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»haben die Kulaks mehr als einmal die Macht der Landherren, der Zaren, Priester und Kapitalisten wieder hergestellt. Es ist so bei allen früheren europäischen Revolutionen gewesen, wo es infolge der Schwäche der Arbeiter den Kulaks gelang, von einer Republik zur Monarchie, von der Herrschaft der arbeitenden Massen zur Allmacht der Ausbeuter, der Reichen, der Parasiten zurückzukehren ... Man kann den Kulak mit dem Großgrundbesitzer, mit dem Zaren und dem Priester leicht genug versöhnen, selbst wenn sie miteinander einen Streit gehabt haben, aber niemals mit der Arbeiterklasse.«

      Wer dies nicht versteht, wer an »die Entwicklung der Kulaks zum Sozialismus« glaubt, der taugt nur dazu, die Revolution an einem Riff zerschellen zu lassen.

      Es gibt in unserem Lande zwei sich gegenseitig ausschließende, wesentliche Positionen. Die eine ist die Position des den Sozialismus aufbauenden Proletariats, die andere die Position der Bourgeoisie, die danach strebt, unsere Entwicklung auf die kapitalistischen Geleise umzurangieren.

      Das Lager der Bourgeoisie und der ihr nachziehenden Ableger aus dem Kleinbürgertum setzt alle seine Hoffnung den privaten Unternehmungsgeist und die Einzelinteressen der Gewerbetreibenden. Es setzt seine Hoffnung auf den wohlhabenden Bauern und strebt danach, die Genossenschaften, die Industrien und unseren auswärtigen Handel in den Interessendienst dieses Bauern zu stellen. Dieses Lager glaubt, daß die sozialistische Industrie im Staatshaushalt von keinem Wert sei, daß sie sich nicht schnell genug entwickeln könne, um die Interessen des kapitalistischen Bauern zu schädigen. In dem Kampf um eine größere Produktivität der Arbeit sieht der erstarkende Kleinbürger nur ein Anspannen von Muskeln und Nerven der Arbeiter. In dem Kampf um niedrige Preise sieht er ein Beschneiden der anwachsenden sozialistischen Industrien im Interesse des kapitalistischen Handels, und in dem Kampf mit der Bureaukratie eine Zerrüttung der Industrie, eine Schwächung der Organisationszentren. Er sieht darin ein Zurückdrängen der Großindustrie – also wieder eine Umwandlung zugunsten des wohlhabenden Bauern, mit der nahen Aussicht auf Aufhebung des Monopols für den auswärtigen Handel. Das Ziel dieses ganzen Kurses ist der Kapitalismus im staatlichen Verteilungsplan. Eine starke Tendenz dahin herrscht in unserem Lande, und sie übt auch ihren Einfluß auf gewisse Kreise unserer Partei aus.

      Den proletarischen Kurs hat Lenin in den folgenden Worten beschrieben:

      »Wir dürfen den Sieg des Sozialismus und seine Dauer nur dann für gesichert halten, wenn die proletarische Staatsgewalt, nachdem sie endgültig den Widerstand der Ausbeuter unterdrückt und sich ihrer völligen Unterwerfung und Zuverlässigkeit versichert hat, die gesamte Industrie auf der Grundlage einer im großen Maßstabe angelegten Kollektivproduktion und der neuesten, auf Elektrisierung der ganzen Wirtschaft beruhenden Technik neu organisiert. Nur auf diese Weise werden die Städte imstande sein, dem rückständigen und undifferenzierten Lande eine so starke, technische und soziale Hilfe zu leisten, daß damit die materielle Grundlage für ein ungeheures Anwachsen der Produktivität der agrarischen und kleinbäuerlichen Arbeit geschaffen wird, und die Macht des Beispiels und das eigene Interesse den kleinen Landbesitzer veranlassen, zu einem großzügigen, kollektiven und maschinellen Ackerbau überzugehen«.

      Die ganze Politik unserer Partei – Etat, Steuern, Industrie, Ackerbau, Innen- und Außenhandel und alles – sollten auf dieser Grundlage aufgebaut werden. Dies ist der grundsätzliche Standpunkt der Opposition. Dies ist der Weg zum Sozialismus.

      Zwischen diesen beiden Positionen – mit jedem Tage treiben wir mehr nach der ersten hin – marschieren die Stalinisten in einer Linie, die aus kurzen Zickzackbewegungen nach links und großen nach rechts bestehen. Der leninistische Kurs ist eine sozialistische Entwicklung der produktiven Kräfte in einem steten Kampf mit dem kapitalistischen Element. Der versteckte neubürgerliche Kurs ist eine Entwicklung der produktiven Kräfte auf kapitalistischer Grundlage durch ein allmähliches Aufzehren der Oktobererrungenschaften. Der Stalinkurs führt in der tatsächlichen Wirklichkeit zu einer Verlangsamung der Entwicklung der produktiven Kräfte, zu einer Senkung des relativen Einflusses des sozialistischen Elements, und bereitet so den schließlichen Sieg des neubürgerlichen Kurses vor. Der Stalinkurs ist um so gefährlicher und vernichtender, weil er ein wirkliches Abweichen vom Sozialismus unter der Maske gewohnter sozialistischer Worte und Phrasen verbirgt. Ein Zuendeführen unseres Wiederaufbauprozesses würde alle grundsätzlichen Fragen unserer wirtschaftlichen Entwicklung aufhellen und so die Politik Stalins untergraben, die in keiner Hinsicht den großen Problemen gewachsen ist – weder dem der chinesischen Revolution, noch dem der Neuschaffung von arbeitendem Kapital in der Sowjetunion.

      Trotz der durch die groben Fehler der gegenwärtigen Führerschaft unendlich gespannten Lage kann alles in Ordnung gebracht werden. Aber es ist notwendig, den Kurs der Parteiführung zu ändern, ihn scharf nach der Richtung, wie sie Lenin vorgezeichnet hat, umzubiegen.

      Die Lage der Arbeiterklasse und die Gewerkschaften

      Die Oktoberrevolution hat zum ersten Male in der Geschichte ein Proletariat zur herrschenden Klasse eines riesigen Staates gemacht. Unsere Verstaatlichung der Produktionsmittel war ein entschiedener Schritt in der Richtung auf die sozialistische Umwandlung jenes ganzen sozialen Systems, das auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen begründet war. Unsere Einführung des Achtstundentages war der erste Schritt zu einer gewaltigen Hebung der materiellen und kulturellen Existenzbedingungen der Arbeiterklasse. Trotz der Armut des Landes gaben unsere Arbeitsgesetze den Arbeitern – selbst den rückständigsten, die früher jeder Gruppenverteidigung beraubt waren – gesetzliche Garantien, wie sie die reichsten kapitalistischen Staaten niemals gaben und niemals geben werden. Die Gewerkschaften, die jetzt zu unendlich wichtigen Werkzeugen in der Hand einer regierenden Klasse geworden waren, erhielten die Möglichkeit, Massen zu organisieren, die ihnen unter andern Umständen völlig unzugänglich geblieben wären, und zugleich direkt den gesamten politischen Kurs des Arbeiterstaates zu beeinflussen.

      Es ist die Aufgabe der Partei, die weitere Entwicklung dieser größten geschichtlichen Eroberungen zu sichern – das heißt, sie mit einem echten sozialistischen Geist zu erfüllen. Unser Erfolg auf diesem Wege wird durch die tatsächlichen nationalen und internationalen Verhältnisse, durch die richtige Art unseres Vorgehens und die praktischen Fähigkeiten unserer Führerschaft entschieden werden.

      Der entscheidende Faktor bei der Abschätzung der Vorwärtsbewegung unseres Landes auf dem Wege zum Sozialismus muß neben dem Anwachsen unserer Produktivkräfte und der Herrschaft der sozialistischen Elemente über die Kapitalisten vor allem eine entschiedene Verbesserung der Existenzbedingungen der Arbeiterklasse sein. Diese Verbesserung müßte sich zeigen auf materiellem Gebiete (Zahl der in der Industrie beschäftigten Arbeiter, Steigerung der realen Löhne, Charakter des Arbeiterbudgets, Lebensbedingungen, ärztliche Hilfe, usw.), auf politischem Gebiete (Partei, Gewerkschaften, Sowjets, kommunistische Jugendorganisationen) und schließlich auf kulturellem Gebiete (Schulen, Bücher, Zeitungen, Theater). Die Bemühung, die wirklichen konkreten Interessen der Arbeiter in den Hintergrund zu schieben und sie unter dem verächtlichen Namen eines »Gildensozialismus« dem allgemeinen historischen Interesse der Arbeiterklasse gegenüberzustellen, ist theoretisch falsch und politisch gefährlich.

      Die Einziehung des Mehrwerts durch einen Arbeiterstaat ist natürlich keine Ausbeutung. Aber zunächst haben wir einen Arbeiterstaat in bureaukratischer Verzerrung. Der angeschwollene und privilegierte Verwaltungsapparat verschlingt einen ganz beträchtlichen Teil unseres Mehrwerts. Zweitens ist es die anwachsende Bourgeoisie, die durch den Zwischenhandel und das Spekulieren mit den unnormalen Preisunterschieden einen großen Teil des von unserer Staatsindustrie geschaffenen Mehrwerts einsteckt.

      Im allgemeinen haben während dieser Umwandlungsperiode die Zahl der Arbeiter und ihre Existenzbedingungen sich nicht nur absolut, sondern auch relativ – das heißt im Verhältnis zum Anwachsen der andern Klassen – gehoben. Aber in der jüngsten Zeit ist da ein scharfer Umschwung eingetreten. Das zahlenmäßige Anwachsen der Arbeiterklasse und die Verbesserung ihrer Lage haben fast aufgehört, während das Anwachsen ihrer Feinde andauert und sogar ein beschleunigtes Tempo annimmt. Dies führt unvermeidlich nicht nur zu einer Herabsetzung der Lage der Fabrikarbeiter, sondern auch zu einer Herabsetzung der relativen Bedeutung des Proletariats in der Sowjetgesellschaft.

      Die Menschewisten, die Spione

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