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durch mehr davon. Gibt es also die Probleme, weil es vom Geld zu wenig gibt? Um Himmels willen nein, denn Geld gibt es nicht nur genug, es gibt mehr als genug, es gibt viel zu viel davon! Natürlich niemals für den, dem es gerade fehlt, dem es für dies und jenes fehlt oder gleich insgesamt, um zu überleben oder jedenfalls ordentlich leben zu können. Für wen aber ist das Geld denn dann, so viel es heute gibt, zu viel? Für das Geld selbst: Das zeigen seine Krisen. Denn Geld, wie es heute weltweit in Kraft und Geltung ist, muss mehr werden, sonst gerät es in die Krise. Sicher, es mag auch Menschen geben, die nie genug bekommen können, und zwar nie genug Geld. Doch dass die «Wirtschaft» durch solche Menschen zum Wachstum gezwungen würde, ist ein Märchen. Das Geld, von dem Menschen heutzutage leben müssen, muss – in einer kapitalistischen Geldwirtschaft wie der heute gültigen – seinerseits erwirtschaftet werden, und zwar indem unter Aufwendung von Geld mehr Geld erwirtschaftet wird, als aufgewendet wurde. Sobald das nicht gelingt oder dieses Wachstum gesamtwirtschaftlich auch nur etwas zu gering ausfällt, bedeutet das Krise. Und zwar nicht deshalb, weil da gierige Menschen die Krise kriegen würden, sondern weil die Wirtschaft ganz objektiv ins Stocken gerät. Die Menge Geld, die jeweils aktuell auf diesem Globus umläuft und die nun schon seit Jahrhunderten immer grösser wird, muss immer noch grösser werden, und das heisst, sie braucht in einem entsprechend Jahr für Jahr weiter wachsenden Masse auch immer noch mehr Anlage- und Vermehrungsmöglichkeiten. Wenn die sich in der produzierenden Wirtschaft nicht mehr ausreichend bieten, müssen solche in der Finanzwirtschaft aushelfen – und sie tun dies sehr erfolgreich. Doch je erfolgreicher diese Geldvermehrung funktioniert, Geld also pflichtgemäss als Kapital funktioniert und zu mehr Geld wird, umso sicherer bereitet sich eben dieser Erfolg jeweils selbst die Schwierigkeit, irgendwann nicht mehr erfolgreich genug sein zu können: Es gibt zu viel Geld gemessen an zu wenig Gelegenheiten, dieses Geld weiter zu vermehren – Gewinne zu machen. Und so hagelt es eine Zeit lang Verluste.

      An Geld also mangelt es nicht, wenn Geld allenthalben fehlt. Im Gegenteil: Allenthalben fehlt es, weil Geld da ist. Das Geld selbst macht die Probleme, die nur durch Geld zu lösen sind – oder sagen wir: zu lösen wären. Das viele Geld, es löst sie nicht, es setzt sie überhaupt erst in die Welt. Und das dank einer Einrichtung, die ihm die Macht dazu verleiht, ja, die das Geld als diese Macht inthronisiert: unsere Art der Wirtschaft. In der Marktwirtschaft wird bekanntlich alles über Geld geregelt, und das heisst, was Menschen hervorbringen und womit, wovon und wodurch sie leben, ist in der Hauptsache zu bezahlen, sie bekommen es gegen Geld und brauchen dafür Geld, da sie es nur noch gegen Geld bekommen. Das heisst nicht, dass jeder einzelne Handschlag, jeder Gedanke, jede Geste nur noch stattfindet, wenn da jemand für sie zahlt. Doch dass sie insgesamt stattfinden können, das setzt in jedem Fall voraus, dass da, für zahllose andere Dinge, Geld geflossen ist. Und in diesem Sinn ist in unserer Art von Wirtschaft sehr wohl alles abhängig gemacht vom Geld. Vom Gang des Geldes, von dessen Wohl und Wehe – auch wenn ihm selbst da gar nichts weder wohl noch wehe tut – hängt das der Menschen ab. Und das der Menschheit.

      Da herrschen denn die Probleme in mächtigem Plural. Wovon die Menschen leben, Nahrung, Wasser, Wärme, Luft und all die schönen Dinge, es muss sich, vermittelt über Geld, auch ganz nach dessen Logik richten: nach der Logik einer Un-Substanz, die sich aber so ganz anders verhält als das, was den Dingen und den Menschen gut- und nottut. Nach dieser Logik werden in jedem Supermarkt unablässig Lebensmittel vernichtet und müssen sie vernichtet werden, nicht weil es nicht möglich wäre, sie denen zukommen zu lassen, die davon zu leben hätten, sondern weil es die Geldlogik erzwingt: weil es nämlich weniger Geld kostet – nicht etwa Kraft, Überlegung und guten Willen –, überlagerte Kisten Obst im Ganzen wegzuwerfen, als nur die verdorbenen Stücke auszulesen. Nach dieser Logik muss das, wovon wir leben, auch auf eine Weise produziert werden, die jederlei Vergiftung, jede Form der Verschwendung und alle nur erdenklichen Arten der Brutalität billigend in Kauf nimmt, und mehr noch, die sie gezielt in die Geld-Rechnung mit einbezieht. Nach eben dieser Logik steht alles, von den einzelnen Menschen bis hinauf zu ganzen Staatenblöcken, im Zeichen harter Konkurrenz – bis zum fernen Hindukusch.

      Alles, wie und wovon Menschen leben, wird, da Geld zu seinem Zweck geworden ist, Mittel zum Zweck, das Mittel zu diesem Zweck. Und nicht nur alles, wovon die Menschen leben: auch die Menschen selbst. So wie die Obstkisten werden ganze Belegschaften ausgemustert, nicht weil sie zu nichts nütze wären, sondern weil das Unternehmen, das sie bezahlen müsste, zu wenig Geld abwirft oder weil es ohne sie mehr Geld abwirft. Das Leben der weitaus meisten Menschen hängt, da sie Geld verdienen müssen, davon ab, ob ihre Verwendung anderen – was einbringt? Geld. Inmitten überbordender Regale mit Dingen, die gar nicht massenhaft genug verkauft werden könnten, wenn es nach der Geldrechnung geht, müssen Menschen trotzdem grundsätzlich um ihr Auskommen bangen, weil nicht die Menge solcher Dinge ihr Auskommen sichert, sondern weil ihr Auskommen vorher ein Einkommen in Geld verlangt. Und so, in dieser Weise und nach diesem wenig anheimelnden Gesetz, hängen die Menschen real zusammen: Alles, was sie füreinander produzieren, produzieren sie nicht, um füreinander zu sorgen, sondern in Verfolgung dieses Zwecks; nicht weil sie als Gemeinschaft füreinander da wären, sondern – gezwungen durch das Geld, das jeder braucht – jeder für sich und in Konkurrenz mit allen anderen, also zugleich gegen sie. In dieser Gegnerschaft zu stehen zu all denen, von denen man zugleich leben, an denen man ja zugleich sein Geld verdienen muss: das ist der gesellschaftliche Zusammenhang, dem das Geld die Menschen unterwirft.

      Jeder sieht sich darin, ob er will oder nicht, unter die Anforderung gestellt, anderen etwas einzubringen, jeder muss an sich selbst die Berechnung vollziehen, rentabel zu sein, und hat andere unter demselben Kalkül zu betrachten. Und diese Anforderung tritt jedem Einzelnen, der sich an ihr bewähren muss, nicht nur in Gestalt der anderen greif- und sichtbaren Menschen gegenüber, die entsprechend agieren und konkurrieren. Sondern sie tritt, weil sich auch an ihnen nur der über alles geworfene Zwang des Geldes durchsetzt, jedem unmittelbar als diese anonyme Vergesellschaftung gegenüber, als der abstrakte, fordernde und jeden nach ihrem Gesetz formende Zwang.

      So wird die Welt dem Menschen – abstrakt – zur Umwelt; und um die, seitdem sie so genannt wird, muss man bangen. Der Mensch selber aber wird sich fremd. Ist das ein Problem? Nein, es sind unermesslich viele.

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