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sozialer Institutionen (Ulrich, 1984) sollte einer Reduktion von Management auf eine Aggregation von Einzeldisziplinen unter dem Primat der Gewinnmaximierung entgegengewirkt werden.

      Weiter ist Hans Ulrich davon ausgegangen, dass Management vor allem Komplexitätsbewältigung bedeutet. Aus diesem Blickwinkel wurden Fragestellungen der Management-Praxis und Managementwissenschaft ganz ungewohnt und innovativ aus einer systemtheoretischen und kybernetischen Perspektive beleuchtet (Ulrich, 1968). Dabei werden Organisationen als komplexe Systeme betrachtet, die mit einer ebenso komplexen Umwelt zurechtkommen müssen. Auf dieser theoretischen Grundlage wurde das damalige «St. Galler Management-Modell» (Ulrich & Krieg, 1972; Malik, 1981; Ulrich, 2001) erarbeitet. Dieses SGMM der 1. Generation sollte dazu beitragen, komplexe Management-Herausforderungen in ihrem Gesamtzusammenhang und in ihrer dynamischen Vernetzung angemessen erfassen und wirksam bearbeiten zu können. [44]

      

      Dieses Anliegen hat bis heute nichts von seiner Relevanz eingebüsst, denn wirksames Management wird laufend anspruchsvoller, voraussetzungsreicher und kontroverser. Deshalb dient auch diese aktuellste Fassung des SGMM unverändert dazu, für die Bearbeitung der Komplexität, mit der sich die Management-Praxis heute konfrontiert sieht, eine Sprache und einen Ordnungsrahmen bereitzustellen, die für Management-Verantwortliche genauso wie für Studierende hilfreich sind.

      Das heutige SGMM teilt mit dem SGMM der 1. Generation (Ulrich & Krieg, 1972) eine systemorientierte und unternehmerische Ausrichtung. Es vertieft die explizite Differenzierung von Management in operative, strategische und normative Aspekte, die in der 2. Generation (Bleicher, 1991) entwickelt wurde. Zugleich zeigt es gemeinsam mit der 3. Generation (Rüegg-Stürm, 2003), dass organisationale Wertschöpfung in dynamischer Interaktion mit einer vielfältigen Umwelt und in einem anspruchsvollen Zusammenspiel von Prozessen erbracht wird. Neu konzeptualisiert die 4. Generation Management als reflexive Gestaltungspraxis, welche die organisationale Wertschöpfung im Zusammenspiel mit einer dynamischen Umwelt durch regelmässige reflexive Distanznahme fortlaufend weiterentwickeln muss (Rüegg-Stürm & Grand, 2017). Zentrale Aspekte der systemorientierten Ausrichtung des SGMM werden im Folgenden erläutert.

      3.5 Umwelt, Organisation und Management aus einer systemorientierten Sicht

      3.5.1 Was ist ein System?

      Aus einer systemorientierten Sichtweise wird eine Organisation als komplexes System verstanden (Ulrich, 1968; Ulrich & Probst, 1988; Gomez, 1981; Gomez & Probst, 1999), das mit Bezug auf eine spezifische Umwelt eine spezifische Wertschöpfung erbringt.

      Ein System ist dabei eine eigenständige Einheit, die sich von einer Umwelt abgrenzt und die aus verschiedenen Elementen besteht (Erk, 2016). Die Elemente eines Systems können – je nach Beobachtungsperspektive und Erkenntnisinteresse – sehr unterschiedlich beschaffen sein.

      • Wenn man aus einer materiell-technischen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als technisches System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Gebäude, Standorte, Infrastrukturen, Technologien und Artefakte aller Art als Systemelemente. [45]

      

      • Wenn man aus einer kommunikativen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als soziales System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Handlungen, Kommunikationen, Entscheidungen und Beziehungen als wesentliche Systemelemente.

      • Wenn man aus einer ökonomischen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als ökonomisches System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Anreize, Verrechnungspreise, finanzielle Ressourcen und ihre Allokation als Systemelemente.

      • Wenn man aus einer rechtlichen Perspektive auf eine Organisation blickt und eine Organisation als rechtliches System (als «juristische Person») interpretiert, dann betrachtet man z.B. Festlegungen wie Statuten, Kompetenzordnung, Reglemente mit Rechten und Pflichten sowie Verträge als Systemelemente.

      • Wenn man aus einer menschenzentrierten Perspektive auf eine Organisation blickt und diese als humanes System interpretiert, dann betrachtet man z.B. Individuen, Emotionen, Haltungen, Fertigkeiten und Wissen als Systemelemente.

      Kennzeichnend für ein System ist, dass zwischen seinen Elementen vielfältige Interaktionen und wechselseitige Bezugnahmen stattfinden. Diese laufen nicht völlig zufällig, sondern geordnet im Sinne eines Interaktionsmusters ab. Diese Muster geben einem System ein charakteristisches Gepräge. Darin kommt die grundlegende Struktur eines Systems zum Ausdruck. Wenn sich diese Struktur weiterentwickelt, sprechen wir von einem dynamischen System.

      Ein System ist komplex, wenn das jeweilige Systemverhalten weder vollständig durchschaut noch eindeutig vorhergesagt werden kann. So betrachtet kann beispielsweise ein Fussballspiel als System interpretiert werden. Es grenzt sich als Spiel ab vom normalen Alltagsgeschehen, es bildet eine dynamische Einheit, die typischerweise 90 Minuten dauert. Dieses System konstituiert sich aus Interaktionen (Spielzüge als Systemelemente), auf die durch die Fussballspieler fortlaufend Bezug genommen wird und aus denen fortlaufend neue Spielzüge generiert werden. Das Spielgeschehen läuft aber nicht beliebig ab. Die Spielregeln (und der Schiedsrichter, der diese durchsetzt) strukturieren dieses System. Diese Regeln determinieren das Spielgeschehen nicht, sie schaffen nur den Rahmen, in dem sich die spielerische Kreativität und Selbstorganisationskraft der Teams entfalten kann. Im Verlaufe des Spiels kristallisieren sich bestimmte Spielmuster heraus, die sich laufend verändern und weiterentwickeln können. Dies ist [46]Ausdruck der dynamischen Struktur eines Fussballspiels. Ein Fussballspiel ist komplex, weil das jeweilige Geschehen und dessen Entwicklung weder vollständig durchschaut noch eindeutig vorhergesagt werden können.

      3.5.2 Die Bedeutung von Kontext

      Eine systemorientierte Sicht auf Umwelt, Organisation und Management betrachtet eine Organisation als komplexes Wertschöpfungssystem, das in eine dynamische Umwelt eingebettet ist. Sie betont, dass unternehmerische Phänomene, Problemstellungen und Entwicklungen immer in ihrer Eingebettetheit in einen umfassenderen Kontext zu betrachten sind (Pettigrew, 1987). Dieser Kontext kann vielfältig sein, es sind je nach Entscheidungssituation verschiedene Kontexte zu unterscheiden. Es kann sich z.B. um die historische Entstehung einer Organisation handeln, es kann sich dabei um eine heisse Kontroverse zu wichtigen «Nebenwirkungen» eines Produkts (z.B. Abgase von Automobilen) handeln, es kann um den politischen, rechtlichen oder technologischen Kontext gehen.

      Wie sich Marktteilnehmende verhalten, wie sich eine Organisation weiterentwickelt, was Management bewirken müsste und tatsächlich bewirken kann, ist immer vor dem Hintergrund eines spezifischen, historisch gewachsenen Kontexts zu betrachten. So lässt sich das Verhalten einer Organisation, ob Unternehmung, Stadtverwaltung, politische Partei, Universität, Spital oder Museum, immer nur mit Blick auf die spezifische Umwelt einer solchen Organisation angemessen verstehen.

      Dasselbe gilt für die «Innenwelt» einer Organisation. Teams, Fachabteilungen und Geschäftsbereiche agieren eingebettet in die Gesamtorganisation. Was eine Management-Praxis demzufolge bewirken und erreichen kann, hängt in zentraler Weise vom Gesamtkontext ab, der historisch gewachsen ist, sich in fortlaufender Entwicklung befindet und damit selbst eine dynamische Grösse ist.

      Bei einer systemorientierten Perspektive ist deshalb ein sorgfältiges Erfassen und Verstehen relevanter Kontexte von grundlegender Bedeutung. Es erfordert ein systematisches «Zooming-out», um den grösseren Zusammenhang, z.B. eine Technologie- und Marktdynamik erfassen, und ein «Zooming-in», um die Mikrodynamik, z.B. die wachsende Relevanz von Social Media für eine wirksame Kundenansprache, angemessen verstehen zu können (siehe Abbildung 28, S. 167). Durch ein Oszillieren zwischen Zooming-out und Zooming-in, d.h. ein wechselseitiges Aufeinanderbeziehen, können Marketing-Aktivitäten entwickelt werden, die beiden Perspektiven gerecht werden. [47] Mit anderen Worten setzt aus systemorientierter Sicht jedes angemessene Verstehen komplexer Phänomene eine sorgfältige Auseinandersetzung mit einem System und mit seiner vielfältigen Umwelt voraus.

      3.5.3 Die Bedeutung von Interdependenzen

      Zwischen

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