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Instagram und Körperbild. Carolin Krämer
Читать онлайн.Название Instagram und Körperbild
Год выпуска 0
isbn 9783742777683
Автор произведения Carolin Krämer
Жанр Социология
Издательство Bookwire
Trotz zunehmender Beliebtheit mangelt es vor dem Hintergrund jugendlicher Identitätsbildung und Mediensozialisation an Forschungsergebnissen zur Nutzung und Wirkung des sozialen Netzwerks Instagram. Im Kontext des Sport- und Fitnesstrends wurde folgende Forschungsfrage gestellt: Welche Wirkung hat die Nutzung von Fitnessinhalten auf Instagram auf das Körperbild der NutzerInnen? Aufbauend auf der Theorie sozialer Vergleiche (Festinger 1954) wurde ein Forschungsmodell entwickelt und mittels quantitativer Onlinebefragung geprüft (n = 901). Hypothesenkonform hängt eine hohe Instagram-Nutzung mit einem negativen Köperbild zusammen (r = -.12). Soziale Vergleichsprozesse sowie wahrgenommener Druck durch Instagram erwiesen sich dabei als Mediatoren. In einer multiplen Regression bestimmten Selbstwertgefühl (.38), Diäthalten (-.31), Intensität des wahrgenommenen Drucks (-.19), Häufigkeit sozialer Vergleiche (-.13) und Nutzungsintensität von Fitnessinhalten (-.07) das Körperbild (R2 = .49). Empfehlungen für künftige Studien liegen u. a. in der Umsetzung inhaltsanalytischer Designs oder der Erforschung sozialer Vergleichsmotive auf Instagram.
1. Relevanz der Arbeit
Das Internet hat im Lebensalltag der Deutschen inzwischen einen festen Platz eingenommen. Knapp 80 Prozent geben laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2014 an, zumindest gelegentlich online zu sein, bei den 14- bis 29-Jährigen sind es sogar 99 Prozent1 (vgl. van Eimeren & Frees 2014: 378). Diese bilden die nutzungsintensivste Gruppe unter den Onlinern: Bezogen auf die gestrige Nutzung (93 Prozent2), die Verweildauer (248 Min/Tag3) sowie die Unterwegsnutzung (75 Prozent4) führen sie unverändert die ARD/ZDF-Onlinestudie 2014 an (vgl. van Eimeren & Frees 2014: 380-385).
Den Medien kommt im Zeitalter einer massenmedialen Kultur ein hoher Stellenwert bei der Ausformulierung und Präsentation von Identität zu (vgl. Wegener 2010: 55). Die in der sozialen Realität und mit den Medien gemachten Erfahrungen der Jugendlichen werden immer wieder durch neue Erfahrungen mit Medien und Freunden revidiert und erweitert, sodass sich die Identitätsbildung im Sozialisationsprozess als dynamischer Prozess vollzieht (vgl. Mikos et al. 2007: 14).
Die besondere Relevanz des Internets in Bezug auf die Identitätsbildung liegt darin, dass es „neben den rezeptiven Funktionen ‚traditioneller’ Medien wie Unterhaltung, Information und Identifikation (inter)aktive Nutzungsweisen zulässt: hier können reale Interaktionen und Kommunikationen stattfinden [...] und man kann sich selbst mittels eigener Medienerzeugnisse“ öffentlich präsentieren (Misoch 2007: 165).
Zu den meistgenutzten Funktionen bzw. Anwendungen im Internet gehören seit Jahren die Suche nach Information, das Nutzen von Suchmaschinen sowie das Senden und Empfangen von E-Mails (vgl. van Eimeren & Frees 2014: 386). Die höchsten Zuwachsraten genutzter Anwendungen zeigten sich in den letzten Jahren u. a. bei Onlinecommunities, wobei deren Nutzung 2014 erstmals leicht rückläufig war (vgl. ebd.). Andere Kommunikationsdienste, bspw. Fotocommunities wie Instagram, scheinen gleichzeitig an Attraktivität zu gewinnen (vgl. ebd.). Diese konnten laut ARD/ZDF-Onlinestudie eine wöchentliche Nutzung von 19 Prozent5 der 14- bis 29-Jährigen verzeichnen (vgl. ebd.). Insgesamt stellen 85 Prozent der SmartphonenutzerInnen dieser Altersgruppe ihre Bilder in soziale Netzwerke (vgl. bitkom.org 2015: o. S.).
Laut GlobalWebIndex Social, einer vierteljährlich durchgeführten internationalen Studie zur Nutzung sozialer Netzwerke, hat Facebook zwar noch immer die meisten Mitglieder und aktiven NutzerInnen, ist zugleich aber das einzige große Netzwerk, welches im letzten Jahr Verluste in der aktiven Nutzung (minus 9 Prozent) erfahren musste (vgl. 2015: 4). Instagram zeigte diesbezüglich hingegen einen Anstieg von 46 Prozent und zählt damit neben Pinterest und Tumblr zu den drei am stärksten wachsenden sozialen Netzwerken (vgl. ebd.). Gemäß Social Media-Analytics-Anbieter quintly ist die Interaktionsrate auf Instagram bis zu zehnmal höher als auf Facebook (vgl. quintly.com 2015: o. S.). Unter Jugendlichen gilt Instagram nach YouTube als die „coolste“ Anwendung (GlobalWebIndex Social 2015: 5). Im Oktober 2015 wurde Instagram fünf Jahre alt und hat nach eigenen Angaben weltweit über 400 Mio. NutzerInnen, die pro Tag durchschnittlich 80 Mio. Bilder hochladen (vgl. blog.instagram.com 2015: o. S.).
Wenn man betrachtet, welche Bilder dabei besonders beliebt sind, stößt man schnell auf Fitness- und Sportinhalte. In den sozialen Medien ist eine Fülle von gesundheits- und fitnessbezogenen Inhalten für Jugendliche verfügbar, die sich großer Beliebtheit erfreuen und vielfältig und interaktiv genutzt werden (vgl. Carrotte et al. 2015: o. S.). Die Ergebnisse von Carrotte et al. (vgl. 2015: o. S.) belegen, dass die Nutzung dieser Inhalte in den sozialen Medien unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen ganz alltäglich ist: 38 Prozent der 15- bis 29-Jährigen folgen bzw. liken gesundheits- und fitnessbezogene Inhalte auf Facebook, Instagram oder Twitter, wobei „Fitspiration“, Diät- und Fitnesspläne sowie „Detox“- bzw. Entgiftungskuren zu den beliebtesten Inhaltstypen zählen (vgl. ebd.). Welche Wirkung die Nutzung dieser Inhalte auf die Rezipienten und besonders auf deren Körperzufriedenheit und Ernährungsweisen hat, muss hingegen erst noch erforscht werden (vgl. Boepple & Thompson 2016: 100).
An dieser Stelle knüpft die vorliegende Untersuchung an. Sie wirft eine Frage auf, die bis dato mehr als einhundert Studien hervorbrachte (vgl. Grabe et al. 2008: 460), nämlich die nach der Wirkung der Medien auf das Körperbild ihrer Rezipienten. Der Forschungsfokus lag dabei bislang hauptsächlich auf Fernsehen und Zeitschriften (vgl. Bair et al. 2012: 398). Die Wirkung Neuer Medien6 auf das Körperbild bedarf hingegen noch grundlegender Klärung (vgl. López-Guimerà 2010: 409). Vor allem auf stark frequentierten Internetseiten müssen Angebote, Rezeption und Aneignung von Körperbildern laut Hoffmann (vgl. 2010: 352-355) empirisch untersucht werden. Vor dem Hintergrund der Ubiquität der Onlinemedien, besonders in der jungen Zielgruppe, erscheint es dabei umso relevanter, deren Wirkung auf das Körperbild am Beispiel des beliebten sozialen Netzwerks Instagram zu untersuchen. Denn trotz der Tatsache, dass Instagram die populärste Foto-App ist, hat sie von der Forschungsgemeinschaft bislang relativ wenig Aufmerksamkeit erhalten (vgl. Hu et al. 2014: 1). Ziel vorliegender Arbeit ist es deshalb, herauszufinden, welche Wirkung die Nutzung von Fitnessinhalten auf das Körperbild der NutzerInnen von Instagram hat. Deshalb lautet die der vorliegenden Arbeit zugrundeliegende Forschungsfrage,
Welche Wirkung hat die Nutzung von Fitnessinhalten auf Instagram auf das Körperbild der NutzerInnen?
Um zu verstehen, welche Bedeutung Anwendungen wie Instagram für junge Menschen haben und warum Medien besonders im Jugendalter eine wichtige Rolle spielen, wird im folgenden Abschnitt ein Fokus auf den Bereich Mediensozialisation und Identität gelegt (s. Abschnitt 2.1). Darauf folgen eine Charakterisierung sozialer Netzwerke (s. Abschnitt 2.2) und eine Darlegung der Funktionen, Besonderheiten und bisherigen wissenchaftlichen Befunde hinsichtlich Instagram (s. Abschnitt 2.3). Im nächsten Schritt wird der Begriff Fitness definiert (s. Abschnitt 2.4), bevor das Konstrukt Körperbild vor seinem theoretischen Hintergrund und Forschungsstand erläutert wird (s. Abschnitt 2.5). Dabei wird zunächst auf das gesellschaftliche Körperbild und eine Definition des Begriffs eingegangen. Im darauffolgenden Abschnitt wird die Theorie sozialer Vergleichsprozesse betrachtet (s. Abschnitt 2.6), bevor die Aspekte medialer Druck (s. Abschnitt 2.7), Sport- und Fitnessmedien (s. Abschnitt 2.8), Diäthalten (s. Abschnitt 2.9) und Selbstwertgefühl (s. Abschnitt 2.10) fokussiert werden. Zudem werden weitere theoretische