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des »Asylrechts« trug seine Handschrift. Er gewann damit viele Stimmen unter der einfachen Bevölkerung. Fortan durfte nur noch Bürger von Athen werden, wessen beide Eltern bereits Athener waren.

      Geradezu bildhaft sehen wir ein Urmuster aus der alten Zeit vor unserem geistigen Auge, wenn wir über Erfolgsrezepte der Politiker lesen: »Sie appellierten an die im Volk tief verwurzelten [von Aberglauben gespeisten] Ängste und spielten das Unwissen und die daraus hervorbrechenden Emotionen der breiten Masse gegen den Rationalismus voll aus« (Carl Wilhelm Weber).

      Wer heute Schlüsse ziehen möchte aus den Demokratieanfängen vor 2500 Jahren, stellt nüchtern fest, dass allein die Tatsache, dass ein Gemeinwesen demokratisch organisiert ist, noch keine Garantie für vernünftige Politik darstellt. Wenn Perioden wirtschaftlicher Blüte und erfolgreicher Politik zustande kommen, ist dies allzu oft durch die wirtschaftliche Großwetterlage bedingt und weniger das viel beschworene Resultat der politischen Ideologen, Institutionen oder gar der parteipolitischen Fahnenschwinger.

      Damals wie heute laufen erfolgreiche Politiker Gefahr, die Fähigkeit zu verlieren, auf sich ändernde Herausforderungen mit kreativen Lernprozessen zu reagieren. Ihr Vermögen, dazuzulernen, scheint mehr und mehr gelähmt. Sie – auch heute gibt es sie, die begnadeten Rhetoriker – beschwören das »mehr desselben«, das einstmals Erfolgreiche, die Vergangenheit. Anders formuliert: Ein »Perikles« des 21. Jahrhunderts, der eine jahrzehntelange Geschichte des Erfolgs hinter sich hat, übersieht gerne alle Zeichen, die eine Richtungsänderung nahelegen. Somit halten sie schließlich das Falsche für das Richtige. Doch wer weiss schon, wann eine Erfolgsgeschichte zu Ende ist?

      Transparenz und Information waren also die Säulen der attischen Demokratie. Während unser Informationszeitalter zumindest quantitativ alles Bisherige in den Schatten stellt, lässt sich das von der Transparenz nicht behaupten. Vor einer Massenversammlung mit Tausenden von Bürgern mit südländischem Temperament seinen Ideen zum Durchbruch zu verhelfen ist offensichtlich noch anders verstandene Transparenz. Gar nicht so altmodisch? Unser Ständerat ist angesprochen: Kopfschüttelnd lasen wir noch Anfang 2013 Professor Yvan Lengwilers (Uni Basel) Kolumne in der NZZ: »Individuelles Abstimmungsverhalten im Parlament sollte nicht offengelegt werden.«

      Und wie steht es mit »Programme entwerfen, Perspektiven aufzeigen, Visionen eröffnen«? Das war doch die Domäne der Politiker, damals, vor langer Zeit?

       5. Juni 2013

       Nr. 86

      Die organisierte Lüge

      Die globale Klimaerwärmung ist Tatsache. Die nächsten Generationen werden uns dankbar sein, wenn wir das heute akzeptieren und unsere persönliche Verantwortung wahrnehmen: Wir »sollten« nicht, sondern wir »müssen« handeln.

      Mit Hunderten von Millionen Dollar ausgerüstete Lobbyorganisationen bestreiten in den USA lautstark ihren hinterhältigen Kampf gegen die Klimaforscher dieser Welt. »Die Erderwärmung findet nicht statt«, heißt eine ihrer absurden Kampfansagen. Diese Lüge wird auch vom Committee for a Constructive Tomorrow verbreitet, wobei allein schon der einlullende Name dieses von Erdölkonzernen mitfinanzierten PR-Stoßtrupps eine gewaltige Desinformation darstellt. Auch in unserem Land sind ähnliche Stimmen zu hören. Für die neutrale Fachwelt steht fest: Das langfristig schwerwiegendste Problem unserer Zeit ist die globale Erwärmung.

      »Das nächste Jahrhundert dürfte er kaum erleben«, prognostiziert ein ETH-Glaziologe. Er – gemeint ist der Titlisgletscher, der jährlich ein bis zwei Meter an Dicke verliert (von seinen verbleibenden 40–50 Metern). Jetzt prüfen die Engelberger, den Gletscher im Sommer künstlich zu beschneien. Bereits dieses Jahr investieren sie zudem eine Million Franken in ein Kühlsystem, das die Eisgrotte künstlich herabkühlen soll. Neuralgische Stellen des Gletschers werden mit Vlies abgedeckt. Derweil macht sich der Marketingchef der Titlisbahnen Gedanken … über die Zeit nach dem Gletscher.

      In der Arktis steigt die Temperatur zweimal so schnell wie im globalen Durchschnitt. Seit 1951 um 1.5° Celsius, gegenüber 0.7° Celsius weltweit. Als Folge des Schmelzens arktischer Gletscher sagte das IPCC, Intergovernmental Panel on Climate Change, ein Ansteigen der Weltmeere um 59 cm voraus, allein für dieses Jahrhundert. Angesichts des Albedo-Effekts dürfte diese Schätzung zu konservativ sein: Erst in letzter Zeit lokalisierten nämlich die Forscher den Hauptgrund für die drastische Eisschmelze. Aperes Land und das Wasser der Meeresoberfläche sind dunkel gefärbt, während Schnee und Eis natürlich hell sind. Dunkle Oberflächen absorbieren aber mehr Wärme als helle, die lokale Erwärmung steigt dadurch und ein eigentliches Perpetuum mobile wird in Gang gesetzt. Die Küstenlinie von Alaska schwindet zurzeit um 14 Meter jährlich. Interessierte können dies und noch viel mehr nachlesen im Special Report des Economists »The Arctic«.

      Im tropischen Teil der Anden sind seit 1970 die Gletscher um 30 bis 50 Prozent geschrumpft. Der Rückgang sei »beispiellos in den vergangenen 300 Jahren«, hat ein internationales Forscherteam aus Südamerika kürzlich berichtet.

      Neueste Messungen ernstzunehmender Klimaforscher deuten an, dass die Klimaerwärmung in den letzten zehn Jahren flacher verläuft, als die Voraussagen es suggerierten. Dies soll an dieser Stelle nicht unterschlagen werden. Ehrlicherweise können die Forscher für diese vorläufigen Werte auch keine plausiblen Gründe finden. Es gibt jedoch keine Entwarnung. Die Kohlenstoffdioxid-Emissionen steigen weiter, seit 1997 haben sie um 50% zugenommen. Und eine andere, aktuelle Studie, die 131 Jahre umfasst, zeigt, dass die Monate mit rekordhohen Temperaturen weltweit immer öfter vorkommen. 80% dieser Hitzespitzen sind durch den Menschen verursacht, erklären die Forscher.

      Auch in der Schweiz kennen wir das Phänomen. Gewaltige Unwetter mit »Jahrhundert-Überschwemmungen« finden mittlerweile beinahe jährlich statt. Dass ganze Berghänge in den Alpen ins Rutschen geraten, auch in Gegenden außerhalb der offiziellen Gefahrenzonen, versetzt die betroffenen Bewohner in Angst und Schrecken. Der auftauende Permafrost ist für die Kurdirektoren notabler Winterkurorte seinerseits zum Schreckensszenario mutiert: Die Masten der Bergbahnen bewegen sich langsam talwärts, unabhängig davon, ob dies voraussehbar war oder nicht.

      Seit 20 Jahren scheitern die Versuche, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren. Es war zu erwarten, dass deshalb Stimmen laut werden, die die Klimaschutzpolitik als Fiasko darstellen würden. Einer dieser Exponenten, der Däne Björn Lomborg, meint die Gründe dafür gefunden zu haben: Die Alternativenergien fassten nicht Fuß, da sie zu teuer wären. Der wahre Grund dahinter: Die Wirtschaft konsumiere fossile Energien nicht, um die Umweltschützer zu ärgern, sondern weil diese Energien das Wirtschaftswachstum trügen.

      Diese Milchbüchleinrechnung suggeriert: Teure Energie = geringes Wachstum. Auch wenn diese Gleichung vordergründig zuträfe und lehrbuchökonomisch sogar begründbar wäre – sie ist eine Bankrotterklärung. Das Wohlergehen der Weltbevölkerung allein auf Wirtschaftswachstum zu reduzieren, ist eine zu einfache Weltsicht.

      Dass in all den Studien behauptet wird, die Öffentlichkeit sei nicht bereit, höhere Energiekosten zu bezahlen, ist eine unbewiesene These. Als in den 1970er-Jahren die Weltmarktpreise für Erdöl explodierten, konnte in keinem Land festgestellt werden, dass die Konsumenten nicht bereit waren, diese hohen Preise auch zu bezahlen.

      Desillusioniert muss heute akzeptiert werden, dass die weltweite Verpflichtung gemäß Kyoto-Protokoll, die Treibhausgase zu reduzieren, bisher nichts als heiße Luft geblieben ist. Ziel nicht erreicht. Klimaexperten, Politiker, Aktivisten und engagierte Menschen suchen deshalb nach neuen Wegen.

      In der Schweiz wurde eine Volksinitiative eingereicht, die eine staatsquotenneutrale ökologische Steuerreform anstrebt. Die Grünliberale Partei (GLP) versucht auf diesem Weg einer Energiewende näherzukommen: »Energie- statt Mehrwertsteuer« heißt die Parole. Ohne die Gesamtsteuerbelastung zu erhöhen, würden gleichzeitig Chancen und Wettbewerbsvorteile für den Werk- und Denkplatz Schweiz entstehen.

      Klimaexperten können sich vorstellen, dass die weltweite Einführung einer CO2-Steuer (Emissionssteuer, eine Art Zoll auf Produkte, die bei der Herstellung viel CO2 produzieren) die Lösung sein könnte. Beispielsweise würden Produkte wie Stahl, Papier und Zement damit belastet.

      Beide

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