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eine Zeitreise in seine Vergangenheit unternommen hatte. Um 12 Uhr Mittags stieg ich in mein Auto ohne zu ahnen, was mich erwartete oder was passieren würde und ohne sein Wissen, dass ich auf dem Weg zu ihm war. Zwei Stunden später ließ ich ihm dann eine Nachricht zukommen, dass ich unterwegs zu ihm war. Er schrieb zurück, dass er mir erst einmal viel Spaß in Berlin wünschte. Ich war verwirrt und teilte ihm mit, dass ich früher als geplant direkt zu ihm kommen würde und zwar ohne Umwege. Er versuchte mich anzurufen. Da ich jedoch mit fahren beschäftigt war und sich weit und breit keine Raststätte zeigte, konnte ich nicht annehmen. Zweiter Anruf. Ich fluchte innerlich. Nach einigen weiteren Kilometern bot sich dann endlich eine Möglichkeit anzuhalten und ich rief ihn sofort zurück. Er freute sich mich zu hören und nach einer kurzen Schilderung meiner Pläne war er zwar überrascht über meinen spontanen Besuch, lud mich jedoch auch herzlich ein zu kommen. Er würde da sein.

      Nun konnte ich mich vollends entspannen und mich einfach nur noch der Freude hingeben ihn wiederzusehen. Außerdem war ich neugierig auf diesen Ort und seine Umgebung, die ich zuvor noch nicht kennengelernt hatte. Am frühen Abend traf ich dann ein in dieser unbekannten Stadt und fand recht zügig Dank des Navigationsgerätes zu dem Haus, in dem er wohnte. Es hatte eine blaue Außenfassade und ich parkte unmittelbar vor der Haustüre. Ich fühlte die Aufregung in mir aufsteigen, denn unser Zusammentreffen stand kurz bevor und ich hatte keine Ahnung, wie es werden würde. Plötzlich wurde ein Fenster im Erdgeschoss geöffnet und er blickte mir entgegen, begrüßte mich freudig mit einem „Hallo“ und bat mich einen Augenblick zu warten, da er soeben aus der Dusche gesprungen war und sich noch etwas überwerfen wollte. Ich nahm meine Tasche aus dem Kofferraum und betrat das Haus, da er mir schon einmal aufgedrückt hatte. Die Wohnungstür war geöffnet und er stand dort im Flur. Wir strahlten uns gegenseitig an und waren doch auch etwas befangen wegen der surrealen Situation. Dann umarmten wir uns.

      Sechs Tage sollte meine Reise dauern. Sechs Tage voller neuer Erlebnisse, gemeinsamer Stunden und Stunden mit mir alleine. Sechs Tage voller Emotionen jeglicher Art. Von traurig bis himmelhoch jauchzend. Sechs Tage voller Liebe, die sich veränderte. Der Wunsch nach einer romantischen Liebesbeziehung wich der Realität und wandelte sich in eine freundschaftliche Liebe. Es sollte jedoch noch einige Wochen dauern bis ich letztendlich verstand was alles passiert war und loslassen konnte.

      Diese Reise wurde zu einem Abenteuer, so wie ich es mir für mein Leben wünschte. Ich bewegte mich mit offenem Herzen und voller Neugier in der neuen Umgebung und entdeckte so viel wundervolles. Ich fühlte mich glücklich dort, verbrachte einige Zeit alleine auf Entdeckungsreise, lernte dabei neue Menschen kennen, mit denen ich liebenswerte, herzliche Momente erlebte und teilte meine Erlebnisse mit ihm jeden Tag in langen Gesprächen. Besonders freute ich mich darüber, dass er mir sein Leben dort nahe brachte, mir wunderschöne Landschaften zeigte und mich Menschen vorstellte, die ihm sehr viel bedeuten. Wir waren aufrichtig zueinander und er zeigte viel Verständnis für meine Gefühle und ließ mir die Zeit und den Raum, mir Klarheit über mich zu verschaffen und die traurigen Momente los zu werden. Wir verbrachten viele Stunden miteinander, in denen wir einfach redeten. Offen und ehrlich. Und wir lernten so den anderen besser kennen und schätzten die gemeinsame Zeit. Eine Geschichte aus diesen Tagen liegt mir sehr am Herzen, weshalb ich sie hier erzähle.

      Es war der Tag meiner Abreise und wir hatten uns mit seinem Großvater, der schon auf 90 Lebensjahre zurückblickte, zum Mittagessen um 12 Uhr in einem Gasthof verabredet. Der Großvater freute sich über meine Anwesenheit. Wir hatten uns schon einen Tag zuvor bei ihm zu Hause kennengelernt, wo er mir aus Freude über meinen Besuch ein Glas Wein anbot, mir Geschichten aus seinem Leben erzählte und mir ein Lied vorsang, was mich sehr berührt hatte. So freute auch ich mich ihn wiederzusehen.

      Der Gasthof wurde seit über drei Jahrzehnten von dem Wirt betrieben, der uns sehr herzlich begrüßte und allen wohlbekannt war. Er setzte sich kurz zu uns für einen kleinen Plausch und ich konnte die Liebe zu seiner Berufung spüren, die sich in jeder Ecke des Gasthofes widerspiegelte, bis in die Küche, wo uns der Koch mit einfachen, kulinarischen Köstlichkeiten verzauberte. Doch zuvor bekamen wir noch weiteren Besuch. Ein befreundetes Ehepaar des Großvaters gesellte sich an unseren Tisch, denn von Zeit zu Zeit waren sie dort auch mit ihm verabredet. Sie war 94 Jahre alt und er zählte 93 Lebensjahre. Über 360 Lebensjahre waren dort am Tisch nun versammelt und erzählten Anekdoten aus ihrem reichhaltigen Leben. Wir lachten und hatten Freude daran den anderen zuzuhören. Dann kam der Moment, in dem ich gefragt wurde, wann ich wieder abreisen würde. Alle Augen waren auf mich gerichtet und nachdem ich mitgeteilt hatte, dass dies meine Abreisetag sei, herrschte für einen Augenblick absolute Stille gefolgt von der fassungslos klingenden Bemerkung aus allen Mündern gleichzeitig: „Heute schon?!“. Besonders er sah mich mit erschrockenem Gesichtsausdruck an. Ich war berührt von dieser spontanen Gefühlsäußerung, die zum Ausdruck brachte mit welcher Herzlichkeit ich dort aufgenommen wurde. Ich fühlte, dass die Liebe, die ich in jeden Moment hinein gegeben hatte, den wir gemeinsam verbrachten, nun zurück kam. So beruhigte ich alle mit den Worten, dass ich meine Rückreise auf den späten Abend oder die Nacht verlegen würde, so dass noch viele Stunden vor uns lagen. Er und ich verabschiedeten uns nach dem Essen von den drei betagten Herrschaften und begannen die letzten gemeinsamen Stunden.

      Es wurde ein fantastischer Tag. Die Sonne schenkte uns viel Wärme, ich lernte Freunde von ihm kennen, mit denen wir den Nachmittag am See verbrachten und wir teilten glückliche Momente miteinander. Es war sehr viel Spaß dabei und doch spürte ich langsam, dass die Zeit gekommen war zu gehen. Ich wollte in mein eigenes Leben zurückkehren. Am Abend saßen wir dann ein letztes Mal gemeinsam in seiner Küche und redeten über die vergangenen Tage. Das Gespräch war schön und voller Anerkennung füreinander und doch schwang bereits der Abschied mit, der uns etwas befangen machte.

      Dann war er da. Der Moment. Er hatte mich noch zur Tankstelle begleitet und fuhr mit mir kurz um die Ecke, wo ich am Straßenrand halt machen konnte. Ich stieg aus und schritt ihm entgegen, denn er war auch schon aus dem Wagen gesprungen. Wir sahen uns an und umarmten uns dann wortlos, fest und innig. Ich fühlte wie seine und meine Emotionen hoch gespült wurden, uns regelrecht die Sprache verschlugen. Kurz lösten wir uns, um uns nochmals zu umarmen. Dann bedankte er sich voller Rührung bei mir für den Besuch, weil ich soviel positive Energie dorthin gebracht hätte, die er und die Menschen gespürt haben. Es war ein Moment voller Dankbarkeit und Liebe. Ohne Verlangen und bedingungslos.

      Doch das „Verliebt sein“ sollte mich noch ein Stück des Weges begleiten, der Rausch, der auch mein Ohr nicht in Ruhe ließ.

      Auf dem Rückweg nach Düsseldorf hielt ich nur einmal an, um zu tanken und um ihm eine Nachricht zukommen zu lassen. Ich schrieb ihm, was ich zuvor bei der Verabschiedung nicht sagen konnte, weil ich erst diesen Abstand brauchte und mir auch vorher der Mut fehlte. Die Nachricht lautete: „Ich liebe Dich. Bedingungslos.“ Und in diesem Moment fühlte ich es genau so. Ich fühlte mich frei und glücklich. Hatte ich doch zum ersten Mal für mich bewusst bedingungslose Liebe erfahren, auch wenn es nur ein Moment lang dauerte und ich noch weitere Geschichten erleben würde, die mich lehrten, was es bedeutet dies auch zu leben. Denn ich war noch lange nicht soweit alles zu verstehen. Aber vor allem war ich dankbar dafür, dass ich dies mit diesem Mann erleben durfte, der heute noch ein gern gesehener Freund und ein liebenswerter, toller Mensch ist. Diese Geschichte sollte dann auch für mich der Beweggrund sein, mich mit dem Thema „Liebe“ theoretisch so intensiv auseinanderzusetzen, wie ich es in diesem Umfang in meinem Leben noch nie getan hatte. Im Rückblick war es ein Meilenstein, der für meine persönliche Entwicklung von großer Bedeutung war.

      Zurück in Düsseldorf erwartete mich meine Freundin Nina, die zu diesem Zeitpunkt gerade Besuch aus Hamburg bekommen hatte. Branco kannte ich bisher nur über gemeinsame Telefonate, den Erzählungen von Nina und regelmäßigen Chat-Nachrichten in der virtuellen Welt. Was ich damals noch nicht ahnte, dass er der Auslöser für das Projekt „Das Büro der Liebe“ war. Doch dazu später mehr.

      Zunächst wollte ich mit den beiden Zeit verbringen, um mit ihnen auch meine Erlebnisse zu teilen. Ich freute mich sehr über die erste Begegnung mit Branco in der realen Welt, diesen wunderbar verrückten Menschen, der für jeden Spaß zu haben war und auch immer ein offenes Ohr hatte für die tiefsinnigen Dinge des Lebens. So manche Lebensgeschichte hatten wir uns schon erzählt und uns ausgetauscht

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