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      2 Unterschied zwischen AMS-Berater und AMS-Trainer

      Ich fange am besten mal damit an, in groben Zügen zu erklären, wie das System der AMS-Kurse aufgebaut ist.

      Ihr braucht aber nicht zu glauben, dass einem AMS-Trainer dieses System so erklärt wird, wenn er in diesen Job einsteigt. In welchem Getriebe man hier welches Rädchen ist, das erschließt sich einem erst langsam.

      Das AMS selbst ist vielen von euch ja sattsam bekannt, die schon in der Situation waren, nach dem Verlust eines Jobs auf der Suche nach einer Anstellung zu sein. In diversen Regionalstellen, in die man pilgern muss, um einen Antrag auf Arbeitslosengeld zu stellen, lernt man sehr schnell, dass diese Leistung zwar ein Luxusgut ist, um das einen Menschen aus weniger sozialen Ländern beneiden, dass an den Bezug dieses begehrten Geldes aber einiges dranhängt, das man sich nie hätte träumen lassen.

      Es beginnt damit, dass man beim ersten Besuch einer AMS-Regionalstelle herausstellt, dass dieser Termin nur fürs Ausfüllen der Datenerfassungsformulare und der Anlegung eines Datensatzes im AMS-Computer dient. Der eigentliche Antrag für den Bezug des Arbeitslosengeldes ist erst in einem weiteren Termin möglich. Bei diesem zweiten Termin lernt der frischgebackene Arbeitslose seinen Betreuer oder seine Betreuerin kennen. Diese Betreuer hatten vor ein paar Jahren noch 11 Minuten Zeit pro „Kunde“, um dessen Daten und Jobsuchwünsche in den AMS-Computer zu tippen (mittlerweile wahrscheinlich noch weniger Minuten pro Person!). Dass bei geringen Deutschkenntnissen, niedrigem Verständnisniveau oder Bedürfnis nach einem Gespräch diese 11 Minuten nicht ausreichen, versteht sich von selbst. Die wenigsten AMS-KundInnen wissen auch, dass ihr Betreuer nicht ihre Ansprechperson ist und sind enttäuscht über diese Gespräche. Der Betreuer ist v.a. der Verwalter der Daten und die Schnittstelle zu Entscheidungsgremien, wenn es z.B. um Weiterbildungswünsche geht. Der Betreuer hat keine Beratungsfunktion, denn die Beratung der Arbeitssuchenden hat das AMS outgesourced an diverse Bildungsinstitute, in denen AMS-Trainer Einzelcoachings, Berufsorientierungskurse und Weiterbildungsmaßnahmen anbieten. Diese AMS-Trainer sind die Ansprechpersonen, nicht der Betreuer am AMS! Das zu wissen, erspart schon viel Frust im Kontakt mit dem AMS-Betreuer.

      3 Wie wird man Berufsorientierungs-Trainer?

      Kaum ein AMS-Trainer übt diesen Job aus, weil er immer schon in seinem „Traumjob AMS-Trainer“ arbeiten wollte. Ich rutschte so in dieses Feld hinein:

      Es war 21 Uhr. Ich rechnete gerade mal wieder eine Ein-Aus-Liste durch und stellte fest, dass mir nach dem letzten katastrophal bezahlten Job mit psychiatrischen Patienten, in dem PsychologInnen zu Betreuerlöhnen arbeiteten, jetzt wohl nichts andres mehr übrig blieb, als mich selbstständig zu machen, so rot blickte mir mein Kontostand entgegen.

      Da rief mich ein ehemaliger Studienkollege an und fragte, ob ich ihn nicht kurzfristig morgen vertreten könnte. Er sei krank geworden und könne daher nicht seine Berufsorientierungs-Gruppe als selbstständiger AMS-Trainer betreuen.

      Auf meine Nachfrage, was ich inhaltlich mit seiner Arbeitslosengruppe durchnehmen sollte, meinte er, ich könnte kreativ mit ihnen arbeiten, so wie mit meinen psychiatrischen Gruppen. Gesagt, getan.

      Bei der telefonischen Nachbesprechung meinte mein Kollege, ich solle mich doch gleich bei dem Institut als Trainer bewerben, da sie mehr Trainer suchten. Da ich sowieso gerade frisch arbeitslos war, rief ich gleich beim Personalverantwortlichen jenes großen AMS-Bildungsinstitutes an, das später wegen Spekulationsgeschäften mit Steuergeldern bekannt wurde.

      Der Projektleiter für die Abteilung „Persönlichkeitstraining“ interessierte sich im Vorstellungsgespräch nicht für meine Persönlichkeit als Trainer. Nach kurzer Durchsicht meiner Qualifikationsnachweise stellte er fest, ich wäre als „10-Punkte-Trainer“ einsetzbar, freiberuflich, für 21.- brutto pro Stunde. Fragen hatte er keine an mich, außer ob ich nicht schon am Montag beginnen könnte, er bräuchte dringend einen Trainer. Das ging mir nun doch zu schnell, ich brauchte schon noch ein paar Wochen, um mich von der äußerst anstrengenden Arbeit mit psychisch Kranken zu erholen, und ein wenig Vorbereitungszeit für die Selbstständigkeit konnte auch nicht schaden. Also vereinbarte ich, in zwei Monaten als Trainer für ca. 25 Wochenstunden zu beginnen.

      Da stand ich also am 1.September, ohne Konzept, ohne Unterlagen, ohne Einschulung, nur mit einer Anwesenheitsliste bewaffnet, mit der vagen Job Description „Mach mit ihnen Berufsorientierung, Lebenslauf und Bewerbungen schreiben!“ vor meiner ersten Gruppe von vierzehn Arbeitslosen und tauchte ein in eine mir bis dahin unbekannte Welt – die Welt der AMS-Kurse, in der ich sechs prägende und äußerst lehrreiche Jahre verbringen sollte, bis ich wieder den Weg hinaus fand…

      4 Wie kommen die Bildungsinstitute zu Aufträgen vom AMS?

      Clemens Neuhold (Journalist von der "Wiener Zeitung") hat mich gefragt: Welche Alternativen gibt es zu Kursen? Wie sehr schiebt sich Netzwerk von Anbietern Kurse/Steuergeld gegenseitig zu?

      Derzeit ist das System AMS zumindest bezüglich der immer wieder heftig kritisierten 6-Wochen-Aktivierungs-Maßnahmen im Umbau begriffen. Auch das Ausschreibungssystem für neue Kursmaßnahmen steht derzeit still (siehe ams.at). Das soll aber nicht heißen, dass es nun keine verpflichtenden Kurse mehr gäbe. Speziell „Arbeitssuchende mit Motivationsproblemen" sollen „natürlich“ weiterhin mit „Elementen der Aktivierungskurse“ beglückt werden (siehe: http://www.ams.at/ueber-ams/medien/ams-oesterreich-news/ende-ams-aktivierungskurse-bleibt-auf-hauptstadt-beschraenkt)

      Bis jetzt verlief die Vergabe von Maßnahmen (und damit natürlich nicht unerklecklichen Steuergeldern!) so:

      Das AMS schreibt Wettbewerbe für Kursmaßnahmen aus, z.B. eine Maßnahme für Wiedereinsteigerinnen. Dabei unterliegt das AMS bei der Übertragung von Bildungsmaßnahmen den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes. Öffentlich einsehbar sind diese Ausschreibungen auf ams.at

      Nun schreiben die KonzeptschreiberInnen der diversen Bildungsinstitute, von denen es größere und kleinere Fische gibt, Maßnahmenkonzepte. In diesen Konzepten beschreiben sie detailliert, mit welchen pädagogischen Methoden, in welchem Stundenausmaß, mit welchem hervorragend pädagogisch geschultem Trainer-Personal und natürlich mit welch niedrigen Kosten sie in ihrem Institut diese Maßnahme durchführen werden. Speziell die Lohnkosten für ihre Trainer halten sie natürlich sehr niedrig, um so im Wettbewerb zu punkten.

      Ein Zuschlag für ein Institut bedeutet je nach Maßnahmenpaket mindestens 120.000, oft 600.000 Euro oder auch mehr, je nach Größe und Laufzeit der Maßnahme! Die Vergabekriterien waren für mich als kleinen Trainer und Fließband-Konzeptschreiber nicht transparent, ich weiß also nicht, wen ich als Geschäftsführer eines Instituts zu einem freundschaftlichen Geschäftsessen ausführen muss, um den Zuschlag für eine lukrative Maßnahme zu bekommen. Oder ob schon vor einer Ausschreibung der Kuchen prozentuell verteilt wurde in einem Meeting der großen Kursinstitutsleiter. Oder ob da Gelder fließen, damit die Aufträge zur Zufriedenheit von Geschäftsführern vergeben werden. Oder ob hier weder Proporz noch andere Formen der Freunderlwirtschaft herrschen und streng nach „Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes“ vorgegangen wird. Auf jeden Fall gilt die Korrektheitsvermutung für alle Beteiligten!

      Hat ein Institut den Maßnahmenzuschlag erhalten, darf es diese Maßnahme auch umsetzen. Das heißt, es werden hochqualifizierte und natürlich billige Trainer gesucht, Räume organisiert und der bald einsetzende Strom von Kursteilnehmern verwaltet.

      Die AMS-Betreuer bekommen die Weisung, eine bestimmte Anzahl an Teilnehmern zu den eingekauften Kursen zuzuweisen, z.B. zu den berühmt-berüchtigten 6-Wochen-Aktivierungstrainings, zu Computerführerscheinkursen u.ä. Dabei können dann auch so absurde Zuweisungen passieren wie dass ein AMS-Kunde, der jahrelang in den USA gearbeitet hat, zu einem Englisch-Kurs für Anfänger geschickt wird oder ein Betriebswirt in den Genuss eines Wirtschaftsführerscheins kommt.

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