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waren. Es herrschte ein ganz schönes Chaos und Durcheinander.

      Voller Motivation starteten wir in die ersten Aufräumarbeiten hier am Hof. Mit Sichel, Sense und Handschuhen machten wir Stück für Stück die Flächen um die Gebäude sowie die Innenräume frei. Wir sortierten Müll von Brauchbarem auseinander, entsorgten große Mengen von Abfall und eigneten uns so in kleinen Schritten den Hof Wieserhoisl für unsere Vorhaben an. Wir suchten nach brauchbaren Möbeln in den Scheunen und richteten die Küche so ein, dass sie nutzbar wurde. Wir malten die Zimmer im Wohnhaus neu aus und bezogen unsere ersten Schlafräume.

      In den Wirtschaftsgebäuden gab es neben brauchbaren Gegenständen auch sehr viele, von deren Verwendungszweck wir keine Ahnung hatten. In dieser Anfangszeit wurde es zu einem lustigen Zeitvertreib, mit verschiedenen Menschen in diesem Sammelsurium herumzustöbern. Immer wieder konnte jemand gewisse Gegenstände ihrem Zweck zuordnen. Vieles blieb auch später ein Rätsel und wurde irgendwann endgültig entsorgt.

      Unsere Hauptmotivation: Neugierde und die Lust, das machen zu können, was wir uns vorstellten. Mit lieben Freund*innen ein tolles Projekt umsetzen zu können. Und wir hatten keine Angst. Wir starteten einfach mutig, ohne alles bis ins letzte Detail durchdacht oder geplant zu haben. Alles war noch offen, sogar der zeitliche Horizont. Die Vorstellung davon, über die nächsten Jahren dabei zu bleiben, war noch kein Thema. Wir hatten ja gerade die ersten Schritte getan. Wie lange wir bei diesem Vorhaben bleiben würden, stand noch in den Sternen.

      Wir werden nicht die Letzten sein – von Hintergründen, Pionier*innen, Abenteurer*innen und unseren Vorbildern

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      Bevor wir uns hineinstürzen in all das, was am Wieserhoisl so vor sich geht, lass uns doch einen Blick auf die Ideengeschichte hinter dem Konzept des kollektiven Lebens und Arbeitens werfen. Woraus hat sich die Idee entwickelt, welche wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Entwicklungen und Standpunkte stecken dahinter? Hier findest du ganz viele Hintergrundinfos zum Kollektivgedanken, zur alternativen Ökonomie und darüber, wie wichtig es ist, sich untereinander zu vernetzen. Alles klar? Dann lass uns loslegen.

      Alternative Formen des Lebens, Arbeitens, Wirtschaftens, fernab von traditionell-bürgerlichen Vorstellungen, entstanden insbesondere innerhalb der Gegenkulturen und Alternativbewegungen in Folge der 1968er-Proteste. Klar, alternative Vorstellungen in Bezug auf die Organisation von Gesellschaft und damit auch von Staat und Wirtschaft gibt es seit Urzeiten: von Platon, der an die Spitze seines utopischen Staates die Philosophen setzte, bis zu den Gesellschaftstheoretiker*innen des 19. Jahrhunderts, die sich Bilder eines gerechten Idealstaates ausmalten, in dem der Kollektivbesitz eine tragende Rolle spielt. In diesen Vorstellungen findet eine Umwälzung der gesamten Gesellschaft statt.

      Der Kollektivgedanke, der aus der 68er-Bewegung (für nähere Infos schau auf Seite 36) entstanden ist, beginnt zunächst in der Gruppe, quasi eine andere Form der Familie, die unabhängig von Verwandtschaftsverhältnissen zusammenfindet. Er ist eng mit der Herausbildung der Graswurzelbewegungen verbunden; viele damals neu entstandenen Bürger*inneninitiativen agierten nach dem Motto: „Global denken, lokal handeln.“ Die Idee ist es, in diesem Mikrokosmos die Vorstellungen von Gleichheit, Fairness und Solidarität zu erproben. Und in der Folge die eigene Vision in die Welt zu tragen und anderen zu zeigen, dass es alternative Wege gibt. Heute ist der Kollektivgedanke vielerorts bereits in Unternehmen, Projekten und sogar Wirtschaftssystemen durchgedrungen (schau auf Seite 38).

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      › Ein Zusammenspiel: Welche Entwicklungen in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft sorgten eigentlich für die Herausbildung des Kollektivwesens? Wir nähern uns dem Gedanken hier spielerisch.

      Dabei stehen Kollektive in ständigem Konflikt mit realpolitischen Gegebenheiten und institutionellen Hürden, was unter anderem die Frage des Besitzes verdeutlicht (mehr dazu findest du auf Seite 172). Wir sind uns natürlich bewusst, dass wir im weltweiten Vergleich zu den privilegiertesten Menschen zählen; dass wir die Möglichkeit haben, unsere Freiheiten auszuleben – eine Möglichkeit, die viele nicht haben. Aber letztlich sind es ja auch genau solche Missstände und Unfreiheiten, die wir anprangern möchten. Wir stellen die Kehrseiten unseres spätkapitalistischen Zeitalters massiv infrage. Wir wollen daran rütteln, die Fesseln der modernen Gesellschaft aufbrechen und in Richtung eines solidarischen Miteinanders gehen (mehr zu unserer Vision erzählen wir dir ab Seite 54).

      Rückblende auf die Zeitenwende: Geschichtliche Entwicklungen und Vorreiter für unsere Überzeugungen

      Dass diese Idee des kollektiven Lebens, der Selbstbestimmung, gerade Mitte des 20. Jahrhunderts nach der 1968er-Revolte entstand, lässt sich auf vielerlei politische, wirtschaftliche, soziale Entwicklungen dieser Zeit zurückführen. Ohne hier einen Geschichtsunterricht veranstalten zu wollen – nicht zuletzt, weil wir natürlich nur einen kurzen Ausschnitt darstellen können –, möchten wir ein wenig versuchen, diese Entwicklungen nachzuzeichnen und nachzuspüren, warum dieser Gedanke so wichtig geworden ist. Wir beziehen uns auf internationale Phänomene, können dabei aber leider nicht verhindern, dass wir einen westlich geprägten Blick darauf werfen. Viele der Rechte, Werte, Annehmlichkeiten, die im Zuge der hier genannten geschichtlichen Entwicklungen eingefordert und umgesetzt werden und wurden, können nur sehr wenige Menschen weltweit für sich beanspruchen – und das verurteilen wir zutiefst.

      Ein kurzer Blick auf die Geschichte oder: Die Gesellschaft im Wandel

      Ganz eng mit den gesellschaftlichen Entwicklungen vor allem der letzten zwei Jahrhunderte verknüpft ist das Konzept der Freiheit. Das stellt für die Menschen eines der höchsten Güter dar und war doch für den Großteil der Menschheitsgeschichte nur ein Privileg von wenigen. Ganz allgemein waren unsere Vorfahren mehrheitlich und für lange Zeit in autoritären Herrschaftssystemen, Formen von Unterdrückung und Ausbeutung gefangen.

      Für die Länder des Globalen Nordens begann sich das im Übergang in die Neuzeit zu ändern. Im Zuge der Aufklärung wurde gefordert, dass die Menschen sich aus ihrer Unmündigkeit befreien (nicht zuletzt durch Bildung). Als Meilensteine in dieser Entwicklung lassen sich die Entstehung des Bürgertums, die Trennung von Staat und Kirche sowie als bekannte und weitreichende Aufstände die Französische Revolution und die Arbeiterbewegung im Übergang zum 20. Jahrhundert nennen, außerdem nicht zuletzt die Hinwendung zu auf Demokratie basierenden politischen Systemen. Heute ist die persönliche Freiheit als Grundrecht in der Verfassung vieler Nationen (so auch in Österreich, Deutschland und der Schweiz) verankert.

      Ein ewiger Streit: Gemeinwohl und Marktfreiheit

      Dabei kollidieren die Vorstellungen von Freiheit in Bezug auf den Menschen und Freiheit in Bezug auf das Wirtschaftssystem. Spätestens seit dem 19. Jahrhundert stehen sich zwei Rivalen auf der Weltbühne gegenüber: einerseits der Sozialismus, die Idee des Gemeinwohls, der Demokratie, auf der anderen Seite der Wirtschaftsliberalismus, der einen freien Wettbewerb fordert und davon überzeugt ist, dass die Marktwirtschaft keinen Beschränkungen unterliegen soll.

      Im Verlaufe des 20. Jahrhunderts halten sich die beiden in der Waage; mal überwiegt das eine, dann das andere, das Muster läuft immer ungefähr so ab: Nach einer Krise wird die Wirtschaft staatlich unterstützt, bis sie sich wieder erholt hat, es folgt eine Zeitspanne des Wohlstands, bevor die Freiheiten des Marktes sich wieder ins Negative umkehren und die nächste Krise ansteht. Dieses Wechselspiel können wir bis heute beobachten. Es bleibt die große Herausforderung von Politik und Wirtschaft, die zwei so gegensätzlichen Konzepte zusammenzuführen. Das lässt sich alleine aufgrund ihrer Wesensarten

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