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an; in den ersten Wochen übten wir sogar besondere Gangarten der verschiedenen Wesen. Wie gehen Orks, Zwerge, Elben und Hobbits? Die Hobbits waren auf jeden Fall am bequemsten. Ein wenig den Hintern herausgeschoben, die Brust raus und leicht getrippelt, das war‘s. So ähnlich wie ein Entengang. Solche Einzelheiten machten uns Glauben, dass alles gut vorbereitet war. Sie wurden nur nicht fortgeführt.

      Das Bizarre war, dass in den ersten Wochen jeder zum täglichen Aufwärmen kommen musste, egal ob man direkt darauf eine Probe hatte, oder erst später am Tag. Es wurde nach hitzigen Auseinandersetzungen mit einer eigentlich recht plausiblen Erklärung begründet: „Wir wollen ein Gemeinschaftsgefühl und damit ein Ensemble schaffen“.

      Witzig daran ist, dass also anfangs mit allen Mitteln versucht wurde ein „Gemeinschaftsgefühl“ durchzusetzen. Auch mit Verwarnungen, für die der Stage Manager verantwortlich zeichnete. Später allerdings wurde es entweder völlig über Bord geworfen, oder im genauen Gegensatz dazu gehandelt.

      Zusammenfassend kann man sagen, dass sich alle Innovativität nach der ersten Woche erschöpfte. Das wurde schlagartig klar, als es an die ersten szenischen Proben ging.

      „Everything will be different in the tent!“ und das ist die „Italian Version“, oder die „German Version“, hieß es von der Choreographin alle Nase lang und so wurde auch gearbeitet. Keiner wusste, was das genau hieß. Erst wurde alles im Ballettsaal ausprobiert und dafür gesetzt (the English Version), dann wurde es für die Bühne der freien Volksbühne geändert (the Italian Version) und schließlich musste es noch einmal geändert werden, da ja das Zelt völlig anders sein wird, aber wie genau weiß eigentlich auch keiner (the German Version). Ohne richtige Requisiten, Kostüme, … probten wir insgesamt bis Mitte November. Eine imaginäre Arbeit ohne gleichen!

      Imaginär war dann auch das September-Gehalt, das einfach nicht eintraf. Große Diskussion, Gerüchte. Wir hatten ja auch ein paar gebrannte Kinder von „Space Dream“ dabei und die stellten sich, was wir anderen Frischlinge anfangs nicht verstanden, bei jeder Ungereimtheit und derartigen Ereignissen quer. So wurde uns sogar nach einiger Zeit und Diskussion gestattet, ungeahndet, weil das Geld immer noch nicht da war, einen Tag mit den Proben auszusetzen. Was wir auch taten. Die Choreographin, der Regisseur und der musikalische Leiter verfassten damals sogar einen Brief an den Produzenten uns doch bitte zu bezahlen, damit wir weiter arbeiten könnten. Sie wurden auch nicht bezahlt. Beim Regisseur bin ich mir allerdings nicht so sicher.

      Das Gehalt kam doch noch. Jedoch verspätet. Extrem verspätet! Am 8. Oktober. Und schließlich auch der Grund weshalb: Erst wurde versichert, das Geld sei schon auf dem Weg: „… Hier sind die Belege …“ Am nächsten Tag sagte man uns dann endlich die Wahrheit: „… Das Geld konnte doch nicht überwiesen werden, da die Konten eingefroren sind … (Hust!)“ Schön, nicht?

      Aber warum waren plötzlich Konten eingefroren? Hier der Grund:

      Das Zelt sollte in Berlin in der Oranienburger Straße auf einer freien Fläche neben dem Tacheles aufgebaut werden. Und man sollte meinen, dass bei 1 1/2 jähriger Planung, dem Probenbeginn im September und der Premiere im November alles Bürokratische bereits abgehandelt sei. Doch weit gefehlt. Aus der Zeitung erfuhren wir, dass die Bauge-nehmigung für das Zelt nicht erteilt wurde. 3 Wochen nach Probenbeginn.

      „… Ach, es ist wirklich blöd, naja, die mündliche Zusage hatten wir doch schon … aber wegen des Regierungswechsels … und da haben wir eigentlich den Senat hinter uns …, der uns übrigens eine extra Frist gegeben hat und auch für uns besonders schnell reagieren will …“.

      Nun leben Banken ja auch nicht hinter dem Mond, vor allem nicht in politisch-finanziellen Dingen. Und so hatte diese Bank davon gehört, dass ihre Investition keine Baugenehmigung hat. Und daraufhin wurden erstmal ein paar Konten bis zur Klärung der Umstände eingefroren.

      Das Zelt von der Oranienburger Strasse

      Im Zelt

      Ja, das Zelt wurde noch gebaut. Die Baugenehmigung gab es dann doch. Und zwar mit den Auflagen einer Begrenzung der Zuschauerzahl von 1800 auf 1500, einer Lautstärkenbegrenzung und einem definitiven Ende um 22.00 Uhr. Das musste wegen der Anwohner eingehalten werden. Verwarnungen gab es nach Spielbeginn schon ziemlich bald. Und zwar eben wegen Nichteinhaltung der Schlusszeit. An Tagen mit Doppel-Shows, also einer Matinee und einer Abendvorstellung, badeten wir, die Darsteller, das natürlich aus.

      Weil einmal der Computer für den Ticketverkauf abgestürzt war, musste die erste Vorstellung später anfangen. Und das kam nicht nur einmal vor. Wie kriegt man dann das Einhalten des knapp kalkulierten 22.00 Uhr Schluss-Termins hin? Man beginnt die zweite Show einfach früher. Und das heißt, die Pause zwischen den Shows wird auf ein Minimum reduziert. Im Klartext für die Darsteller: Weil man sich nach einer Show Ab- und für die folgende wieder aufschminken muss, hat man dann eventuell gerade noch Zeit für eine Zigarette. Schon muss man wieder auf die Bühne. Eine minimale Pause wird zu einer nicht existenten.

      Die weiteren Verzögerungen waren darauf zurückzuführen, dass die italienische Firma, die das Zelt konstruiert und gebaut hatte, nicht oder nicht ganz bezahlt wurde. Und die haben sich natürlich gesagt:

      Kein Geld, kein Zelt!

      Das reimt sich! Nicht, dass alles was sich reimt, gut ist.

      Aber, wie gesagt, es kam ja doch noch und unser erster Probentag im Zelt war Samstag, der 14. November. In vorherigen Absprachen wurde versprochen, dass die Heizung ab dem 12. November installiert sei, es Verpflegung und Garderoben gäbe.

      Am 5. November hätte eigentlich Premiere sein sollen und der 14. November war schon eine Katastrophe:

      Im offenen Zelt ohne Heizung, ohne fließendes Wasser, geheizte Toiletten. Es gab einen Toilettenwagen, der draußen für alle offen stand, dessen Tür übrigens auch. Von „Catering“, oder Kantine ganz zu schweigen. Man konnte den eigenen Atem sehen, was über die Temperatur und diverse Körperfunktionen enormen Aufschluss gibt. Auf einer eiskalten Baustelle ohne Helm zu arbeiten, den allerdings jeder Techniker trägt, während über allen Köpfen versucht wird, schwere Stahlgerüste für Scheinwerfer unter dem Zeltdach zu verankern ist ein Erlebnis, das man sich wirklich entgehen lassen sollte, wenn man nicht dazu gezwungen wird.

      Eine Probe konnte nicht wirklich stattfinden, und so wurden wir bald wieder nach Hause geschickt. Aber immerhin war der Schein gewahrt. Zwei Tage darauf bot sich dasselbe Bild mit derselben Reaktion. Der erste richtige Probentag war schließlich Dienstag, der 17. November. Nicht, dass sich viel an den Bedingungen geändert hatte. Nein, die waren ungefähr dieselben, aber wir mussten proben, da uns die Zeit davonlief. Und das wurde von der Geschäftsführung auch effektvoll als Druckmittel eingesetzt. Ob die Bedingungen legal oder illegal waren, war ihnen nicht wichtig. Beschwichtigung und „Versprechen der Besserung“ als Hinhaltetaktik.

      In medias res:

      Es gab einen Tisch auf der Bühne, der eigentlich nur ein einziges Mal benutzt wurde. Stimmt nicht; na gut, doch zweimal. Das zweite Mal war im Finale, dessen Daseinsberechtigung wohl niemand außer dem Regisseur verstand und selbst da war sich keiner wirklich sicher.

      Dieser Tisch war eigentlich eine Hebebühne, die sehr langsam und mit viel Getöse ca. 2 Meter hochfahren konnte und sonst mit dem Boden abschloss, so dass nur noch ein kleiner Spalt zu sehen war, der allerdings ausreichte, um unauf-merksame Tänzer zum Stolpern zu bringen.

      So probten wir dann. Auch mit dem Tisch. Vor allem eine Nummer: Das Finale. Den „Ring der Macht“, der das Aus-hängeschild der Produktion darstellen sollte. Verhandlungen wegen einer CD-Aufnahme mit Michael Bolton … Krach … und schließlich sollte Angelo Branduardi der Sänger sein, von dem man aber dann nichts mehr hörte – von der CD-Aufnahme allerdings lange auch nicht.

      Gegen Ende der Produktion liefen aber plötzlich Mitschnitte aus der Show im Foyer. Niemand wusste zuerst davon, da zur Pause und nach der Show alle beim Umziehen waren. Es war wieder

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