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aus Moskau“ (1963), dem zweiten 007-Film. Young hielt es für eine gute Idee, den Film mit einem spannungsgeladenen Anfang zu beginnen statt mit der herkömmlichen Schrift. Im Schneideraum, zusammen mit Cutter Peter Hunt, kam dann der Einfall, zunächst eine Filmsequenz zu zeigen, danach in die Haupttitel, also die Schriften, überzugehen, die schließlich zum Hauptfilm führten. Der Titelvorspann konnte als vollwertiges Filmstück angesehen werden und nicht als verzichtbares Fragment am Anfang. Der Tod James Bonds in der Pre-Title-Sequenz von „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963) wurde vom Publikum wie erwartet aufgenommen: Viele Zuschauer glaubten, James Bond sei tot.

      In späteren Bond-Filmen versuchte man, an diesen vorgetäuschten Tod anzuknüpfen. So sieht der Zuschauer in der Pre-Title-Sequenz von „Feuerball“ (1965) einen Sarg mit den Initialen „J.B.“, aber nicht Bond liegt im Sarg, sondern angeblich Jacques Bovier (im Film dargestellt von Bob Simmons und Rose Alba56)57, und in „Man lebt nur zweimal“ (1967) wird 007 in einem einklappbaren Bett eingeklemmt und von Maschinengewehrsalven durchlöchert. Doch Bond lebt, und der vorgetäuschte Tod (der bis zu einer Seebestattung führt) sollte nur die Feinde von Bond ablenken (M zu Bond: „Tote vergisst man schnell, und damit haben Sie Bewegungsfreiheit.“).

      In „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) wird Bonds vorgetäuschtes Ende im übertragenen Sinn gezeigt: Francisco Scaramanga, Bonds Gegner, schießt einer 007-Wachsfigur vier Finger der linken Hand ab. Eine Botschaft, die beim Publikum als „007 ist so gut wie tot“ ankommt. Diese Pre-Title-Sequenz erinnert an die zu „Liebesgrüße aus Moskau“ (1963), denn die Kulisse ist ein moderner Irrgarten, wie das Heckenlabyrinth aus dem zweiten 007-Film.

      In „Skyfall“ (2012) „erschießt“ Eve Moneypenny58 James Bond versehentlich von einem fahrenden Zug, als sie einen Killer ausschalten will. M ist das Risiko, Bond zu verlieren, zwar eingegangen, zeigt sich jedoch bestürzt, als sie von seinem Tod erfährt. Sie schreibt seinen Nachruf, der mit den Zeilen aus Ian Flemings Roman „You Only Live Twice“ beginnt: „Obit: M. writes : As your readers will have learned from earlier issues, a senior officer of the Ministry of Defence, Commander James Bond, CMG, RNVR, is missing, believed killed, while on an official mission to Japan. It grieves me to have to report that hopes of his survival must now be abandoned. It therefore falls to my lot, as the Head of the Department he served so well, to give some account of this officer and of his outstanding services to his country.“ In „Skyfall“ (2012) schreibt „M“: „Commander James Bond, CMG., RN, is missing, believed killed, while on an official mission to Turkey.“

      Sam Mendes bestätigte, dass die Quelle der James-Bond-Filme noch immer die Romane Ian Flemings sind. Die Grundlage für „Skyfall“ liege in den letzten drei düsteren Romanen, in denen Bond unter Depressionen leidet und viel Bitterkeit, Zynismus und Selbstverachtung zeigt.

      Wie auch in „Man lebt nur zweimal“ (1967) „stirbt“ James Bond in „Skyfall“ (2012) und kommt verändert zurück.

      Aber nicht nur die Filme enthalten den vermeintlichen Tod des Agenten. In der zweiten Hälfte des Romans „The Man from Barbarossa“ wird James Bond plötzlich während einer Schießerei getötet - das soll der Leser jedenfalls glauben. Bonds angebliche Leiche wird geborgen und beerdigt. Auf dem Grab steht ein Stück Holz mit der Inschrift: „Hier liegt der Körper eines tapferen britischen Offiziers, vermutlich Captain James Bond, Royal Navy. Er starb für seine Sache am 9. Januar 1991.“ Die Nachricht erreicht „M“, der wie Bill Tanner und Miss Moneypenny am Boden zerstört ist.

      Das Motiv des vorgetäuschten oder angedeuteten Todes findet sich auch in „Diamantenfieber“ (1971). Hier ist nicht James Bond das Opfer, sondern Ernst Stavro Blofeld (Charles Gray59) bzw. dessen Doppelgänger, der echte Blofeld lebt noch. Bei der Vorgehensweise orientierte man sich am Vorgänger „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969), in dem Bonds Gesicht erst sehr spät gezeigt wurde.60

      Da in „Casino Royale“ (2006) die eigentliche Pre-Title-Sequenz nicht vor dem Titelvorspann, sondern vor der Gun-Barrel-Sequenz abläuft, müsste man sie „Pre-Barrel-Sequenz“ nennen.

      In den meisten 007-Filmen wird der jeweilige James-Bond-Darsteller in diesem kurzen Film vor dem Film eingeführt.

      Viele deutsche und englische Filmtitel haben mit Tod, Leben und Sterben zu tun: „Man lebt nur zweimal“, „Leben und sterben lassen“, „In tödlicher Mission“, „Im Angesicht des Todes“, „Der Hauch des Todes“, „Lizenz zum Töten“, „Der Morgen stirbt nie“, „Stirb an einem anderen Tag“. Romane oder Kurzgeschichten tragen Titel wie „Leben und sterben lassen“, „Tod im Rückspiegel“, „Du lebst nur zweimal“, „Der Hauch des Todes“, „Niemand lebt für immer“, „Sieg oder stirb, Mr. Bond!“, „Lizenz zum Töten“, „Tödliche Antwort“, „Der Morgen stirbt nie“, „Tod auf Zypern“, „Stirb an einem anderen Tag“, „Stille Wasser sind tödlich“, „Zurück kommt nur der Tod“, „Reden ist Silber, Schweigen ist tödlich“, „Der Tod kennt kein Morgen“ und „Der Tod ist nur der Anfang“.

      3) Die Einführung James Bonds

      Meist führen die Gun-Barrel-Sequenzen 007 ein - was besonders beim Darstellerwechsel immer für Spekulationen sorgte.

      Ausnahme bleibt Roger Moore. Er war im Pre-Title von „Leben und sterben lassen“ (1973) gar nicht zu sehen, im Folgefilm „Der Mann mit dem goldenen Colt“ (1974) ist er wenige Sekunden im Bild - als Wachsfigur.

      In „Der Hauch des Todes“ (1987) erscheint zur Bondmelodie Timothy Daltons Gesicht in Großaufnahme. Der Darstellerwechsel von Moore zu Dalton war vergleichsweise unproblematisch und unkompliziert. Anders beim Wechsel von Sean Connery zu George Lazenby: Wie sollte man den unbekannten Dressman Lazenby beim Publikum einführen, nachdem Sean Connery in der Rolle des 007 weltberühmt geworden war?

      Die Drehbuchautoren zeigten das Gesicht des neuen Darstellers erst recht spät; seine Gestik, das Fahren eines schnellen Autos, das Anzünden einer Zigarette und das Öffnen des Handschuhfachs bereiten auf den spannenden Moment der Gesichtsenthüllung vor. Darum rettet Bond - noch immer fast gesichtslos (in ganz kurzen Zwischenschnitten ist das Gesicht bereits zu sehen) - Tracy Di Vicenzo (Diana Rigg61), die sich ertränken will, aus dem Meer. Erst als er sich über sie beugt und sich mit dem lässigen „Mein Name ist Bond, James Bond“ vorstellt, schaut der Zuschauer George Lazenby in die Augen. Um dieser Lässigkeit und dem augenscheinlichen Darstellerwechsel noch eine Prise Humor zu verleihen, flüchtet das Mädchen kurz darauf mit Bonds Aston Martin DBS, was ihn zu der Aussage verleitet: „Das wäre dem anderen nie passiert.“ (im Original: „That never happened to the other fella.“) Connery sind die Frauen eben nicht einfach abgehauen. Das ist eine der wenigen Szenen, in denen sich der Filmagent direkt an das Publikum wendet. Ein weiteres Mal geschah dies nur im inoffiziellen Film „Sag niemals nie“ (1983). Von Domino (Kim Basinger62) gefragt, ob er nicht zum Geheimdienst zurückkehren wolle, sagt Bond (Sean Connery): „Nein, nie wieder“, und zwinkert dem Publikum zu.

      Auch wenn „Im Geheimdienst Ihrer Majestät“ (1969) keine großartigen Kritiken bekam und sich erst im Laufe der Jahre zu einem James-Bond-Kultfilm entwickelte, so war der Darstellerwechsel mit einem Fünkchen Ironie am Ende der Pre-Title-Sequenz doch geglückt.

      Zu einem zweiten Bond-Film mit George Lazenby in der Hauptrolle kam es nicht. Angeblich soll Lazenby wegen seiner Publikumsunwirksamkeit gefeuert worden sein, doch er selbst bat darum, aus den Verträgen entlassen zu werden und keinen zweiten Bondfilm zu drehen.

      [no image in epub file]George Lazenby genießt die Royale Premiere von „Stirb an einem anderen Tag“ (2002)

      Diese Entscheidung ist auch auf einen Berater zurückzuführen, der dem Darsteller einredete, ein gelackter Anzugträger wie Bond habe keine Zukunft und würde von Figuren in Filmen wie „Easy Rider“63 verdrängt werden.

      So konnten Harry Saltzman und Albert R. Broccoli gerade wegen der Zuschauerresonanz problemlos zustimmen, als Lazenby als Bond ausstieg. Connery kam in „Diamantenfieber“ (1971) zu seinem ersten 007-Comeback. Im Nachhinein ärgerte

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