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weicheres, wenn man so will feminineres Gottesbild durch. So wird Gott auch als „Weisheit“ (weiblich) beschrieben, oder als gütiger, barmherziger Gott. Das Hohelied sieht Gott sogar als Liebhaber(in) des Glaubenden, und das nicht nur in geistlicher sondern in ganz und gar körperlicher, erotischer Ausdrucksweise.

      Nicht zuletzt diese Unterschiede in den Gottesbildern innerhalb der Bibel sollten als Warnung gesehen werden, einzelne Gottesvorstellungen der Bibel nicht allzu wörtlich zu nehmen. Es sind alles Berichte über sehr persönliche Erlebnisse. Würde man zehn verschiedene Urlauber an einem beliebigen Flughafen nach ihrer Rückkehr bitten, von ihren Urlaubserlebnissen zu berichten, die Berichte könnten kaum unterschiedlicher sein. Selbst wenn alle das gleiche Reiseziel hatten, sie vielleicht sogar zu einer gemeinsamen Reisegruppe gehörten – die einen werden insbesondere das warme Wetter genossen haben, die nächsten hatten dagegen vielleicht etwas höhere Wassertemperaturen erhofft. Hier wird das Essen gelobt, dort die Sauberkeit der Zimmer kritisiert. Die einen hatten eine Woche lang Probleme mit der Verdauung, andere haben regelmäßig die Nacht zum Tage gemacht und gefeiert. Es wird vielleicht sogar unterschiedliche Berichte ein uns desselben Erlebnisses geben, wie einem besonders schönen Sonnenuntergang oder einem Ausflug in die Berge. Jeder und jede von uns macht seine eigenen, individuellen Erfahrungen, die geprägt sind von früheren Erlebnissen, von Erwartungen und dem persönlichen Befinden im Moment des Erlebten. Es können niemals zwei Menschen das exakt das gleiche Erlebnis haben, sie werden sich immer unterscheiden in ihrer Situation, ihrer Perspektive, ihrer Erwartungshaltung, ihrer Offenheit für das Erlebnis.

      Eigentlich sollte dies die grundlegende Überschrift über alles religiöse Reden und Nachdenken sein, doch fast alle Religionen propagieren explizit oder implizit das Gegenteil. Begegnung mit Gott, sein Erscheinen und Wirken am Einzelnen wird in allgemeinen Bildern und Vorstellungen konkretisiert, die für alle als Vorbild gelten sollen. Der Islam als Beispiel kennt einhundert unterschiedliche Namen (und damit Wesenseigenschaften) Gottes. Als Moslem hat man also durchaus eine vielfältige Auswahl in welcher Form Gott einem begegnen kann. Aber es ist letztlich doch eine begrenzte Auswahl: 100. Wer seine Gotteserfahrung nicht in eine dieser einhundert Kategorien sortieren kann, wer Gott nicht als ein Gegenüber erfährt, das sich genau so zeigt wie in einer dieser einhundert Kategorien, der ist suspekt. In christlichem Verständnis ist dies um ein Vielfaches vereinfacht: Gott hat drei Gesichter, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Erfährt man Gott als den Schöpfer und Erhalter, so sieht man in ihm den Vater. Sieht man in Gott eher das menschliche Vorbild, ein Leitbild für das eigene Leben, so sieht man in ihm den Sohn. Fühlt man Gott eher als freundschaftlichen Begleiter an seiner Seite, als Kraftquelle oder als eine undefinierbare Macht, so zeigt sich Gott als der Heilige Geist. Mehr geht nicht, denn nach langen theologischen Diskussionen wurde im Jahre 381 festgelegt, dass Gott eben in diesen drei Gestalten erkennbar sei. Wie sich diese Kategorisierung auf die komplexe und individuelle Erfahrung eines spirituellen Menschen anwenden lassen soll, ist eine Frage, welche die Kirche bis heute nicht klar beantworten kann. Kein Wunder – wie sollte es auf die Frage, wie man mithilfe eines fest definierten Dreiecks alle möglichen Punkte eines Kreises oder gar einer mehrdimensionalen Form nachzeichnen kann, eine schlüssige Antwort geben. Spiritualität erlaubt keine Vereinfachung, denn sie ist so komplex wie der Mensch, welcher sie erlebt und empfindet. Selbst die Bezeichnung „Gott“ oder „Götter“ ist genau genommen schon eine Konkretisierung, die dem religiösen Empfinden vieler Menschen widerstrebt. Und damit sind wir wieder am Anfang des Kapitels: Jede religiöse Bezeichnung, jede Konkretisierung hat ihre eigene Geschichte, sie löst etwas in uns aus, sie hat durch ihre Geschichte ihr „Päckchen“, das uns ansprechen oder abstoßen kann. Der Begriff „Gott“ hat für viele Menschen heutzutage ein negatives Päckchen, denn er wurde von der Kirche in einem monopolartigen Wahrheitsanspruch mit so konkreten Bildern, Formen und Regeln verknüpft, dass eine völlig wertfreie und unvorbelastete Begegnung mit dem Begriff „Gott“ unmöglich ist. Gott, das ist der, welcher im Alten Testament eine ganze Armee im Meer versenkte, um ein kleines Sklavenvolk zu retten. Gott ist der, welcher die einen vom Tod erweckt und andere mit Krankheiten straft. Er ist der, in dessen Namen immer wieder aufs Neue ein Hass gegen alles Jüdische gepredigt wurde. Er ist der, unter dessen Schirmherrschaft Kreuzzüge, Hexenverbrennung, Inquisition und Bauernunterdrückung stattgefunden hat. Gott ist der, welcher angeblich einen Papst als seinen Stellvertreter ernannt hat, der noch im 21. Jahrhundert die Pille, das Kondom und jegliche Art von Sexualität verdammt, sofern sie nicht der Fortpflanzung dient. Gott, das ist einer, dessen Barmherzigkeit unbarmherzig und dessen Allmacht Wahnsinn sein kann, denn er ist derjenige, der all das Leid und die Ungerechtigkeit auf dieser Welt geschehen lässt, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Und seine Kirche? Sie predigt Demut und Ausharren im Leid, anstatt dass sie auf den Tisch haut und ihren lieben Gott mal fragt, was er sich denn dabei gedacht hat, dass die Armen immer ärmer werden, die Alten und Kranken alleingelassen sind und wir selbst in Zeiten größter Not von ihm nichts als die kalte Schulter erfahren. Der Gott, dessen Bild uns seit zweitausend Jahren vor Augen gemalt wird, er ist kein bester Freund, kein Helfer in der Not, schon gar kein Partner im Sinne einer liebevollen Beziehung. Wer sich eine Beziehung zu diesem Gott aufbauen will, der muss erst einmal den Schrott von Jahrhunderten wegräumen und sich von Denkvorstellungen befreien, die tief in uns eingebrannt sind. Die Bibel kann dafür ein Hilfsmittel sein, denn sie beinhaltet erfrischend schöne und geradezu sinnliche Beschreibungen von Gott und der Beziehung zu ihm/ihr (z.B. in Jesaja 40ff oder in etlichen Psalmen). Alle biblische Worte und Berichte sind aber mit Vorstellungen und theologischen Interpretationen verknüpft, die allzu schnell wieder die schwierigen Gottesbilder beschwören, von denen man sich eigentlich mithilfe der biblischen Texte lösen möchte. Für den Anfang ist es daher sicherlich eher ratsam, die Beziehung zu Gott oder der spirituellen Macht, der man sich anvertrauen möchte, ganz losgelöst von Bildern, Vorstellungen, Beschreibungen oder konkreten Kategorien zu beginnen. Der einfachste und vielleicht beste Weg zu einer Liebesbeziehung mit Gott ist, mit sich selbst zu beginnen. Liebe dich selbst, dann bist du Gott schon ganz nahe.

      Man sagt, zwei Mönche hätten sich eines Tages nicht mehr mit ihrem klösterlichen Leben zufrieden gegeben, sondern wollten Gott noch näher sein, sie wollten ihm von Angesicht zu Angesicht begegnen. So zogen sie aus und suchten den Ort, an dem dies möglich sei. Sie kamen von hier nach dort, erfuhren von Menschen auf dem Weg, dass es irgendwo eine Tür gäbe, hinter der sich diese Sehnsucht erfüllen würde – doch sie konnten diese Tür nicht finden. Nach vielen Jahren und einer endlosen Reise erreichten sie schließlich alt und erschöpft die Türe. Doch als sie durch die Tür eintraten, standen sie in ihrer Klosterzelle, von der aus sie einst aufgebrochen waren.

      Man kann Gott nicht an dem einen Ort finden oder auf diese eine spezielle Weise. Er ist uns nicht in Gottesdiensten besonders nah oder wenn wir uns auf eine Pilgerreise begeben. Um Gott nahe kommen zu können, muss man keine spirituelle Reise antreten, um von allen Religionen dieser Welt das beste herauszulesen und sich daraus die perfekte Spiritualität aufzubauen. Um Gott begegnen zu können, müssen wir nur in unsere eigene Klosterzelle einkehren, also in uns selbst. An dem Ort, wo wir es vielleicht am wenigsten erwarten, in uns, in unserem Herzen, da können wir Gott näher sein als sonst irgendwo. Denn die Begegnung mit Gott ist nichts anderes als das Eingehen dieser Liebesbeziehung, die mit mir selbst anfängt. Wenn ich meine kleine, dunkle Klosterzelle als den kostbarsten Ort der Welt betrachte, wenn ich also mich selbst, mein Leben, mein Wesen und alles was mich ausmacht als liebevollen, kostbaren, einzigartigen Menschen wertschätzen kann, dann wächst in mir selbst eine Liebe zu diesem Wesen, die identisch ist mit der Liebe zu Gott. Wer sich selbst nahe ist, wer in den Spiegel sieht und trotz aller körperlicher und seelischer Mängel und Macken ein liebenswertes Wesen darin sieht, der ist bereits mitten drin in dieser Liebesbeziehung zu sich selbst – und zu Gott. Denn Gott ist nicht eine Macht irgendwo draußen im Universum, zu der man irgendwie eine Verbindung aufbauen müsste; Gott ist dort, wo Liebe ist. Oder, in den Worten der Bibel: Gott ist Liebe. Überall dort, wo Liebe ist, da ist Gott. Damit wird Gott kein persönliches Gegenüber mehr, das einen kritisieren, schikanieren oder einem Vorschriften machen kann. Gott ist damit nichts anderes als ein Begriff für diese Liebe in uns. Genau deshalb hört das Alte Testament nicht auf zu betonen, dass der Mensch Gottes Ebenbild sei. Es ist der etwas irreführende Versuch deutlich zu machen: Gott ist nichts anderes als die Liebe, die du in dir selbst spürst. Wer's nicht glaubt, der kann es ausprobieren. Egal ob man es „Gott“ nennt oder „Universum“ oder „spirituelle

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