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vielleicht doch nicht so rein, wie das eingestellte Verfahren vermuten lässt?“, fragte ich.

      Ein messerscharfer Schluss.

      Aber einer, der Herr Nürnberger nicht gefiel.

      Und einer, den er so auch nicht stehen lassen wollte.

      Er brauchte allerdings einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen und darauf zu reagieren.

      Nürnberger atmete zuerst tief durch und setzte zweimal an, ohne dass dann tatsächlich auch irgendein Satz über seine Lippen gekommen wäre. Dann zuckte er die Schultern, ehe er schließlich doch seine Sprache wiederfand. „Jemand, der in der Drogenfahndung arbeitet, vollführt täglich einen Tanz auf der Rasierklinge. Man sieht wie die Dealer mit Millionen jonglieren und der Ermittler denkt an die Hypotheken für sein Haus und daran, dass sein Wagen noch nicht abgezahlt ist und sich seine Kinder beklagen, dass schon im zweiten Jahr nacheinander keine Urlaubsreise drinsitzt, während der Drogenboss mit dem Privatjet mal kurz nach Monaco hinüberfliegen kann.“

      „Da will ich nicht widersprechen“, sagte ich.

      Herr Nürnberger fuhr fort: „Da braucht man schon einen stabilen Charakter, um auf der richtigen Seite zu bleiben.“

      Ich hob die Augenbrauen. „Wem sagen Sie das!“

      „Glauben Sie, Rademacher besaß nicht den nötigen Charakter?“, mischte sich Rudi ein.

      „Wie gesagt – die Untersuchung konnte den Verdacht gegen ihn nicht erhärten“, erklärte Nürnberger nochmals. „Sie werden es ja in den Akten nachlesen können.“

      „Sobald die uns erreicht haben“, sagte Rudi. Und er gab sich wirklich große Mühe, dabei nicht sarkastisch zu klingen.

      Unser Gegenüber nickte.

      „Ja“, sagte Herr Nürnberger.

      „Aber das ist keine Antwort auf die Frage.“

      „Welche Frage meinen Sie nochmal?“, fragte Herr Nürnberger.

      „Die mit dem Charakter“, stellte ich klar.

      Nürnberger lächelte dünn. „Ja, Sie haben Recht. Aber die lässt sich vielleicht auch gar nicht so leicht beantworten. Wer von uns kann schon in den Schädel eines Kollegen hineinschauen?“ Herr Nürnberger machte eine kurze Pause, erhob sich aus seinem Schreibtischstuhl und füllte seinen Kaffeebecher wieder auf. Nachdem er einen Schluck genommen hatte, sagte er schließlich: „Ich will ehrlich sein.“

      Na endlich!, dachte ich.

      Herr Nürnberger fuhr fort: „Am Anfang war ich sehr skeptisch, was Rademacher anging.“

      „Warum?“

      „Dafür kann ich Ihnen noch nicht einmal einen greifbaren Grund angeben.“

      „Aha...“

      „Es war einfach mein Bauchgefühl – und in all den Jahren, in denen ich als Ermittler meinen Mann stehe, habe ich gelernt, dass es einem das Leben retten kann, wenn man sich auf dieses Gefühl verlässt.

      „Okay...“

      „Aber was Rademacher angeht, hat mich mein Instinkt wohl getrogen.“

      „Erklären Sie mir das!“

      „Jedenfalls gab es keinen Ärger, so lange er hier war und soweit ich das beurteilen kann, hat er gute Arbeit geleistet. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“

      „Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit“, sagte ich.

      Man ist ja höflich.

      Selbst hier im sprachlich etwas raueren Berlin.

      Aber das ist sowieso nur ein Klischee.

      Wirklich.

      Nürnberger nickte. „Vielleicht kann Ihnen Herr Delmar etwas mehr dazu sagen, schließlich arbeitete er mit Rademacher direkt zusammen.“

      6

      Kollege Delmar ließ immer noch auf sich warten, so aßen wir eine Pizza, die vom Express Service für die ganze Abteilung geliefert wurde. Kriminalhauptkommissar Delmar traf schließlich doch noch ein.

      Er bat uns in sein Büro.

      „Tut mir Leid, dass es etwas später geworden ist, aber ich war bei einem Tatort und bin auf dem Rückweg leider in einen Stau geraten.“

      „Ist schon in Ordnung“, sagte ich.

      „Sie sind Kubinke und Meier vom BKA, nicht wahr?“

      „Ja – und wir suchen zurzeit den Mörder Ihres Kollegen Thorben Rademacher“, bestätigte Rudi.

      „Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, weshalb der Fall nicht in unserer Zuständigkeit geblieben ist!“

      „Weil die Tatwaffe im Zusammenhang mit organisierter Kriminalität benutzt wurde“, gab ich Auskunft. „Der Fall hat eine größere Dimension, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

      Delmar zuckte mit den Schultern. „Meiner Ansicht nach sagt das nicht viel aus. Diese Waffen gehen doch von Hand zu Hand. Andererseits könnte da natürlich ein Zusammenhang bestehen. Über Rademachers Vergangenheit in der Drogenabteilung wissen Sie ja sicher inzwischen Bescheid oder?“

      „In Ansätzen. Es gab da wohl mal einen Verdacht gegen Rademacher, wonach er Verdächtige erpresst haben soll.“

      „Deswegen war er dann bei uns bei den Tötungsdelikten. Die Sache ist niedergeschlagen worden, es kam nicht einmal zu einer offiziellen Anklage. Aber wie heißt es so schön? Es bleibt immer etwas hängen. Ganz besonders, wenn es um einen Polizisten geht. Der kleinste Flecken auf der weißen Weste kann schon dazu führen, dass man wie ein Paria behandelt und bei Beförderungen übergangen wird.“ Delmar zuckte die Schultern. „So ist das nun einmal und bevor man sich auf das Spiel einlässt, informiert man sich am besten über die Regeln und akzeptiert sie.“

      „Wollen Sie damit sagen, dass Rademacher damals etwas angehängt wurde?“

      „Mir gegenüber hat er in diese Richtung ein paar Andeutungen gemacht. Ist doch klar, wenn ich ein Drogenhändler wäre und hätte mit einem Polizisten eine Rechnung offen, kann ich ihm doch am besten schaden, in dem ich seine Gesetzestreue in Frage stelle!“

      „Aber wenn das wirklich so gewesen ist, dann hatten diese Leute doch ihr Ziel erreicht. Rademacher war kalt gestellt. Wozu ihn noch ermorden?“

      „Das würde ich auch gerne wissen.“

      „Was wissen Sie über Rademachers Privatleben?“,

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