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angewendet. Beim Burn-out liegt die Betonung mehr darauf, dass sich jemand in seinem Beruf verausgabt hat: Vielleicht musste er über einen langen Zeitraum unter hohem Druck und Zeitmangel arbeiten, wurde aber in seinen Anstrengungen überhaupt nicht wertgeschätzt. Vielleicht gab es auch über lange Zeit unlösbare Konflikte oder gar Mobbing am Arbeitsplatz.

      Beim Burn-out, das eigentlich keine fest umschriebene medizinische Diagnose ist, steht die körperliche Erschöpfung im Vordergrund. Sie entsteht, wenn Mitarbeiter sich ständig überfordert fühlen, sich dabei auch noch selbst überfordern und sich nicht mehr von der Arbeit distanzieren können. Irgendwann entwickeln sich dann schon bei den geringsten Anforderungen Versagensängste und psychische Fehlleistungen. Eine depressive Grundstimmung kommt meist hinzu.

      Bei einem schweren Burn-out kann es zu einer Depression kommen, wenn sich dieser Prozess der Überarbeitung auf die gesamte Persönlichkeit auswirkt und die Seele tiefgreifend erfasst. Der Begriff „Burn-out“ ist heute eine gesellschaftlich anerkannte Krankheitsbezeichnung, die oftmals dazu dient, die stigmatisierende Diagnose „Depression“ nicht in den Mund nehmen zu müssen.

      Wie Sie noch sehen werden, gibt es nicht „die“ Depression oder „den“ Burn-out-Zustand, sondern jeder Mensch reagiert ganz unterschiedlich auf lange anhaltenden psychischen Stress. Gleichgültig, welche Diagnose man Ihnen zuschreibt – mir persönlich geht es mehr darum, dass Sie das konkrete Leiden als eine nachvollziehbare Reaktion Ihres Körpers und Ihrer Seele verstehen können. Auf diese Weise können Sie sich sehr viel besser Gesundungsprozesse erschließen.

      Als larvierte Depression versteckt sich die Krankheit hinter diversen körperlichen Beschwerden, von chronischen Verdauungsstörungen über Herzprobleme, Tinnitus bis hin zu Nervenschmerzen. Häufig haben depressive Menschen schon seit Jahren körperliche Beschwerden, die eigentlich seelische Gründe haben. Die agitierte Depression beschreibt einen krisenhaften Krankheitszustand, bei dem die Betroffenen sich hochgradig unruhig bis panisch fühlen. Die frühere Bezeichnung endogene Depression ist längst überholt. Dabei wurde angenommen, dass die Depression ohne jeden Anlass einfach so „ausbricht“, wenn es dafür eine familiäre Vorbelastung gibt. Diese Einschätzung wurde im Grunde gegeben, weil man sich die Ursache, warum bestimmte Menschen depressiv reagieren, nicht erklären konnte, oder weil man damals nicht wusste, was dagegen half. Sicherlich gibt es auch heute ganz schwere Depressionen bei besonders vorbelasteten Menschen, deren Behandlung langwierig ist, vielleicht sogar schwer zu beeinflussen ist und eines ganz besonderen therapeutischen Engagements bedarf. Manchmal gibt es auch Lebenssituationen, in denen Krankheit eine mögliche Form ist, das eigene Leben zu bewältigen. Grundsätzlich kann man jedoch davon ausgehen, dass jede Depression ihre innerpsychischen Gründe hat, wie schwerwiegend diese auch sein mögen.

      Viele Betroffene sind jedoch deshalb in die Krise geraten oder depressiv geworden, weil sie in ihrer Kindheit traumatisierende Erfahrungen gemacht haben, etwa jahrelanges Mobbing in der Schulzeit oder mangelnde Unterstützung bis hin zu Missachtung und Gewalt in der eigenen Familie. Manche haben schwere Verluste erlitten, die sie nicht verkraftet und erst einmal völlig weggedrängt haben. Auch unverarbeitete Kriegserlebnisse können noch Jahrzehnte später in bestimmten Lebenssituationen hochkommen und massive depressive Krisen auslösen. Es kann sich auf diese Weise eine Posttraumatische Belastungsstörung zeigen, die ähnlich wie eine Depression ganz unterschiedliche Symptome verursacht.

      Jemand, der durch gewisse Lebensumstände in eine Krise gerät und doch bis vor Kurzem noch voll im Leben gestanden hat, ist nicht kontinuierlich in einem Erwachsenenzustand, sondern fällt häufig emotional in den Zustand zur Zeit seiner Vorerfahrung zurück (Flash-back).

      Das kann zum Beispiel das Lebensgefühl eines ängstlichen Kindes sein, das sich verständlicherweise nicht viel zutraut im Leben und voller Versagensängste ist. Gleichgültig, welche traumatischen Ereignisse zugrunde liegen, auch die Folgen einer Traumatisierung können mit entsprechender Unterstützung vollständig ausheilen. Unter anderem im Kapitel über Stimmungsschwankungen und Spaltungsphänomene komme ich auf diese Problematik ausführlich zu sprechen. Unter entsprechenden unterstützenden Bedingungen, sei es mit oder ohne Medikamente, ist eine Depression grundsätzlich heilbar. Manchmal sind die Bedingungen für eine Heilung noch nicht gegeben. Das kann sich jedoch jederzeit ändern. Meine Beobachtung von Krankheitsverläufen, die über Jahre gingen und als chronisch bezeichnet wurden, hat mir gezeigt, dass allein durch ein neues Verständnis von sich selbst oft erstaunliche Fortschritte eingeleitet werden.

      Wenn Sie von diesem Buch profitieren möchten, ist es nicht wichtig, welche genaue Diagnose Sie haben oder wie lange Ihre Krankheit schon besteht. Hier geht es um lösungsorientierte Strategien, die gleichermaßen auch „Gesunde“ nutzen können. Der Einfachheit halber werde ich im Folgenden vorwiegend den Begriff „Depression“ verwenden, gleichgültig, ob es sich um eine traumabedingte schwere depressive Krise oder vielleicht nur um ein vorübergehendes Stimmungstief oder ein Burn-out handelt.

      Mir geht es darum, konkrete Ideen zu entwickeln, wie Sie sich Schritt für Schritt stabilisieren und wieder zu Ihrer Lebendigkeit und Schwingungsfähigkeit zurückfinden (oder sie ganz neu für sich entdecken).

      Kurz gesagt: Unter andauerndem seelischem Stress und chronischer Überforderung kommen in unserer emotionalen Gehirnregion, dem „limbischen System“, mehrere Botenstoffe so sehr zum Versiegen, dass Stimmung, Motivation und Antrieb einen Tiefpunkt erreichen. Menschen leiden dann auf einmal unter seelischen Symptomen wie Niedergedrücktheit, Panik, Ängsten, Unruhe, Antriebsarmut, gebremster Wut, Traurigkeit, Lustlosigkeit und extremen Stimmungsschwankungen. Die Betroffenen ziehen sich plötzlich von Freunden und Bekannten zurück, da sie sich so „anders“ erleben und die „Normalität“ der anderen schwer ertragen. An Depression erkrankte Menschen fühlen sich häufig wie „im Nebel“ und wirken, als wären sie innerlich „weggetreten“. Eine der schlimmsten Empfindungen ist jedoch wahrscheinlich das Gefühl der „Gefühllosigkeit“. An die Stelle von Gefühlen treten Phänomene wie Gedankenkreisen, Katastrophenfantasien, Denkblockaden, Zerstreutheit und erhöhte Vergesslichkeit.

      Wir wissen, dass bei emotional als belastend, stressig oder gefährlich erlebten Situationen von den Kernen der Amygdala im limbischen System Signale ausgehen, die Alarm auslösen, indem sie den Cortisolspiegel, aber auch den Adrenalin- und den Noradrenalinspiegel im Körper erhöhen. Die Folge ist ein Anstieg von Puls, Blutdruck, Atemfrequenz, Blutzucker, Temperatur und Muskelanspannung. Dies erzeugt den bekannten Zustand von innerer Unruhe bis zu Angst und Panik. Gezielte Blutgefäßveränderungen in einzelnen Organen oder Körperteilen können je nach der persönlichen Konstitution des Einzelnen zu Körpersymptomen führen, die man sich manchmal schwer erklären kann. Auf lange Sicht kann es zu einem Versagen der Funktion der Nebennierenrinde mit chronischer Erschöpfung des gesamten Systems kommen. Dies geht oft mit einer Schwächung des Immunsystems einher und das kann zu verschiedenen Krankheiten führen.

      Diesen Alarmzustand können wir nicht willentlich steuern. Es handelt sich nämlich dabei um sogenannte Reflexe, die auch bei Tieren ausgelöst werden, wenn Gefahr droht. Ihr Sinn ist, dass wir entweder kämpfen oder fliehen oder uns völlig tot stellen können. Der Unterschied zum Tier ist nur: Tiere reagieren sich ab, bis die Stresshormone verbraucht sind. Dadurch können sie schnell wieder zum Ruhezustand zurückkehren, wenn die Gefahr vorbei ist. Sie fangen dann wieder ganz normal an zu fressen, als wäre nichts geschehen. Wir Menschen aber bleiben meist auf allen unseren Stresshormonen „sitzen“. Das äußert sich dann in all den Symptomen, unter denen Depressive und Menschen im Burn-out leiden.

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       Vereinfachtes Modell des Alarmsystems im Gehirn und seiner Auswirkungen auf Körper und Seele

      Wird ein Mensch auf diese Weise lange Zeit seelisch und körperlich überfordert, zum Beispiel durch das chronische Gefühl: „Ich halt‘ das nicht mehr aus!“, so wird das innere Alarmsystem nicht mehr ausgeschaltet und es fehlt die Erholung auf körperlicher und seelischer Ebene.

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