühenden Raps!“ Und die weite Landschaft dazu kenne ich auch. Werner kommt aus den Bergen und schwärmt von Fahrten durch die Ebene, und ich komme aus der Ebene und bin, wie sich noch zeigen wird, begeistert, wenn wir Berge passieren. Nach kurzer Fahrt nähern wir uns der Ostsee, und hier schauen wir beide gebannt aus dem Fenster. Der Blick auf ein Meer ist für uns beide einfach schön. Wir erreichen die Fehmarnsundbrücke, wo der Zug das Festland verlässt und auf die Insel Fehmarn herüberfährt. Wir durchqueren sie, halten kurz in Puttgarden und rollen dann direkt in den Bauch der Fähre nach Rödby. Sie ist mit Schienen ausgestattet und wir kommen im Deck neben zahlreichen Lastwagen zum Stehen. Es gibt keinerlei Hinweise, wie man sich verhalten soll. Einige Passagiere steigen aus dem Zug, andere bleiben sitzen. Wir sehen uns an. „Wollen wir hier im Dunkeln sitzen bleiben?“ „Natürlich nicht“, erwidere ich, „aber was machen wir mit unserem Gepäck? Werden die Zugtüren oder das Autodeck während der Fahrt verschlossen?“ Wir haben keine Ahnung und hoffen auf die Ehrlichkeit der Mitreisenden, lassen unser Gepäck liegen und begeben uns auf das Oberdeck. Vierzig Minuten dauert die Schiffsreise über den Fehmarnbelt hinüber ins dänische Lolland. Man kann in einem kleinen Supermarkt einkaufen oder in der Cafeteria essen gehen, aber wir stehen lieber an der Reling, werden vom Wind durchgepustet und beobachten das ruhige, graue Wasser der Ostsee und die Möwen, die über dem Schiff fast ohne Flügelschlag schweben. Vielleicht sind sie die Namensgeber dieses Streckenabschnittes, der heißt nämlich „Vogelfluglinie“. Meine Fahrkarte gilt bis „Puttgarden – Mitte See“. Hier muss dann wohl auch die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark sein. „Wird man jetzt versenkt, wenn man keine Anschlussfahrkarte hat?“ frage ich Werner. Der zuckt die Schultern: „Aber du hast doch die Scanrailkarte! Außerdem wird hier ja gar nicht kontrolliert.“ Recht hat er, auf dem Schiff gibt es keinen Kontrolleur. „Wir sollten wieder in unseren Zug steigen!“ meine ich schließlich, als wir uns der Anlegestelle nähern. Wir nehmen unsere Plätze wieder ein, die Fähre legt in Rödby an und unser Eurocity verlässt sie ohne jede Vorwarnung als erstes Fahrzeug. Gut dass wir wieder drin sitzen! Wir halten kurz am Bahnhof von Rödby, dann geht die Fahrt direkt nach Kopenhagen.

      Dort heißt es Umsteigen, aber wir haben Zeit und sehen uns erst einmal die Bahnhofshalle an. Das Dach besteht aus einer filigranen roten Holzstruktur, von der Kronleuchter hängen, die Wände sind aus rotem Backstein und Treppen führen nach unten zu den Bahnsteigen. An einer zeigt ein großer Bildschirm an: „Spor 26 Stockholm“, somit wissen wir schon einmal, wo es weitergeht. Wir verlassen das Gebäude und gucken uns draußen um. Der Bahnhof wirkt burgähnlich, es gibt den üblichen Parkplatz für Autos und daneben noch einen Abstellplatz für Fahrräder, und die sind in zwei Ebenen übereinander angebracht. Hier wird offenbar mehr Rad gefahren als bei uns! Gibt es am Hamburger Hauptbahnhof überhaupt einen Fahrradständer, frage ich mich Aber wir müssen wieder zurück, es soll ja noch weiter gehen! Wir bummeln zu unserer Treppe und sehen noch einmal genauer auf die Schilder: Da gibt es eines für Spor 5, eines für Spor 6, und dazwischen eines mit Ziel Stockholm und der Spor 26. Was soll das denn heißen? Wir gehen die Treppe hinunter, kein Zug ist weit und breit zu sehen. Nur ein Pfeil mit der Zahl 26! „Wo fährt denn unser Zug? Das verstehe ich nicht!“ rätselt Werner. Wir sind ganz allein. Ich weise auf den Pfeil. „Nach hinten!“ sage ich, und so hasten wir den Bahnsteig entlang bis zum Ende, von bummeln kann keine Rede mehr sein. Wir finden einen Fahrstuhl nach oben, davor steht ein uniformierter Beamter. „Geht es hier nach Stockholm?“ frage ich. Er nickt und zeigt auf die Fahrstuhltür: „Fahren Sie damit hoch und dann den Weg entlang!“ „Wer soll das denn finden?“ schimpft Werner. „Was glauben Sie, warum ich hier stehe!“ erwidert der Beamte. Wir fahren hoch und finden uns auf einem schmalen Brettersteg wieder, der über die Gleise führt. Nur ein paar Meter Luftlinie entfernt von uns brandet der Verkehr auf einer Hauptstraße, die Bahnhofshalle ist weit hinten. Die Zeit wird knapp, wo zum Teufel soll es hier nach Schweden gehen? Oder taucht gleich der Zauberzug nach Hogwarts auf? Im Spurt bringen wir den Holzsteg hinter uns, am Ende macht er eine Biegung und eine Treppe führt wieder nach unten: Da steht der silberne X2000 nach Stockholm! Offenbar sind wir die Letzten, nichts wie hinein mit uns!

      Der Zug ist angenehm leer und wir belegen jeweils zwei Sitze mit einem Tisch zwischen den Reihen. Kaum haben wir unser Gepäck verstaut, geht die Fahrt auch schon los. „So eine Hektik!“ schimpfe ich, „wir hatten eigentlich Zeit genug, und jetzt haben wir es gerade noch geschafft!“ Ich lasse mich in mein Polster fallen und ringe noch nach Atem. Und dann erscheint Schweden: Eine junge Schaffnerin in weißer Bluse und blauem Rock kommt, sie ist hellblond und hat zwei lange Zöpfe, die ihr über den Rücken hängen,. „Das ist Pippi Langstrumpf!“ flüstert Werner mir zu. „Die hatte zwar rote Haare und komische Ringelstrümpfe an, aber sonst hast du recht!“ erwidere ich. Wir fühlen uns schon angekommen in Schweden. „Unsere“ Pippi kontrolliert nicht nur die Fahrkarten, sie bietet auch Kaffee und Tee, im Preis inklusive, an. Am Wageneingang stehen eine Obstschale und ein Teller mit kleinen Schokoladetäfelchen zur freien Bedienung. So lässt es sich reisen, wir sind wieder versöhnt. Es bleibt kaum Zeit zum Verschnaufen, denn jetzt müssen wir aus dem Fenster gucken: Gleich hinter Kopenhagen überqueren wir auf der acht Kilometer langen Öresundbrücke die Ostsee, um auf der anderen Seite ins schwedische Malmö zu gelangen. Die Brückenfahrt ist aber eine Enttäuschung: Oben befindet sich die Autobahn, die Schienen hängen in einer Art Trog darunter, der nur gelegentlich einen Blick auf das Wasser frei gibt. Man fährt wie in einem Tunnel und bemerkt weder die Autobahn über einem noch den langgestreckten, eleganten Bogen, mit dem die Brücke das Meer quert. Von Malmö aus fahren wir in nordöstlicher Richtung quer durch Südschweden. Die Landschaft ist grün, hügelig und bewaldet, es tauchen immer wieder große und kleine Seen auf. Der X2000 ist ein Neigezug, in Kurven schwingen die Wagen zur Seite. Das geht aber ganz unmerklich, ich registriere es nur, wenn ich mich wirklich konzentriere und meinen Blick durchs Fenster auf den Horizont fixiere. Dann passiert es, dass sich Baumgipfel plötzlich nach oben oder unten verschieben.

      Wir nähern uns allmählich der schwedischen Hauptstadt Stockholm, unserem ersten Übernachtungsziel. Die Hotels in der Innenstadt sind ziemlich teuer, und so fand ich im Internet ein kleines Haus, das einige Kilometer vom Zentrum, aber nicht weit von einer Metrostation liegt. Aber wie kommt man da hin? Ich studiere meine Unterlagen. Gilt unsere Scanrailkarte auch für die Metro? Grundsätzlich ist sie für alle Züge in Skandinavien gültig, Ermäßigungen gibt es für alle möglichen Fähren und Buslinien, und dann finde ich im Kleingedruckten den Satz, sie gelte auch für „Züge, die von örtlichen Verkehrsgesellschaften in Schweden betrieben werden (mit Ausnahme von Stockholms örtlicher Verkehrsgesellschaft SL).“ „Fragen wir mal!“ meint Werner, und spricht unsere Schaffnerin an. Aber sie kommt nicht aus Stockholm und weiß es nicht. Ein Mitreisender mischt sich ein und liest sich den mehrsprachigen Text durch. Gehört die Metro zur Gesellschaft SL? Das ist doch wohl die Frage. Er kann sie auch nicht beantworten. Wir erreichen Stockholm Centralen und begeben uns in den Tunnel hinunter zur Metro. Ich würde ja kommentarlos eine Fahrkarte kaufen, aber nicht so Werner. Er präsentiert die Scanrailkarte. Ratlosigkeit, mehrere Bahnbeamte diskutieren, schließlich entscheiden sie, das Ticket sei hier nicht gültig. Also bezahlen wir doch. Über lange Rolltreppen erreichen wir den Bahnsteig. Der sieht aus wie direkt aus dem Fels gemeißelt, und der Fels ist bemalt – ein richtiges Kunstwerk! Am Ende der Rolltreppe steht ein mannshoher Bronzepinguin. „Hallo! Der Norden lässt grüßen!“ Ein paar Stationen legen wir in einer modernen U-Bahn zurück, dann steigen wir wieder aus und ich studiere einen kleinen Stadtplan, den ich mir aus dem Internet gedruckt hatte. „Rechts rum!“ kommandiere ich. Wir wandern mit unserem Gepäck eine Straße an Wohnhäusern entlang, aber das Hotel kommt nicht in Sicht. „Das sollte achthundert Meter von der Metrostation entfernt sein“, meine ich, „aber die haben wir doch längst hinter uns.“ Ich gucke auf ein Straßenschild, dann auf meinen Plan: „Das ist die richtige Straße!“ Wir erreichen eine riesige Querstraße auf zwei Ebenen, vor uns eine mit einem Zaun in der Mitte und darüber auf Betonstelzen eine weitere. Und nun? „Ich sehe nur eine Möglichkeit“, meine ich, „das Hotel muss da drüben auf der anderen Seite sein.“ Wir finden eine Unterführung, aber drüben geht unsere Straße nicht weiter. „Du machst aber Sachen mit mir!“ Werner verliert eindeutig die Lust. „Sind

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