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Bauphysik-Kalender 2022. Nabil A. Fouad
Читать онлайн.Название Bauphysik-Kalender 2022
Год выпуска 0
isbn 9783433611098
Автор произведения Nabil A. Fouad
Жанр Отраслевые издания
Издательство John Wiley & Sons Limited
Tabelle 6. Zuordnung der Feuchtebeständigkeitsbereich der DIN EN 13986 zu der zulässigen Holzfeuchte nach DIN 68800-2 und Nutzungsklasse nach DIN EN 1995
Feuchtebeständigkeitsbereich nach DIN EN 13986 | zulässige Feuchte uzul der Holzwerkstoffe in der GK 0 % | Nutzungsklasse nach DIN EN 1995-1-1 |
Trockenbereich | 15 | 1 |
Feuchtbereich | 18a) | 2 |
Außenbereich | 21 | 3 |
a) Bei einem Nachweis mittels hygrothermischer Simulation nach DIN 4108-3, Anhang D kann eine vorübergehende Überschreitung bis zu 20 M.-% toleriert werden, wenn sie nicht länger als 3 Monate andauert.
4 Schlussfolgerungen und Ausblick
Robuste Bauteile mit hohem Trocknungsreserven sind im Holzbau inzwischen weit verbreitet. Die Regelwerke und die Fachliteratur haben sich ebenfalls positiv weiterentwickelt und fördern feuchterobuste Bauteile. Hingegen fällt immer wieder auf, dass der Feuchteschutz und der damit verbundene bauphysikalische und konstruktive Holzschutz gerne in der Planung vernachlässigt werden oder es zu Fehlplanungen kommt. Neben Brandschutz- und Schallschutzkonzepten sind vollständige Feuchte- und Holzschutzkonzepte selten zu finden. Wie die Erfahrung zeigt, wird die Holzbau- und Bauphysikkompetenz in allen Disziplinen oft zu spät in den Planungsprozess eingebunden, wohingegen eine frühzeitige Berücksichtigung in vielen Fällen deutlich effektiver und kostengünstiger wäre. Aufgrund der feuchtetechnischen Anforderungen kann sich ein Bauteil u. U. stark gegenüber der ersten Entwurfsplanung ändern, so z. B. bezüglich Lage und Art der Dämmung, der Dampfbremse oder der Eindeckung. Erfolgt die Ermittlung dieser Anforderungen erst gegen Ende des Planungsprozesses, werden teure Umplanungen oder sogar Umbauten erforderlich.
Die Feuchte- und Holzschutzthematik erfährt aktuell einen weiteren Bedeutungsschub: Aufgrund der geänderten Bauordnungen und der entstandenen Kompetenz hat sich der Holzbau in den letzten Jahren immer stärker vom Einfamilienhaus oder eingeschossigen zum mehrgeschossigen Holzbau weiterentwickelt. Damit sind längere Bauphasen mit einem steigenden Risiko der Beregnung während der Bauphase und mit höheren Beanspruchungen z. B. durch Schlagregen im normalen Betrieb verbunden. Der Holzbau ist angehalten, auf diese erhöhten Anforderungen und Beanspruchungen zu reagieren und sich so weiter zu entwickeln, dass Schäden in diesen Bereichen nicht zunehmen, sondern frühzeitig vermieden werden können.
Bei allen verbesserten Planungs- und Nachweisverfahren und einer deutlichen Ausweitung der Anwendungsbereiche in den vergangenen Jahren sollte aber eines nicht in Vergessenheit geraten: Holz und Holzwerkstoffe bleiben natürliche Materialien, die bei zu hoher Feuchtebelastung auch biologisch zersetzt werden können. Sie dürfen daher nicht in Bereichen eingesetzt werden, in denen sie langfristig oder sogar dauerhaft hohen Feuchten ausgesetzt sind. Während die Anwendungsgrenzen für Massivholz inzwischen schon recht genau erforscht sind, fehlen bei den vielen verschiedenen Arten von Holzwerkstoffen und Faserdämmungen noch verlässliche Anwendungsgrenzen. Etliche Werkstoffe erweisen sich als weniger feuchteresistent als Holz, während andere sogar eine höhere Beständigkeit zeigen. Hier sind neben den Forschungseinrichtungen auch die Hersteller gefordert, entsprechende Informationen über ihre Produkte und deren Anwendungsbereiche und -grenzen zur Verfügung zu stellen. Ein allzu forsches Vordringen in kritische Bereiche ohne eine entsprechende Absicherung birgt das Risiko, den guten Ruf der Robustheit des Holzbaus wieder aufs Spiel zu setzen. Gerade bei der Anwendung von Holzwerkstoffen und -faserdämmungen in Nischenbereichen, die allenfalls wenige Prozent des Gesamtmarkts abdecken, wird hier manchmal ein hohes Risiko bei eher zweifelhaftem Nutzen eingegangen.
Insgesamt gilt aber: Der Holzbau ist klimafreundlich und ressourcenschonend. Es ist daher keine Überraschung, dass sein Marktanteil im deutschen Wohnungs- und Nichtwohnungsbau stetig wächst und 2020 die Marke von 20 % überschreiten konnte. Die deutschen Regelwerke zum Feuchteschutz haben sehr wahrscheinlich zu dieser erfreulichen Entwicklung beigetragen, da der Holzbau aufgrund der Zunahme von feuchtetoleranten Konstruktionsweisen inzwischen als robust und dauerhaft gilt. Das ist nicht zuletzt der Einführung der Trocknungsreserve bei der Feuchteschutzbeurteilung zu verdanken. Sie ist dafür verantwortlich, dass der Fokus heute nicht mehr auf der möglichst hohen Feuchtedichtheit von Bauteilen liegt, sondern auf einem ausgewogenen Feuchtemanagement. Das bedeutet, es wird generell ein hohes Austrocknungspotenzial bei gleichzeitiger Begrenzung des Feuchteeintrags angestrebt. Eine handwerklich einwandfreie Ausführung ist selbstverständlich weiterhin von größter Bedeutung, allerdings wird auch zur Kenntnis genommen, dass kleine Fehlstellen nie völlig vermeidbar sind. Das liegt aber nicht an einer vermeintlich mangelhaften Ausführung, sondern an den Gegebenheiten in der Baupraxis und auch an den Eigenschaften der eingesetzten Materialien.
Die Planung feuchtetoleranter Holzkonstruktionen erfordert Verständnis für die hygrothermischen Beanspruchungen und die damit verbundenen periodischen Befeuchtungs- und Trocknungszyklen, denen Außenbauteile ausgesetzt sind. Herkömmliche Feuchteschutzbemessungsmethoden, wie z. B. das stationäre Dampfdiffusionsverfahren nach Glaser, können in Einzelfällen zwar weiterhin zum Einsatz kommen, die Zukunft gehört aber wahrscheinlich der hygrothermischen Simulation, mit der eine detaillierte Feuchtebilanzierung für unterschiedliche Klima- und Nutzungsbedingungen ermöglicht wird. Letzteres eröffnet auch die Option für eine Gesamtplanung, in der die Feuchteschutzbemessung einen integralen Bestandteil der holistischen Gebäudeplanung repräsentiert.
Bisher sind die einzelnen Planungsschritte meist noch recht unabhängig voneinander. Auf der einen Seite stehen die Tragwerksplanung sowie die energetische, brand- und schallschutztechnische Auslegung. Die Feuchteschutzbemessung ist dabei, wie oben bereits erwähnt, meist einer der letzten Schritte. Auf der anderen Seite stehen die Planung der Heizung, der Lüftung und Sanitäreinrichtungen bis hin zur regenerativen Energiegewinnung und eventuell auch der Gebäudekühlung. Im Regelfall basieren alle Planungsschritte auf stationären Methoden, sodass die Gebäudedynamik weitgehend unberücksichtigt bleibt. Das Gleiche gilt für Fragen der Ökologie und grauen Energie. Die weltweiten Fortschritte beim BIM (Building Information Modeling) – Deutschland gehört hier leider nicht zu den Vorreitern – werden in Zukunft eine verbesserte Gesamtplanung mit einem intensiven Datenaustausch unter Anbindung der einzelnen Planungswerkzeuge erforderlich machen. Stationäre Verfahren werden dabei Zug um Zug von dynamischen Modellen abgelöst. Da sowohl die regenerative Energieerzeugung als auch die Nutzung der Gebäude immer größeren Schwankungen unterliegen werden, kommt der Wärme- und Feuchtespeicherung in Zukunft eine größere Bedeutung zu. In vielen Fällen wird auch das Zusammenspiel zwischen den Planungen von Gebäudehülle und Anlagentechnik wesentlich enger werden müssen, da beide Eigenschaften häufiger als heute auch innerhalb der Bauteile integriert sein werden. Dazu gehören z. B. thermische aktivierbare Bauteile, ins Bauteil integrierte Heiz- und Kühlsysteme, sowie energieerzeugende Bauteile. Jedes Bauteil, das ein Teil des Gebäudeheiz- oderkühlsystems darstellt, ist hygrothermischen Beanspruchungen ausgesetzt und sollte deshalb auch feuchtetechnisch bemessen werden. Die Modelle dazu sind in Form von hygrothermischen Gebäudesimulationsverfahren bereits vorhanden.
Zum Abschluss noch ein Hinweis zur Weiterentwicklung von Feuchteschutzstrategien im Holzbau. Die Zunahme von Naturkatastrophen wie Starkregen, Stürmen oder Hagel, mit der Folge von Stromausfällen oder Wasser- und Sturmschäden erfordern eine stärkere Fokussierung auf die Resilienz von Gebäuden. Das bedeutet einerseits die Resistenz der Gebäudehülle gegen akute Einwirkungen und andererseits schnelle und kostengünstige Reparaturoptionen im Schadensfall. Letzteres bedeutet, dass Schäden an Bauteilen leicht auszubessern sind und diese ggf. auch ausreichend rasch getrocknet werden