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von Angeboten. Manchmal so viele, dass man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sehen kann. Ganz anders ist es in Städten wie Kabul oder Beirut.

      In vielen Ländern aber, die ich besuchte und in denen ich mit meinen Seminaren oder Beratungen auf Menschen zuging, war ich einer der wenigen, und in Kabul, so wurde mir gesagt, sogar der erste Ausländer, der offen das Thema recherchierte. Einzelne Ausländer würden in geschlossenen Botschaftsfestungen für ausländische Militärtruppen oder innerhalb der UNO Yoga anbieten.

      Vor meinem Abflug nach Afghanistan hatte ich mich gut vorbereitet. Ich las Bücher über das Land und suchte im Internet Artikel über das alte und das moderne Kabul. Ich stellte über das Internet Kontakte mit Menschen in Kabul her, um sozusagen aus erster Hand zu hören, wie das Leben dort ist.

      Die Rückmeldungen meiner Kontaktpersonen in Kabul waren eher ernüchternd. Man wusste nichts von Angeboten an Meditationskursen oder Vorträgen. Ich konnte den E-Mails entnehmen, dass viele Menschen Angst hatten, sich zu öffnen, weil man sich vor Repressalien gewisser Regierungsstellen oder der Religion fürchtete. Dennoch war ich überzeugt, auf interessierte Menschen zu stoßen.

      Die Stewardessen öffneten die Türen des Flugzeuges, unser Pilot verabschiedete sich mit seinem sympathischen norwegischen Akzent von uns und bedankte sich, dass wir seine Fluggesellschaft ausgewählt hatten. Langsam stieg ich die Treppe hinunter und ging in Richtung der Flughafengebäude. Ich war erstaunt, wie schnell ich durch Immigration und Zoll kam. Am Ausgang würde, so wurde mir versichert, ein Fahrer mit meinem Namenschild warten. Es standen nur sehr wenige Leute dort. Einige Afghanen und drei oder vier weiße Männer. Die meisten waren in Zivil, mit ihren breiten und muskulösen Körpern, aber leicht als Söldner oder Sicherheitspersonal zu erkennen. Ein Soldat in amerikanischer Uniform beobachtete, wie ich mich suchend umsah. Mein Fahrer war nicht hier. Der Soldat fragte, ob ich Hilfe bräuchte. Ich schüttelte den Kopf.

      Das fängt ja gut an, fuhr es mir durch den Kopf. Etwas Angst machte sich in meinem Brustkorb breit. Ich schloss langsam meine Augen, um meine Intuition nach der Situation abzufragen. Unsicherheiten und Ängste sind Erzfeinde unserer Intuition. Wie oft schon waren wir auf dem richtigen Weg, ließen uns aber durch Ängste verblenden und drehten kurz vor dem nächsten erfolgreichen Etappenende um.

      Mein inneres Orakel zeigte mir grünes Licht! Ein gutes Zeichen! Ich war erleichtert. Im meinem Buch Hellsichtig habe ich genau erklärt, wie das innere Orakel angezapft werden kann und wie man um Hilfe bittet.

      Ich öffnete meine Augen und stellte mich entspannt in den Schatten. Tatsächlich tauchte nach wenigen Minuten ein junger Mann auf. In der Hand hielt er ein Schild mit meinem Namen. Er sei im Verkehr aufgehalten worden, entschuldigte er sich.

      Für die ersten Nächte hatte ich mir in einem Hotel im Zentrum von Kabul ein Zimmer reserviert. Das Gästehaus meiner Kundin war in einem Außenquartier der Stadt und ich wollte die Möglichkeit haben, die Stadt aus verschiedenen Perspektiven kennenzulernen. Außerdem versprach ich mir im Hotel die Bekanntschaft anderer Ausländer, die mir bei meinen Recherchen sicher behilflich sein konnten.

      Ich sehe einen Teil meiner Aufgabe darin, immer wieder geistige Grenzen zu sprengen. Durch meine vielen Reisen treffe ich Leute aus unterschiedlichen Kulturen, mit unterschiedlichen Religionen und gänzlich gegensätzlichen Denkmustern. Einer meiner Geistführer ist von Sirius und heißt »The Embassador«, der Botschafter. Für mich ist er einer der Botschafter zur geistigen Welt. Gleichzeitig regt er mich dazu an, als Botschafter zwischen Kulturen und spirituellen Ideen zu agieren.

      Mein Fahrer sprach etwas englisch und beantwortete mir in gebrochenen Sätzen, so gut er konnte, meine Fragen zu Land, Kultur und Kabul. Ich war fasziniert! Über der Stadt lag eine Aura, die so angespannt war wie die Seite einer Gitarre. Man sah überall Menschen, die ihren Alltag lebten und man hatte fast das Gefühl, an einem »normalen« Ort zu sein. Dass dem nicht so war, zeigten die an jeder Straßenecke oder Kreuzung stehenden Soldaten. Kabul, so war mir schnell klar, ist eine Festung.

      Ich war beruhigt, als mein Fahrer mir zu verstehen gab, dass wir beim Hotel angekommen seien. Erstaunt sah ich mich um, ich entdeckte kein Schild oder Schriftzug am Gebäude, das mein Hotel sein sollte. Später wurde mir erklärt, dass Hotels, in denen ausschließlich Ausländer absteigen, aus Sicherheitsgründen keine Schilder oder Schriftzüge mit dem Hotelnamen tragen.

      Am Eingang war ein Schlagbaum, drei schwer bewaffnete Wachen standen daneben. Wir mussten uns identifizieren und wurden durch die Eingangsschleuse gebracht. Ein Tor öffnete sich vor uns, wir fuhren hinein und mussten warten. Das Tor schloss sich und erst als dieses ganz zu war, öffnete sich das zweite Tor. Weitere, schwer bewaffnete Wachen grüßten uns. Welcome to Kabul!

      Ich checkte ein und ging in mein Zimmer. Langsam setzte ich mich auf mein Bett. Erst jetzt merkte ich, wie nervös ich war. Ich wollte mich entspannen und schloss meine Augen. Tief ein- und ausatmend beruhigte ich mich und fing an zu meditieren. Das Rattern eines Helikopters durchbrach die Stille meiner Meditation. Ich öffnete die Augen und sah aus dem Fenster. Tief über den Dächern flog ein Militärhelikopter seine Kreise. Der Krieg, so lernte ich in den nächsten drei Wochen immer wieder, lässt einen nie in Ruhe. Ich rief zwei meiner Kontaktpersonen an, um mitzuteilen, dass ich gut angekommen sei. Am Nachmittag setzte ich mich in den Hotelgarten und überlegte mir einen Vorgehensplan für die kommenden Tage.

      * Martin Zoller: Hellsichtig. GigerVerlag, 2010

      Enttäuscht!

      Soweit ich mich erinnern kann, war ich immer an Geschichte, Kulturen und religiösen oder spirituellen Ideen interessiert. Als kleiner Junge faszinierte mich die griechische und römische Götterwelt. In meiner Fantasie reiste ich zum Olymp, um Zeus und dessen Gefolge zu besuchen. Ich liebte es, durch alte Klöster und Schlösser zu streichen und stellte mir vor, wie damals gelebt und gewaltet wurde.

      Kurz nach meiner Pubertät fing ich an, mich bewusst für Spiritualität zu interessieren. Ich las Bücher über verschiedenste Philosophien, Religionen und Lebenseinstellungen. Ich spürte in mir sehr stark den Drang, mehr über diese für mich so faszinierenden Themen lernen zu wollen.

      Kurz nach meinem zwanzigsten Lebensjahr folgte ich dem Ruf meines Schutzengels nach Indien, um mehr über Meditation und Medialität zu lernen. Für mich war damals klar, dass ich den Rest meines Lebens in einem Ashram oder einer spirituellen Kommune verbringen wollte. Als ich meinen Rucksack packte, um nach Indien zu reisen, zogen unendliche Filme über das, was mich wohl erwarten würde, durch meinen Kopf. Ich war sehr gespannt!

      Wie schön muss es sein, so dachte ich, von spirituellen Menschen umgeben zu sein, die nur das Beste füreinander wollen. Kein Streit, keine Auseinandersetzung oder andere, den menschlichen Makel widerspiegelnde Ausdrucksformen.

      Mein erster Bestimmungsort war der Ashram von Sai Baba. Ich wählte diesen Ort, weil ich Visionen über Sai Baba hatte. Im Ashram angekommen, hatte ich gleich das Gefühl, endlich den Ort gefunden zu haben, an dem ich den Rest meines Lebens verbringen wollte. Ich traf Menschen aus der ganzen Welt, konnte mich in verschiedensten Sprachen ausdrücken und lernte viel über Meditation und Medialität. Alles schien perfekt. Es dauerte aber nicht lange und meine Illusion, den heilen Ort gefunden zu haben, bröckelte ab wie die Farbe an den Wänden eines vor sich hin modernden Hauses. Es fing damit an, dass die Helfer im Ashram, auch Ashram-Gestapo genannt, mir immer wieder verbieten wollten, mit Mädchen im Ashram zu sprechen. Das, so wurde uns erzählt, sei zu unserem Wohle, da wir uns vom anderen Geschlecht nur ablenken ließen.

      Mein Einwand, dass wir doch von Gott geschaffen wurden, um miteinander umzugehen und voneinander zu lernen, wurde forsch abgewiesen. Wie so oft bei religiösen Fanatikern oder Machtmenschen, wurde keine logische Erklärung für deren Handeln gegeben. Es war einfach so und damit musste man sich abfinden.

      Um mich vom Ego Einzelner nicht beeinflussen zu lassen, konzentrierte ich mich auf die Lehren Sai Babas. Ohne Zweifel sind diese eine sehr gute Brücke, um das Ufer der Selbsterfahrung zu erreichen.

      Dort lernte ich den Führer einer südamerikanischen Sai Baba-Gruppe kennen. Sein Wissen und sein Charisma faszinierten mich sofort. Eines Tages erzählte er mir, wie in seinem Land die einzelnen

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