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Hat sie eben gesagt, sie gehe mit einem Brian? Sie hat gesagt „Ich gehe übrigens jetzt mit Brian.“ Das hat sie tatsächlich gesagt. Ich erlebe diesen Moment wie in Zeitlupe.

      „Ach, du wolltest doch eben etwas sagen. Ich hatte dich unterbrochen. Entschuldige bitte. Fange doch noch mal an, Lars.“

      „Ach … nichts.“

      Der Name

      Brian. Kein Mensch heißt Brian. Ich kenne keinen Brian. Was für ein blöder Name. Ich wollte, ich hätte auch seinen Nachnamen. Dann würde ich das Internet nach ihm abscannen. Woher kennt Lisa diesen Brian? Ich würde zu gern ein Foto von ihm sehen.

      Welche Bedeutung hat dieser Name überhaupt? Hier. Da steht es.

      Der Name Brian ist keltischer Herkunft und bedeutet „hoch“ und „edel“. Er ist in Irland populär und wurde durch irische Einwanderer auch in England und Schottland verbreitet.

      Ich finde den Namen doof. Wie kann Lisa nur auf so einen abfahren? Auf unsere Schule geht der jedenfalls nicht. Glaube ich. Ich meine, ich würde es wissen, wenn es bei uns einen Brian gäbe.

      Wie kann ich Informationen über Brian bekommen?

      Ich denke hin und denke her. Ich glaube, ich kann nur von Lisa selbst Informationen bekommen. Aber ich schäme mich, sie nach Brian auszufragen. Das wäre ja irgendwie total peinlich. Nee. Das mache ich nicht. Auf gar keinen Fall. Das geht gar nicht.

      Wenn Lisa eine beste Freundin hätte, dann könnte ich die nach Brian ausfragen. Aber Lisa hat keine beste Freundin. Lisa hat mich.

      Ach, ist das alles doof.

      Der Gegeneffekt

      Liebes Tagebuch,

      heute fühle ich mich ganz elend. Lisa geht jetzt mit Brian. Und ich kenne ihn überhaupt nicht. Und Lisa kenne ich auch nicht mehr.

      In der Schule lesen wir gerade Die Leiden des jungen Werther. Ich sehe das Buch jetzt in einem ganz neuen Licht.

      „Es scheint, es genügt, einen Menschen zu lieben, um auch die anderen liebenswürdig zu finden.“ – Das ist auch von Johann Wolfgang.

      Nur bei mir ist der Effekt genau anders herum. Wenn Lisa mich nicht liebt, gehen mir alle anderen Menschen auch auf den Senkel.

      Wie schön war es, als ich Lisa noch ganz allein für mich hatte. Jetzt denke ich an unseren Tag auf dem Flohmarkt. Das war schon toll. Was wäre gewesen, wenn ich Lisa schon früher gesagt hätte, dass ich sie liebe? Dann wäre ich diesem Brian zuvorgekommen. Dann wäre alles anders gekommen.

      Jetzt werden die Wochenenden besonders lang ohne Lisa. Ich hasse von jetzt an Freitag bis Sonntag. Ich hoffe, dass sich meine Enttäuschung bald wieder legt. Ich ärgere mich so über meine verpassten Chancen. Ich hätte das mit meiner Liebeserklärung einfach durchziehen sollen. Ich war zu zaghaft. Ich sehe schon, beim Lieben muss man kaltblütiger sein.

      Am liebsten würde ich jetzt weinen.

      Uninteressiert

      „Also Lars, ich muss schon sagen, dass das richtig abstoßend ist, wie uninteressiert du bist.“ Lisa liest mir die Leviten. „Du hättest mich zumindest einmal fragen können, wer Brian ist, wie er so ist, wo ich ihn kennengelernt habe und was ich an ihm mag. Schließlich bist du mein bester Freund. Du hättest mich schon fragen müssen. Das erwarte ich.“

      Da werde mal einer aus den Frauen schlau. Ich frage: „Wer ist Brian? Und wie ist er so? Wo hast du diesen Typ kennengelernt? Und was magst du an dem?“

      „Ach. Und jetzt so viele Fragen auf einmal?“ Lisa streicht mit der linken Hand ihre dunkelblonden Haare hinter das Ohr.

      Ich schaue sie nur an. Vielleicht redet sie ja von sich aus.

      „Ich habe Brian nach dem Segelfliegen in der Rhön kennengelernt. Nach meinem ersten Alleinflug mit dir ist er auf der Heimfahrt von der Rhön mit mir im selben Zugabteil gefahren. Wir haben uns unterhalten und unsere IDs ausgetauscht. Seitdem sprechen wir regelmäßig. Irgendwann haben wir uns dann zum Segelfliegen in der Rhön verabredet. Und dann haben wir ausgemacht, dass ich ihn in Stuttgart besuche. Er hat in Nürtingen sogar ein eigenes Segelflugzeug.“

      „Du hast mir kein Wort gesagt. Du hast mich die ganze Zeit überhaupt nicht eingeweiht. Du hättest schon etwas sagen können, Lisa. Vor allem, wenn ich dein bester Freund bin, wie du sagst.“

      „Ach. Das war für mich auch alles so neu und aufregend. Ich wusste ja selbst nicht, auf was das alles hinausläuft.“

      „Wieso heißt der Typ Brian? Kein Mensch heißt Brian, Lisa.“

      „Sein Vater arbeitet als Spezialist für IT-Sicherheit und Telekommunikation bei der Eucom.“

      „Eucom? Ich verstehe nicht…“

      „Das ist das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Stuttgart.“

      „Und wie ist Brian so?“

      „Er ist phantastisch. Du wirst ihn mögen.“

      Das glaube ich jetzt aber nicht. Aber das behalte ich für mich. „Kannst du mir mal seinen Avatar zeigen?“

      „Moment.“ – Lisa greift an ihr Handgelenk. Kurz darauf erscheint Brians Hologramm über Lisas Display. „Hier ist er.“ Lisa schaut mich ganz stolz an.

      „Also, 14 ist der aber nicht.“

      „Nein. Brian ist vor zwei Wochen 17 geworden.“

      „So ein alter Falter? Mensch Lisa, warum lässt du dich auf so einen ein?“

      „Er ist total stark. Und süß. Und alles. Und sein amerikanischer Akzent ist umwerfend. Ich liebe es, wenn er spricht.“

      Was soll man dazu sagen? Offensichtlich ist Lisa mit Brian nach dem Segelfliegen von Wolke Sieben nicht mehr zurückgekehrt. Da kann ich nichts machen. Gar nichts. Ich kann sie nur weiterschwärmen lassen.

      Zu blöd. Gegen Brian komme ich nicht an.

      Heidelberg

      Papa hat mir erlaubt, dass ich Hannah und Johannes in Heidelberg besuche. Hannah gehört irgendwie schon zu unserer Familie. Vielleicht kann sie mich aufmuntern. Bei Papa hat das ja vor drei Jahren auch geklappt.

      Nach der Fahrt mit der S-Bahn steige ich am Darmstädter Hauptbahnhof in den Interregio nach Heidelberg. Mit der Straßenbahn geht es anschließend zum Bismarckplatz. Das Haus in der Fußgängerzone mit der Eisdiele im Erdgeschoss finde ich schnell. Ich läute. Mit einem Surren öffnet sich die Tür. Es riecht nach Bohnerwachs. Ich schaue im Treppenhaus nach oben. Johannes schaut aus dem zweiten Stock zu mir herab. Er winkt. Nach wenigen Momenten bin ich bei ihm. Er begrüßt mich herzlich.

      Und dann kommt auch Hannah an die Tür. Mitte oder Ende siebzig muss Hannah nun wohl schon sein. Aber ihr ganzes Wesen ist jugendlich und frisch. „Komm rein, Lars.“

      Wir nehmen im Wohnzimmer Platz. Es gibt Kakao und Eiscreme. Besser geht es nicht.

      „Hannah, ich komme gleich zur Sache, um keine Zeit zu verlieren. Ich habe Liebeskummer. Wegen Lisa. Sie hat jetzt einen Freund. Sie sagt aber, ich sei ihr bester Freund. Und damit komme ich gar nicht klar.“

      „Ich finde es sehr mutig, dass du mir das so offen erzählst. Du hast schon viele schöne Momente mit Lisa erlebt, oder?“

      „Ja, Hannah. Ich kenne sie schon mein ganzes Leben. Ich kann mir das Leben ohne sie gar nicht vorstellen. Und ich sehne mich so sehr zurück – nach der Zeit, bevor sie diesen Brian kennengelernt hat und ich sie noch für mich allein hatte.“

      „Ja, Lars. Manchmal ist das so, dass sich Erinnerung und Sehnsucht zu einem tiefen Schmerz vermischen. Das erlebst du jetzt. Und ich werde jetzt nicht sagen, dass die Zeit alle Wunden heilt. Denn das ist nicht wahr. Die Zeit kann manche, aber nicht alle Wunden heilen.“

      „Wie

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