ТОП просматриваемых книг сайта:
Bauphysik-Kalender 2022. Nabil A. Fouad
Читать онлайн.Название Bauphysik-Kalender 2022
Год выпуска 0
isbn 9783433611098
Автор произведения Nabil A. Fouad
Жанр Отраслевые издания
Издательство John Wiley & Sons Limited
2.1.4 Schlagregen
Die Bedeutung des Schlagregens als Schadensursache bei Gebäuden wird heutzutage meist unterschätzt. Früher wurden ganze Bauernhöfe so orientiert, dass der Eingang zum Wohnhaus auf der Ostseite und die Stallungen auf der Westseite (Wetterseite) lagen. Wohngebäude mit einschaligen Wänden in exponierten Lagen hatten auf der Wetterseite oft einen zusätzlichen Schlagregenschutz in Form von Schindeln, Schieferoder später auch Faserzementplatten. In einigen Regionen wurden die Dächer weit heruntergezogen oder entsprechende Dachüberstände vorgesehen, alles mit dem Ziel, das Eindringen von Regenwasser in Außenwände oder ins Gebäude durch die Fenster zu verhindern. Heute bevorzugen die Planer eine kubische Architektur mit sehr geringen Dachüberständen und überlassen den Schlagregenschutz den modernen Fenstern und wasserabweisenden Putz- und Anstrichsystemen. Dies erhöht allerdings die Feuchtebeanspruchung der Fassade, sowohl durch Schlagregen als auch durch nächtliche Tauwasserbildung.
Im Folgenden werden die unmittelbaren Auswirkungen der Schlagregenbeanspruchung, wie z. B. die kapillare Wasseraufnahme und das Eindringen von Niederschlagswasser kurz skizziert und danach wird in einem eigenen Abschnitt auf die mittelbare Auswirkung des Schlagregens eingegangen, die im englischen als „Solar Vapour Drive“ bezeichnet wird, was so viel bedeutet, wie sonnengetriebene Dampfbelastung.
Die Schlageregenbeanspruchung einer Fassade kann mithilfe von stündlichen Wetterdaten relativ zuverlässig aus dem Niederschlag auf eine horizontale Fläche (Normalregen) und der gleichzeitig gemessenen vektoriellen Windgeschwindigkeit (Betrag und Richtung) berechnet werden [9]. Diese Vorgehensweise ist allerdings nur für die Beurteilung mittels hygrothermischer Simulation praktikabel. Zur Einstufung der regionalen Schlagregenbeanspruchung für vereinfachte Feuchteschutzbeurteilungsmethoden kann auf die Klassifizierung in der DIN 4108-3 [31] zurückgegriffen werden. Dort sind drei Beanspruchungsgruppen definiert, die aus einer Deutschlandkarte zu entnehmen und entsprechend der Exposition des betrachteten Gebäudes weiter anzupassen sind. Es ist offensichtlich, dass mit steigender Schlagregenbeanspruchung bei der Planung auch dem Schlagregenschutz eine größere Bedeutung zukommt. Das gilt insbesondere bei der Sanierung von alten Holzkonstruktionen wie z. B. Fachwerkhäusern [10]. Abgesehen von Fachwerkhäusern weisen traditionelle Holzkonstruktionen durch die Bekleidung mit Schindeln oder Holzschalungen in der Regel einen guten Schlagregenschutz auf. Dies ist der Belüftung des äußeren Wetterschutzes und vor allem dessen Drainageverhalten zu verdanken [11].
Anders sieht es aus, wenn das Holzhaus möglichst wie ein Massivbau aussehen soll und deshalb außen verputzt wird oder ein Wärmedämm-Verbundsystem (WDVS) aufgebracht wird. In diesen Fällen wird häufig auf eine Drainage der äußeren Bekleidung verzichtet (nach heutigen Zulassungen für WDVS auf Holzkonstruktionen wird eine sichere Wasserableitung gefordert). Wenn dann Schlagregenwasser im Bereich von Fensteranschlüssen hinter die Bekleidung läuft, kann das fatale Folgen haben. Selbst sorgfältig ausgeführte Wandkonstruktionen sind nicht vor kleineren Regenwasserleckagen gefeit. In Nordamerika wurden viele Holzkonstruktionen insbesondere mit WDVS aus dampfbremsender Dämmung wie EPS durch diesen Effekt großflächig geschädigt. Selbst Firmen aus Europa mit jahrzehntelangen Erfahrungen auf dem Gebiet der Außendämmung mit WDVS sind anfangs mit ihren Systemen gescheitert. Das Schlagregenproblem mit WDVS auf Holzkonstruktionen hat vor einiger Zeit auch Europa erreicht [12]. Auch die Lösungen dazu, wie z. B. eine zweite Abdichtungsebene unter Fensterbänken (Unterfensterbank) [13] und/oder der Einsatz diffusionsoffener Dämmstoffe zur Verbesserung des Trocknungspotenzials, sind bei uns vielen bekannt. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass der Schlagregenschutz bei Holzkonstruktionen mit WDVS heute kein Problem mehr darstellt.
Beim Mauerwerks- oder Betonbau, dem Haupteinsatzbereich für WDVS, dringt, wie man inzwischen weiß, ebenfalls Regenwasser bei den Fensteranschlüssen ein. Da Mauerwerk und Beton jedoch deutlich weniger feuchteempfindlich sind als Holz und Holzwerkstoffe, wird das selten bemerkt. Das bedeutet jedoch nicht, dass dadurch keine Probleme entstehen können. Neben einer lokalen Auffeuchtung der Dämmung wurde hier vereinzelt auch Insektenbefall (Ameisen) hinter den Dämmplatten beobachtet. Deshalb wäre auch der Massivbau gut beraten die Detaillösungen des Holzbaus genauer zu studieren.
2.1.5 Umkehrdiffusion durch Sonneneinstrahlung nach Regen (Solar Vapour Drive)
Die Dampfdiffusion findet bekanntermaßen von Zonen mit hohem Dampfdruck zu solchen mit niedrigerem Dampfdruck statt. Da in Räumen Feuchte produziert wird, zeigt die Diffusionsrichtung bei unserem Klima meist von innen nach außen. Dreht sich die Diffusionsrichtung um, dann spricht man von Umkehrdiffusion. Dass dies zum Beispiel bei Kühlräumen der Fall ist, muss sicher nicht erwähnt werden. Weniger offensichtlich ist hier schon die Situation bei unbeheizten Räumen. Auch die sind im Sommer meist kühler als die Außenluft, vor allen Dingen, wenn der Raum keine Fenster besitzt (Lagerraum) oder wenn das Gebäude eine hohe Wärmespeicherfähigkeit aufweist. Hier wird der Einfluss der Umkehrdiffusion oft unterschätzt, da die Temperaturdifferenz zwischen außen und innen kleiner ist, als im Winter. Die Dampfdruckdifferenz kann aber durchaus größer sein, da diese mit dem Temperaturniveau deutlich ansteigt. Ein Beispiel dazu ist in [15] zu finden. Es zeigt, dass bei einer unbeheizten Kartoffellagerhalle, eine innen angebrachte Dampfsperre zu Schäden führt.
Besonders groß wird der Umkehrdiffusionsstrom wenn hohe Temperatur und Feuchte zusammenkommen, wie bei einer besonnten, regenfeuchten Vorsatzschale aus Mauerwerk, dargestellt in Bild 3. Da solche Situationen allerdings meist nur von kurzer Dauer sind, werden sie kaum beachtet. Das mag auch mit den positiven Erfahrungen mit zweischaligem Mauerwerk zusammenhängen. Hier sind durch Umkehrdiffusion im Sommer normalerweise keine Probleme zu erwarten, auch wenn keine Belüftung vorgesehen wurde [16]. Handelt es sich bei der tragenden Wand allerdings um eine Holzbaukonstruktion, sieht die Sache anders aus. Schäden haben gezeigt, dass durch die sonnengetriebene Umkehrdiffusion bei häufigerem Auftreten trotz meist kurzer Dauer eine zu hohe Feuchtebelastung der Holzbauteile auftreten kann [2]. Eine Belüftung der Vormauerschale bringt hier eine deutliche Verbesserung der Situation, da die feuchte und warme Luft in der Belüftungsebene relativ rasch durch die Auftriebsströmung im Spalt abgeführt wird [17, 18].
Bild 3. Bei Besonnung einer regenfeuchte Mauerwerksvorsatzschale entsteht durch die Erwärmung des Mauerwerks ein Dampfdruckgefälle in beiden Richtungen, das dazu führt, dass während der Austrocknung ein starker Dampfdiffusionsstrom auch in die Holzkonstruktion stattfindet. [2]
Bei einem zweischaligen Mauerwerk ohne Belüftung tritt zwar eine ähnliche Feuchtebeanspruchung durch diese Umkehrdiffusion auf, aber sie kann problemlos von der Tragschale gepuffert werden. D. h. im Sommer nimmt der Wassergehalt im Außenbereich der Trageschale etwas zu, allerdings wird diese Feuchte im Winter wieder abgegeben, ohne dass es jemals zu kritischen Feuchtezuständen kommt. Deshalb ist eine Hinterlüftung der Vorsatzschale hier nicht notwendig, sondern aus energetischer Sicht eher kontraproduktiv. Auch bei einer zweischaligen Außenwand mit tragender Holzbaukonstruktion wird der Wärmedurchlasswiderstand durch Hinterlüftung der Vorsatzschale im Winter etwas verringert. Deshalb sollte die Belüftung nur so stark wie notwendig ausgeführt werden oder die sommerliche Auffeuchtung der Holzkonstruktion durch andere Maßnahmen begrenzt werden.
2.1.6 Dampfkonvektion durch Undichtheiten in Außenbauteilen infolge von Luftdruckdifferenzen
Bild 1 zeigt bei den hygrothermischen Beanspruchungen von Bauteilen auch einen nach beiden Seiten gerichteten grauen Pfeil zur Luftdruckdifferenz auf. Dieser Pfeil soll die Möglichkeit von Luftströmungen durch ein Bauteil darstellen. Da jedes Außenbauteil luftdicht sein sollte, wird dieser Effekt bei der