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keine primär technischen sind, lassen sie sich auch nicht mit technischen Instrumentarien lösen. Das Internet ist ein Werkzeug, das „wie jedes Werkzeug prinzipiell von allen genutzt werden kann, aber nicht benutzt wird“ (Roesler 1997: 191). Wesentlich ist das Interesse, „daran wird auch das Internet nichts ändern. Bequemlichkeit war noch nie der Grund für Engagement“ (ebd.). Untersuchungen zur Diskussionsqualität innerhalb der Internetöffentlichkeit (Gerhards/ Schäfer 2007, Rucht/Yang/Zimmermann 2008) zeigen übrigens, „dass die Netzöffentlichkeit nicht ‚demokratischer’ oder vielfältiger als die traditionelle Medienöffentlichkeit ist. Beide Formen der Öffentlichkeit weisen ähnliche Strukturmuster und Schwächen auf“ (Donges/Jarren 2017: 95).

      Ob die Enthusiasten oder die Skeptiker richtig liegen, lässt sich gegenwärtig nicht eindeutig beurteilen. Dazu ist die Entwicklung noch zu sehr im Fluss; die Öffentlichkeit(en) in digitalen Netzen verändern sich laufend (vgl. etwa Steinmaurer 2017). Was verfügbare empirische Daten (insb. für die deutsche Gesamtbevölkerung) betrifft, so spricht bislang jedoch wenig dafür, dass sich die Hoffnungen der Euphoriker und die Erwartungen der Enthusiasten zeitnah erfüllen könnten.

      Zunächst ist festzustellen, dass die Zahl der Medienanbieter·innen ständig wächst. Obwohl die etablierten Medienunternehmen aus dem traditionellen Fernseh-, Hörfunk- und Printbereich längst auch über eigene digitale Angebote verfügen,30 stehen sie im Wettbewerb mit Streamingdiensten wie Netflix, Amazon Prime Video, DAZN, Disney+ und Spotify oder Plattformen wie YouTube, Facebook und TikTok (Breunig/Handel/Kessler 2020). Der daraus entstandene „Multimedia-Kosmos“ (ebd.: 410) aus Texten, Fotos und Bewegtbildangeboten ist dank der internetbasierten kommunikativen Mobilität nahezu immer und überall verfügbar.

      Es wundert daher nicht, dass die Zeit für die Internetnutzung kontinuierlich ansteigt: Sie lag im Jahr 2020 im Durchschnitt erstmals bei nahezu dreieinhalb Stunden (204 Min.) täglich. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung (55 %) nutzen Internetanwendungen von unterwegs aus und verwenden daher das Smartphone oder das Tablet, um ins Netz zu gelangen (Beisch/Schäfer 2020). Aber was tun die Menschen eigentlich genau im Netz?

      •In mehr als der Hälfte dieser Zeit (120 Min.) findet dabei Mediennutzung via Netz statt (Videos, TV-Sendungen anschauen, Audios, Musik hören, Artikel, Nachrichten lesen in den Webauftritten von Online- und Offline-Medien). Mehr als ein Drittel der Befragten (37 %) haben Video-Streamingdienste (wie Netflix) in ihrem wöchentlichen Medienrepertoire, zunehmend wird aber auch Live-TV im Internet konsumiert (Beisch/Koch/Schäfer 2019).

      •In zweiter Linie geht es schlicht um Individualkommunikation (E-Mailen, Chatten, Facebook-Messenger, WhatsApp, Social Media), gefolgt vom Suchen nach Informationen (z. B. bei Google oder Wikipedia). Außerdem werden Transaktionen erledigt (Produkte finden, online shoppen, Onlinebanking) und schließlich ist auch Spielen im Netz angesagt (Beisch/Schäfer 2020, Koch/Frees 2016).31

      •Mit redaktionellen Textangeboten (Zeitungen, Zeitschriften off- oder online, gedruckten Büchern oder E-Books sowie anderen digitalen Texten) kommt knapp die Hälfte der Bevölkerung ab 14 Jahren (47 %) täglich in Kontakt; eklatant mehr sind es bei Bewegtbild- und Audioangeboten (86 % bzw. 82 %). Zum Vergleich: Im Jahr 2010 lag die Tagesreichweite der Textangebote noch bei 69 % (Breunig/Handel/Kessler 2020: 423). Gerade einmal 17 % (mit sinkender Tendenz) geben an, „täglich Artikel oder Berichte digital im Internet zu lesen“ (Beisch/Schäfer 2020: 472).

      •Zu den meistgesuchten Inhalten im Netz zählen übrigens aktuelle Informationen (Eimeren 2015: 2). Wobei sich hinter dem Internet als Hauptnachrichtenquelle im Detail praktisch die gesamte (traditionelle) Medienpalette verbirgt: Sie reicht von den klassischen Printmedien über diverse (öffentlich-rechtliche und private) TV-Kanäle bis hin zu Nachrichtenaggregatoren, die Nachrichten von verschiedenen Anbietern bündeln (Hölig/Hasebrink/Behre 2020). Vielfach wird aber (via Suchmaschine oder App) auch online eine bestimmte Nachrichtenmarke aufgerufen, der man vertraut und die man für glaubwürdig hält (ebd., Heinzlmaier/Tomaschitz/Kohout 2018)32.

      •Über die angesprochenen Rezeptionsaktivitäten hinaus ist zudem News Sharing, also das aktive Verbreiten bzw. Weiterleiten und Kommentieren von Nachrichten innerhalb der sozialen Medien gesellschaftlich normal geworden (Bright 2016, Kolo 2018). Was schließlich noch die Online-Partizipation betrifft, so haben die seinerzeit hohen Erwartungen an die Demokratisierungspotenzial, das man dem Internet im allgemeinen und den Sozialen Medien im besonderen attestiert hat (Imhof 2015), bislang kaum entsprechende Spuren in der Kommunikationsrealität hinterlassen: Insgesamt beteiligt sich nur ein geringer Teil der Bürger·innen an politikaffinen Online-Kommentaren und Diskussionen (Schweiger 2018) und wenn dies der Fall ist, dann ist die Diskursqualität eher gering (Kersting 2017, Russmann 2015).

      Blickt man mit Abstand – gleichsam aus der Vogelperspektive – auf die bislang angesprochenen Befunde, so erkennt man, dass die digitalen Informations- und Kommunikationstechnologien am Beginn des dritten Jahrtausends zunehmend als technische Infrastruktur einer modernen Öffentlichkeit fungieren. Öffentlichkeit scheint heute ohne diese intensive Digitalisierung gar nicht mehr vorstellbar zu sein. In der Soziologie ist auch bereits von der digitalen Transformation der Gesellschaft (Schrape 2021) die Rede: Damit ist die Digitalisierung als neue fundamentale Technlogie angesprochen, die Schritt für Schritt sämtliche Teilbereiche der Gesellschaft durchdringt. Aus der Perspektive der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft gerät in diesem Kontext vor allem die zunehmende Plattformisierung der Medienstrukturen in den Fokus.

      Mit dem Etikett Plattformisierung (Platformization) ist die Diskussion über die Bedeutung des Internets für die Zukunft unserer Kommunikationsgesellschaft um eine gewichtige Facette bereichert worden. Dabei könnte es sich tatsächlich um einen neuen, digital induzierten Strukturwandel der Öffentlichkeit (Eisenegger et al. 2021, Vowe 2020) handeln, dessen Langzeitfolgen wohl erst in Ansätzen absehbar sind.

      Hatte der erste Strukturwandel im 18./19. Jahrhundert über Debattierclubs und bürgerliche Versammlungsöffentlichkeiten (Habermas 1990) mit den Leitmedien Zeitung und Zeitschrift zur ersten durch die Massenpresse hergestellten Öffentlichkeit geführt, so war der zweite Strukturwandel im 20. Jahrhundert mit den Leitmedien Hörfunk und Fernsehen durch eine immense Ausweitung des Medienangebots und das Entstehen großer privatwirtschaftlicher Medienkonzerne gekennzeichnet. Spätestens seit den Nullerjahren des dritten Jahrtausends ist nun von einem weiteren dritten – oder sogar vierten (Vowe 2020), jedenfalls aber – digitalen Strukturwandel der Öffentlichkeit die Rede.

      Vowe (ebd.) sieht (mit Blick auf den Politikbereich) sieben Tendenzen der Veränderung (politischer) öffentlicher Kommunikation: Die (1) Digitalisierung gilt als Treiber und Beschleuniger des strukturellen Wandels und bestimmt zunehmend womit wir kommunizieren (mit Zeichen, die in den Code von Null und Eins übersetzt werden). Die (2) Ökonomisierung rückt die Reduktion der (monetären und zeitlichen) Kosten in den Fokus (z. B. können Clips zu aktuellen Themen schnell selbst fabriziert und mit wenig Streuverlusten publiziert werden). Die (3) Pluralisierung meint die Vervielfachung der Akteurskonstellationen: Mehr und unterschiedliche Akteure (Parteien, zivilgesellschaftliche Gruppen, onlinebasierte Initiativen, Influencer) treten auf und nützen verschiedene Kanäle, über die Ideen, Anliegen, Ziele etc. thematisiert werden. Mit der Tendenz zur (4) Spezifizierung ist die auf das individuelle Profil zugeschnittene Auswahl an Informationen gemeint. Die (5) Globalisierung rückt die Konzentration auf territorial-staatliche Inhalte zugunsten globaler Themen (wie Migration, Klimawandel, Pandemien oder Terrorismus) in den Hintergrund. Die Dynamisierung (6) fokussiert Kommunikationsprozesse unter dem Zeitaspekt: Sie werden schneller und dichter, sind vielfach miteinander verflochten und werden unvorhersehbarer. Schließlich tendiert die Kommunikation zur Hybridisierung (7): Hatte man früher pro Kommunikationsform ein eigenes Gerät zur Verfügung, so verkörpert das Smartphone heute die protypische Konvergenz

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