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am Hauptbahnhof eingefunden und bekam einen Fensterplatz in der Nähe der Seitentür. Da es in Richtung Norden ging, war Koblenz die erste Station, und es wurden in der nächsten Stunde in allen möglichen Nachbarorten die übrigen Fahrgäste eingesammelt, bis schließlich alle 52 Plätze belegt waren. In Mülheim-Kärlich stieg eine Gruppe von 19 Leuten zu, bei denen es sich überwiegend um Polen handelte, die zu Verwandtenbesuchen unterwegs waren und entsprechend viel Gepäck dabeihatten.

      Obwohl ich wie üblich im Bus nicht wirklich schlafen konnte und die Polen noch bis gegen 2 Uhr recht aktiv waren, habe ich von der weiteren Fahrt durch Belgien und Frankreich sowie der Pause hinter Brüssel nicht allzu viel mitbekommen. Die Abfahrt der Fähre in Calais war für 7 Uhr angesetzt, doch mussten wir wegen der Einreiseformalitäten rechtzeitig dort sein. Die Briten sind zwar nicht ganz so paranoid wie die Amerikaner, aber alles, was vom Kontinent auf die Insel herüberkommen will, ist natürlich erst einmal suspekt. Für mich ist es übrigens das erste Mal, dass ich Kontinentaleuropa verlasse.

      Der Fährhafen in Calais wirkte umso beeindruckender, weil er um diese Zeit am Samstag recht leer war. Die Fährschiffe sind ebenfalls von eindrucksvoller Größe, aber das kenne ich ja schon von meiner Skandinavienreise. Zwar werden die Häfen auch von P&O und der Norfolkline bedient, doch waren wir mit Seafrance unterwegs. Es ist doch immer wieder lustig, wenn Franzosen Englisch sprechen! Deshalb habe ich sowohl an Bord als auch neulich in Paris sogar dann kein französisches Wort außer „merçi“ gebraucht, wenn meine geringen Kenntnisse ausgereicht hatten und/oder die anderen auch Deutsch verstanden. Als Deutscher mit Franzosen Englisch zu sprechen, ist quasi eine doppelte Rache. Wie dem auch sei, die Überfahrt war ruhig, und die Dämmerung kam so rechtzeitig, dass wir die berühmten Kreidefelsen (White Cliffs) von Dover schon bei Tageslicht sehen und fotografieren konnten. Der Fährhafen von Dover ist noch größer und beeindruckender als sein französisches Gegenüber. Die Überfahrten dauern eigentlich etwa 75 Minuten, doch wird seit einiger Zeit wegen der hohen Treibstoffpreise langsamer gefahren, so dass derzeit etwa 90 Minuten benötigt werden.

      Da Großbritannien uns eine Stunde hinterherhinkt (damit habe ich nach Finnland mit osteuropäischer Zeit zum zweiten Mal die mitteleuropäische Zeitzone verlassen), betrat ich gegen 7:30 Ortszeit erstmals die seltsame Inselwelt. Der größte Kulturschock bestand erwartungsgemäß darin, dass die Leute dort tatsächlich auf der linken Straßenseite fahren und verkehrstechnisch alles spiegelverkehrt ist! Das ist ähnlich wie bei der im Jahr zuvor erlebten Mitternachtssonne: jeder weiß davon, man hat auch schon Fotos gesehen, aber so richtig glaubt man es erst, wenn man es mit eigenen Augen sieht. Dadurch befinden sich unsere Bustüren natürlich nun auf der falschen Seite und man muss mehr oder weniger in den Straßenverkehr hinein aussteigen, was noch dadurch erschwert wird, dass London eine sehr busfeindliche Stadt ist und man außer an der St. Paul’s Cathedral nirgendwo richtig zu Fotostopps anhalten kann.

      Nach London sind wir über Canterbury und Greenwich hineingefahren, wobei wir auch das berühmte Observatorium mit dem dort festgelegten Null-Meridian gesehen haben. In der Stadt sind wir bei leider überwiegend schlechtem Wetter fast drei Stunden lang herumgefahren und bekamen so ziemlich alles gezeigt, was man von London so kennt, wobei ich mir den Tower allerdings größer vorgestellt hatte. Leider ließ sich wegen des Wetters und des Blickwinkels nicht alles gut fotografieren, aber das wird sich bei weiteren, eventuell auch längeren Besuchen nachholen lassen. Unterwegs stiegen an verschiedenen Stellen einzelne Mitreisende aus, als Treffpunkt für die Rückfahrt wurde der Obelisk Cleopatra’s Needle am Embankment etwa gegenüber vom Riesenrad London Eye vereinbart.

      Bedingt durch die verschobenen Abfahrtzeiten der Fähren hatten wir anschließend noch etwa acht Stunden Aufenthalt, in denen wir uns selbst beschäftigen durften bzw. mussten. Das war ziemlich lange, vor allem in Anbetracht des Wetters und der schon früh einsetzenden Dunkelheit. Immerhin fand an diesem Samstag die Lord Mayor Parade statt, und abends gab es mehrere Feuerwerke anlässlich des Guy Fawkes Days, der eigentlich bereits am 5. November gewesen war. In der Innenstadt konnte man an verschiedenen Stellen die Vorbereitungen für die am Sonntag stattfindenden Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 90 Jahren beobachten. Auch etliche Briefkästen waren deswegen gesperrt, was das Absenden meiner Ansichtskarten erschwerte. Ich war hauptsächlich in Westminster unterwegs, und die Fotos zeigen, was ich dabei alles gesehen und besucht habe. Wie man sieht, bin ich auf dem Weg vom Trafalgar Square zum Buckingham Palace in ein Unwetter geraten.

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      Falls ich solch eine Tour noch einmal machen sollte, werde ich mir auf jeden Fall für die Freizeit ein paar Programmpunkte und Ziele vorbereiten.

      Auf der Rückfahrt gab es zunächst einmal anständige Käsewürstchen, nachdem die englische Küche genau wie das Wetter gehalten hat, was die Klischees versprechen. Zum dritten solchen Klischee sage ich jetzt lieber nichts. Wir waren viel zu früh wieder im Hafen von Dover, doch konnte man sich kaum hinaus trauen, weil in der Zwischenzeit ein stattlicher Sturm aufgekommen war, wodurch wir auch nur schwer aus dem Hafen herauskamen. Doch wer mit einer wesentlich kleineren Fähre von den Lofoten aufs norwegische Festland übergesetzt hat, der wird kein allzu großes Problem haben, mit einer Riesenfähre über den Ärmelkanal zu kommen. Der Rest der Überfahrt war dann auch deutlich ruhiger.

      Inzwischen war ich so müde, dass ich im Bus tatsächlich drei bis vier Stunden schlafen konnte. Nach dem Ausladen aller Fahrgäste war ich etwa gegen 7:30 wieder zuhause und habe erst einmal bis 14 Uhr geschlafen. Am Abend habe ich mir dann den neuen James Bond Film angeschaut, an dessen Hauptquartier ich ja einen Tag zuvor vorbei gefahren war...

      Zu Harry Potter nach London, 25.-28. März 2016

      Normalerweise spiele ich ja zu Ostern bei den Schach-Rheinlandmeisterschaften mit, doch habe ich mich diesmal nicht angemeldet, weil der Austragungsort ungünstig lag und mir zudem die Motivation fehlte. Interessant schienen mir auch das von Deizisau nach Karlsruhe umgezogene Grenke Leasing Open sowie ein Easter-Open in Prag, doch konnte ich mich nicht durchringen, das für mich zu organisieren. Eine Tour zu den beiden Fußball-Länderspielen in Berlin und München kam auch nicht in Frage, da ich in der Nachosterwoche keinen Urlaub hätte bekommen können.

      So schaute ich halt meine Reisekataloge und die üblichen Internetseiten durch. Wieder einmal wurde ich bei Schuy Exclusiv Reisen fündig, denn dort wurde am Osterwochenende neben einer „normalen“ London-Städtetour mit einem der mir ja schon bekannten Bistro-Busse auch eine Tour mit dem Titel „zu Harry Potter nach London“ mit einem kleineren VIP-Bus angeboten. Auf Nachfrage wurde mir bestätigt, dass ich noch kurzfristig buchen könne, was ich dann auch umgehend tat, zumal ich dafür ja keinen einzigen freien Tag beantragen musste. Allerdings war die Viertagestour wahrlich nicht billig: mit Einzelzimmer, Stadtrundfahrt und Haustürabholung, jedoch ohne Halbpension war ich mit über 700 Euro dabei. London ist halt eine sehr teure Stadt, es war ein Feiertagswochenende, die Reisegruppe mit 22 Leuten klein und das Programm speziell.

      Doch lasst mich wie üblich mit einem Fazit beginnen. Die Reise hat sich wirklich gelohnt, denn ich habe interessante Orte und weltberühmte Bauwerke gesehen oder wiedergesehen und vor allem viel Neues und Ungewöhnliches erlebt. Lediglich das Wetter und die beiden Reisetage ließen zu wünschen übrig. Doch dazu später mehr.

      Das Thema brachte es mit sich, dass ich diesmal natürlich nicht wie sonst oft der jüngste Teilnehmer an Bord war, denn es waren auch jüngere Leute und mehrere kleine und größere Kinder dabei, für die sich der Studiobesuch besonders gelohnt haben dürfte. Aber ich greife schon wieder vor. Mit dem Fahrer war ich vor zwei Jahren in Wien und Budapest, die Hostess kannte ich jedoch noch nicht.

      Karfreitag, 25. März: Anreise nach London

      Der erste Tag ist bekanntlich immer der anstrengendste,

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