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»Jetzt ist es Zeit, Schwesterlein!

       Der böse Mann, der uns so hart gefangen

       hält, ist fort, so wollen wir uns jetzt aufmachen und

       von dannen gehen, soweit uns unsere Füße tragen!«

       Dies taten die Kinder, gingen fort und wanderten den

       ganzen Tag.

       Als es nun gegen den Nachmittag kam, war der

       Zauberer nach Hause zurückgekehrt und hatte sogleich

       die Kinder vermißt. Alsobald schlug er sein

       Zauberbuch auf und las darin, nach welcher Gegend

       die Kinder gegangen waren, da hatte er sie wirklich

       fast eingeholt; die Kinder vernahmen schon seine zornig

       brüllende Stimme, und die Schwester war voller

       Angst und Entsetzen, und rief: »Bruder, Bruder! Nun

       sind wir verloren; der böse Mann ist schon ganz

       nahe!« Da wandte der Knabe seine Zauberkunst an,

       die er gelernt hatte aus dem Buche; er sprach einen

       Spruch, und alsbald wurde seine Schwester zu einem

       Fisch, und er selbst wurde ein großer Teich, in welchem

       das Fischlein munter herumschwamm.

       Wie der Alte an den Teich kam, merkte er wohl,

       daß er betrogen war, brummte ärgerlich: »Wartet nur,

       wartet nur, euch fange ich doch!« und lief spornstreichs

       nach seiner Höhle zurück, Netze zu holen,

       und den Fisch darin zu fangen. Wie er aber von hinnen

       war, wurden aus dem Teich und Fisch wieder

       Bruder und Schwester, die bargen sich gut und schliefen

       aus, und am andern Morgen wanderten sie weiter,

       und wanderten wieder einen ganzen Tag.

       Als der böse Zauberer mit seinen Netzen an die

       Stelle kam, die er sich wohl gemerkt hatte, war kein

       Teich mehr zu sehen, sondern es lag eine grüne Wiese

       da, in der es wohl Frösche, aber keine Fische zu fangen

       gab; da wurde er noch zorniger wie zuvor, warf

       seine Netze hin, und verfolgte weiter die Spur der

       Kinder, die ihm nicht entging, denn er trug eine Zaubergerte

       in der Hand, welche ihm den richtigen Weg

       zeigte.

       Und als es Abend war, hatte er die wandernden

       Kinder beinahe wieder eingeholt; sie hörten ihn schon

       schnauben und brüllen, und die Schwester rief wieder:

       »Bruder, lieber Bruder! Jetzt sind wir verloren, der

       böse Feind ist dicht hinter uns!«

       Da sprach der Knabe wiederum einen Zauberspruch,

       den er aus dem Buche gelernt, und da ward

       aus ihm eine Kapelle am Weg, und aus dem Mägdlein

       ein schönes Altarbild in der Kapelle.

       Wie nun der Zauberer an die Kapelle kam, merkte

       er wohl, daß er abermals geäfft war, und lief fürchterlich

       brüllend um dieselbe herum; er durfte sie aber

       nicht betreten, weil das immer im Pakt der Zauberer

       mit dem Bösen stand, daß sie niemals eine Kirche

       oder eine Kapelle betreten durften.

       »Darf ich dich auch nicht betreten, so will ich dich

       doch mit Feuer anstoßen, und auch zu Asche brennen!

       « schrie der Zauberer und rannte fort, sich aus

       seiner Höhle Feuer zu holen.

       Während er nun fast die ganze Nacht hindurch

       rannte, wurden aus der Kapelle und dem schönen Altarbild

       wieder Bruder und Schwester; sie bargen sich

       und schliefen, und am dritten Morgen wanderten sie

       weiter und wanderten den ganzen Tag, während der

       Zauberer, der einen weiten Weg hatte, ihnen aufs neue

       nachsetzte. Als er mit seinem Feuer dahin kam, wo

       die Kapelle gestanden, stieß er mit der Nase an einen

       großen Steinfelsen, der sich nicht mit Feuer anstoßen

       und zu Asche verbrennen ließ, und dann rannte er mit

       wütenden Sprüngen auf der Spur der Kinder weiter

       fort.

       Gegen Abend war er ihnen nun ganz nahe, und zum

       drittenmal zagte die Schwester und gab sich verloren;

       aber der Knabe sprach wieder einen Zauberspruch,

       den er aus dem Buche gelernt, da ward er eine harte

       Tenne, darauf die Leute dreschen, und sein Schwesterlein

       war in ein Körnlein verwandelt, das wie verloren

       auf der Tenne lag.

       Als der böse Zauberer herankam, sah er wohl, daß

       er zum drittenmal geäfft war, besann sich aber diesmal

       nicht lange, lief auch nicht erst wieder nach

       Hause, sondern sprach auch einen Spruch, den er aus

       dem Zauberbuche gelernt hatte; da ward er in einen

       schwarzen Hahn verwandelt, der schnell auf das Gerstenkorn

       zulief, um es aufzupicken; aber der Knabe

       sprach noch einmal einen Zauberspruch, den er aus

       dem Buche gelernt, da wurde er schnell ein Fuchs,

       packte den schwarzen Hahn, ehe er noch das Gerstenkorn

       aufgepickt hatte, und biß ihm den Kopf ab, da

       hatte der Zauberer, wie dies Märlein, gleich ein Ende.

      Kapitel 2

      Die Goldmaria und die Pechmaria

       Es war einmal eine Witwe, die hatte zwei Töchter,

       eine rechte Tochter und eine Stieftochter; beide hießen

       Maria. Die rechte Tochter war nicht gut und fromm,

       dagegen war die Stieftochter ein bescheidenes, sittiges

       Mädchen, das aber gar viele Kränkungen und Zurücksetzungen

       von Mutter und Schwester erdulden mußte.

       Doch sie war stets freundlich, tat die Küchenarbeiten

       unverdrossen, und weinte nur manchmal heimlich in

       ihrem Schlafkämmerlein, wenn sie von Mutter und

       Schwester so viel Unbilliges zu leiden hatte. Aber

       bald war sie dann allemal wieder heiter und frischen

       Mutes, und sprach zu sich selbst: »Sei ruhig, der liebe

       Gott wird dir schon helfen.« Dann tat sie fleißig ihre

       Arbeit, und machte alles nett und sauber. Ihrer Mutter

       arbeitete sie immer nicht genug; eines Tages sagte

       diese sogar: »Maria, ich kann dich nicht länger zu

       Hause behalten, du arbeitest wenig und issest viel,

       und deine Mutter hat dir kein

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