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respektvoll und fürsorglich in der Welt zu bewegen. Oder es zumindest zu versuchen: Es gelingt mir nicht immer. Aber es gibt viele Menschen, die mir beistehen, mich bedingungslos in Schutz nehmen, und wenn ich unterwegs bin, gibt es immer ein Bett, eine Geschichte und eine Mahlzeit für mich. Meine Frau, meine Kinder und meine Gemeinschaft geben mir Kraft und halten mir den Rücken frei, so wie ich ihnen den ihren freihalte. Ich weiß, wer ich bin, wo ich hingehöre und wie ich mich selbst nenne, mehr braucht es nicht.

      Wenn ich jedoch nicht zu Hause bei meiner Gemeinschaft bin, gibt es Leute, die mich in unvertraute Kategorien stecken möchten, und oft liegt es nicht an mir, wie ich mich nennen soll. Häufig muss ich mich Bama nennen, weil im Süden die Alten darauf bestehen. Auch wenn ich weiß, dass das Wort einfach nur »Mann« bedeutet und ich es eher mit einem p als mit einem b ausspreche. Oder dass sich in meiner Gemeinschaft eine Person nur in einer Situation als pama bezeichnen würde, in der sie, sich mit ihrer außerordentlichen Männlichkeit brüstend, einen Kampf anzetteln möchte. »Ngay pama! Ich bin ein Mann!« Oder dass ich im Grunde genommen noch nicht initiiert bin, das heißt, dass ich im Alter von siebenundvierzig noch immer nur über das kulturelle Wissen und den Status eines vierzehnjährigen Jungen verfüge. Auf dem Initiationsgelände zu Hause ist ein Swimmingpool gebaut worden, sodass diese Übergangsriten nicht mehr stattfinden. Wie heißt es so schön: Wenn du in Rom bist, mach es wie die Römer, also sehe ich mich meist genötigt, meine Identität in mundgerechte Stücke zu brechen, wenn ich mich vorstelle, und nenne mich Bama.

      Da ich schon von Rom spreche: Es ist natürlich nichts Neues, dass imperiale Kulturen indigenen Menschen Klassifikationen aufbürden. Die Römer ordneten die Gallier in drei Gruppen ein: die Toga tragenden Gallier (im Grunde Römer mit Schnurrbart), dann die kurzhaarigen (halb zivilisierten) Gallier und schließlich die langhaarigen (barbarischen) Gallier. Zwar habe ich den größten Teil meines Lebens in Australien als langhaariger Gallier verbracht, muss mich aber fragen, ob ich überhaupt noch ein Anrecht habe, mich als solchen zu bezeichnen. Wenn ich ehrlich bin, muss ich eingestehen, mich nicht erinnern zu können, wann ich das letzte Mal außerhalb von Beerdigungsfeiern Schildkröte gegessen habe, also als zu meinem Lebensstil gehörig und nicht als Gedenken an verstorbene Menschen und vergangene Zeiten. Meine Füße, Hände und mein Bauch sind weich geworden, und ich benutzte den Begriff »Neoliberalismus« weitaus häufiger als das Wort miintin (Schildkröte). Ich denke vielleicht: »Oh, jetzt ist ja die Zeit, um Schildkröteneier und Yams auszugraben und die Wildschweine, die sich damit vollfressen, werden schön fett sein. Ich sollte auch wilden Sugarbag-Honig sammeln gehen.« Aber ich stehe in Melbourne in einem Zug und pendle täglich zur Arbeit, weil ich weder Geduld noch Disziplin genug aufbringe, irgendwo auf dem Land in einem Work-for-the-Dole-Programm zu versauern und darauf zu warten, am Wochenende Schweine jagen zu gehen. Ich muss einräumen, ich bin eine Art kurzhaariger Gallier.

      Kurze Überlegung: An welchen Gallier würde sich ein Römer wenden, der im Indigenen Wissen Lösungen für die Zivilisationskrisen zu finden hofft? Dergleichen haben die Römer natürlich nicht versucht, was erklären mag, warum ihr System nach gerade einmal tausend Jahren zusammenbrach, doch hätten sie es getan, welche Gallier hätten ihnen die Lösungen, die sie suchten, bieten können? Die langhaarigen Gallier hätten ihnen vielleicht gezeigt, wie man auf Dauer mit Weideland umgeht, auf dem man Pferdeherden hält. Aber ohne Wissen um die Erfordernisse eines Imperiums – die Getreidegaben und Landzuteilungen für Veteranen – wäre ihr Rat zwar interessant, aber nicht anwendbar gewesen. Die Toga tragenden Gallier wären die Leute gewesen, die man über die wahre Natur der kommissarischen Steuereintreibung in den Provinzen hätte befragen können (obwohl man sie erst hätte ein kleines bisschen foltern müssen), aber sie profitierten so sehr von den Bestechungsgeldern und Vergütungen, die sie für die Unterdrückung ihrer eigenen Kultur bekamen, dass sie in Sachen Indigenem Wissen nur wenig hätten beitragen können.

      Die kurzhaarigen Gallier hingegen verfügten noch über genügend bruchstückhaftes Indigenes Wissen und hatten genug mit der harten Wirklichkeit der sich ausbreitenden Romanisierung zu kämpfen, um zumindest einige hybride Einsichten anbieten zu können – ein paar innovative Nachhaltigkeitstipps für das untergehende Imperium, das ihr Land, ihr Herz und ihren Verstand besetzt hielt.

      Die allzu einfachen Kategorien, mit denen besetzte Völker nach dem Grad ihrer Anpassung eingestuft werden, können den komplexen Wirklichkeiten heutiger indigener Gemeinschaften, Identitäten und Wissensformen natürlich kaum gerecht werden. Für Australien funktionieren sie mit Sicherheit nicht.

      Die komplexe Geschichte, die wir als Erste Völker Australiens haben, ist mit den Kriterien, die von den Kolonisten zur Legitimierung und Identifizierung gefordert wurden, meistens unvereinbar. Das indigene »Selbst«, das von Außenstehenden entworfen wurde, um Programme zur Selbstbestimmung wasserdicht zu machen, hat mit unserer Wirklichkeit wenig zu tun. Sogar unsere Organisation in unterschiedliche »Nationen« (ein Instrument, die Struktur des Native Title verhandelbar zu machen und Bergbauvorhaben zu erleichtern) wird der Komplexität unserer Identitäten und Wissensformen nicht gerecht. Wir alle sprachen früher mehrere Sprachen und pflegten vielfältige Bindungen, trafen uns regelmäßig mit verschiedenen Gruppen, um Handel zu treiben, dazu kamen Eheschließungen und Traditionelle Adoptionen zwischen den Gruppen, darunter auch solchen aus Asien und Neu-Guinea. Ich kenne zahlreiche Menschen, für die diese Gesetze und Gebräuche noch Bestand haben, und ich bin einer von ihnen.

      Ich weiß allerdings auch, dass der durch die europäische Besetzung ausgelöste fürchterliche Prozess damit endete, dass die meisten von uns ihren ursprünglichen Gemeinschaften entrissen und im Zuge gewaltsamer Assimilierungsprogramme in Reservate oder Einrichtungen fern ihrer Heimat verfrachtet wurden. Biologischer Genozid wurde angestrebt durch groß angelegte Bemühungen, Dunkelhäutigkeit »wegzuzüchten«, wobei die schändliche Politik der Gestohlenen Generationen nur einen Teil dieser Strategie darstellte. Sich mit männlichen Siedlern zu vermählen oder sich ihnen zu unterwerfen, damit die Kinder als Weiße durchgingen, war für viele Frauen die einzige Möglichkeit, diese Apokalypse zu überleben und auf sicherere Zeiten zu warten, um heimzukehren.

      So ist auch die erst kürzlich erhobene »Authentizitätsanforderung«, bei der es darum geht, eine ununterbrochene, bis zurück in unvordenkliche Zeiten reichende kulturelle Tradition zu deklarieren, für die meisten von uns nur schwer beizubringen, sieht doch die Realität so aus, dass wir mit vielerlei Gruppen Verbindungen pflegen, zahlreiche Bande aber auch zerrissen wurden. Für viele sind diese traumatischen Beziehungen zu unsicher, als dass sie darüber sprechen würden, andere halten es für zu heikel, neu geknüpfte Bande öffentlich zu machen.

      Wie könnten wir die verschiedenen Korpora Indigenen Wissens, die in diesem Kaleidoskop der Identitäten verstreut sind, identifizieren und nutzbar machen? Anhand einer simplifizierenden Kategorisierung jedenfalls nicht. Durch die Linse der Vereinfachung gesehen, werden historische Kontexte wechselseitiger Beziehungen und des Umbruchs beiseitegeschoben, die Authentizität Indigenen Wissens und der indigenen Identität wird durch eine illusionäre provinzielle Isolation festgeschrieben, und man bekommt lediglich ein weiteres Fragment primitiver Exotika, das untersucht, etikettiert und im Museum ausgestellt werden kann. Auf beiden Seiten finden sich eilfertige Torwächter, die kontrollieren und manches unterdrücken. Von dem durch dieses Nadelöhr dringende Wissen sind meist nur noch die elementarsten Aspekte vorhanden, Artefakte, Quellen und Daten, unterteilt in wesensfremde Kategorien, die gewährleisten, dass es nach Belieben aufbewahrt und geplündert werden kann. Unser Wissen wird nur geschätzt, wenn es fossilisiert ist, wobei unsere sich lebendig entwickelnden Bräuche und Denkmuster mit Widerwillen und Skeptizismus betrachtet werden.

      An diesem einseitigen Dialog zwischen den Besatzern und den Besetzten kann ich nicht teilnehmen. Zum einen bin ich nicht manth thaayan, also jemand, der im Namen des kulturellen Wissens sprechen könnte. Ich bin ein jüngeres Geschwister, weshalb mir gemäß unserem Brauch diese Rolle nicht zukommt. Ich kann zwar über Teile dieses Wissens Auskunft geben, aber nicht in allen Einzelheiten für es sprechen. Dafür aber kann ich über die Vorgänge und Muster erzählen, die ich aufgrund meiner kulturellen Praxis kenne und die sich in den Verbindungen entwickelt haben, die ich mit meiner Heimatgemeinschaft

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