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Kommission vom 20. November 2000

      Am 29. November 2000 legte die Kommission ein Grünbuch mit dem Titel „Hin zu einer europäischen Strategie für Energieversorgungssicherheit“ vor. In diesem geht es vornehmlich um die Eindämmung der Gefahr der Importabhängigkeit Europas von fossilen Energieimporten aus Russland und dem Nahen Osten.

      Viel interessanter hinsichtlich der Frage der Kompetenzverteilung zwischen Europäischer Union und Nationalstaaten in der Energiepolitik ist jedoch folgender Passus: „Der Energiepolitik ist heute eine europäische Dimension zugewachsen: Die Mitgliedstaaten sind heute sowohl bei Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels als auch im Hinblick auf die Verwirklichung des Energiebinnenmarktes voneinander abhängig. Dieser Umstand spiegelt sich jedoch nicht in neuen Zuständigkeiten der Gemeinschaft wider. Die Einflussnahme der Gemeinschaft kann über Zuständigkeiten in mehreren Bereichen, vor allem in den Bereichen Binnenmarkt, Harmonisierung, Umweltschutz und Besteuerung, erfolgen. Das Fehlen eines politischen Konsenses zugunsten einer gemeinschaftlichen Energiepolitik begrenzt jedoch die Interventionsmöglichkeiten. Es ist zu prüfen, ob nicht eine Erweiterung der Befugnisse der Gemeinschaft im Energiebereich sinnvoll wäre, damit die EU ihre Energieversorgung besser in den Griff bekommen kann.“18

      Rechtsgrundlage für gesetzliche Maßnahmen der Europäischen Union im Energiebereich war demnach die aus der allgemeinen Binnenmarktzuständigkeit abgeleitete Zuständigkeit für die Verwirklichung des Binnenmarktes in den Bereichen Elektrizitäts- und Gaswirtschaft. Ziel war es jedoch, die Befugnisse zu erweitern und auf eine direkte primärrechtliche Grundlage zu stellen. Dies sollte mit dem Vertrag von Lissabon 2007 geschehen.

      Die untenstehende Grafik bietet einen Überblick der energiepolitischen Schwerpunkte der europäischen Institutionen über die Zeit.

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      Quelle: E-Control

      Der Weg war mit der Gründung der Europäischen Union 1992 vorgezeichnet. Mit der zunehmenden Bedeutung, den Nachhaltigkeit und Umweltschutz in den späten 1990er-Jahren erlangen sollten19, standen unter dem Dach der Umsetzung des Energiebinnenmarktes bereits um das Jahr 2000 die strategischen Ziele der EU so, wie sie bis zum heutigen Tag verfolgt werden, im Wesentlichen fest:

      • Nachhaltigkeit

      • Versorgungssicherheit

      • Wettbewerbsfähigkeit

      • Energiepolitik soll in die Kompetenz der EU fallen

      Mit dem Beitritt von Finnland, Österreich und Schweden im Jahr 1995 hatte die Europäische Union nunmehr 15 Mitgliedstaaten. Die Umsetzung des Energiebinnenmarktes als integralem Bestandteil des umfassenden europäischen Binnenmarktes erfolgte in drei Binnenmarktpaketen, die im Folgenden beschrieben werden.

      DIE UMSETZUNG DES ENERGIEBINNENMARKTES BIS 2009

      Am 13. Dezember 1995 veröffentlichte die Kommission das Weißbuch „Eine Energiepolitik für die Europäische Union“20 und beschreibt in diesem 45-seitigen Dokument den Weg zur Verwirklichung des Binnenmarktes im Bereich der Elektrizitäts- und Gaswirtschaft.

      Das 1. Energiebinnenmarktpaket 1996/98

      Am 19. Dezember 1996 erließen das Europäische Parlament und der Rat die „1. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“21, die gemeinsam mit der am 22. Juni 1998 von Europäischem Parlament und Rat erlassenen „1. Gasbinnenmarktrichtlinie“22 das „1. Energiebinnenmarktpaket“ bildete.

      Die „1. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“ setzte erste Schritte in Richtung Verwirklichung des Binnenmarktes und Liberalisierung des Marktes der Elektrizitätswirtschaft. Sie beschäftige sich mit der Regelung der Verfahren für die Genehmigung neuer Erzeugungsanlagen, stellte fest, dass es für das Übertragungsnetz eine verantwortliche Stelle geben muss, bereitete die Trennung von Erzeugung, Verteilung und Vertrieb im Bereich des Rechnungswesens vor, schuf Regelungen hinsichtlich des Zuganges Dritter zum Netz und sah eine unabhängige Streitschlichtungsstelle vor.

      Die Richtlinie wurde in Österreich am 18. August 1998 mit dem „Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz“ (ElWOG) 1998 in nationales Recht umgesetzt.23

      Das 2. Energiebinnenmarktpaket 2003

      Mit dem „2. Energiebinnenmarktpaket“ 200324, dessen beide Richtlinien in der Literatur oft auch als „Beschleunigungsrichtlinien“25 bezeichnet werden, wurde der Prozess der Marktliberalisierung und der Verwirklichung des Energiebinnenmarktes in den Bereichen der Elektrizitätswirtschaft und der Gaswirtschaft beschleunigt fortgesetzt.

      Die „2. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“ vom 26. Juni 2003 stellte fest, dass die Haupthindernisse für einen voll funktionsfähigen und wettbewerbsorientierten Binnenmarkt unter anderem mit Netzzugang, Tarifierung und unterschiedlicher Marktöffnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten zusammenhängen. Zur Vollendung des Elektrizitätsbinnenmarkts sei ein nichtdiskriminierender, transparenter Zugang zum Netz zu angemessenen Preisen von größter Bedeutung.

      So legte die Richtlinie fest, dass die Mitgliedstaaten ihre Strommärkte für alle Kunden bis 1. Juli 2007 zu öffnen hätten. Es sollte also jedem Kunden zukünftig offenstehen, Elektrizität vom Lieferanten seiner Wahl frei beziehen zu können. Der Betreiber des Netzes, an das der Kunde angeschlossen war, musste dies zulassen. In Österreich wurde dies für den Stromsektor mit 1. Oktober 2001 und für den Gassektor mit 1. Oktober 200226 bereits davor umgesetzt.

      Eine weitere wichtige Neuerung für die Mitgliedstaaten war die Verpflichtung, Regulierungsbehörden einzurichten, die von den Interessen der Elektrizitätswirtschaft vollkommen unabhängig sein mussten und Nichtdiskriminierung, echten Wettbewerb und ein effizientes Funktionieren des Markts sicherzustellen hatten. Mit der Gründung der E-Control durch das Energieliberalisierungsgesetz 2000 wurde auch dieser Punkt in Österreich bereits vor der „2. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“ umgesetzt.

      Auch die Auftrennung von zur Gänze vertikal integrierten Unternehmen, also Unternehmen, die sowohl Erzeugung/Import als auch den Netzbetrieb und somit die Verteilung als auch den Handel und Vertrieb durchführten und somit dem Stromkunden gegenüber eine De-facto-Monopolstellung hatten, wurde weiter vorangetrieben. Dieser unter dem Fachbegriff „unbundling“ bekannte Prozess wurde zunächst einmal auf der rechtlichen Ebene durchgeführt27.

      Das Selbstverständnis der EU, was die Zuständigkeiten und Kompetenzen in energiepolitischen Fragen betrifft, wird im Punkt 31 der Präambel zur „2. Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie“ klar zum Ausdruck gebracht: „Da das Ziel der beabsichtigten Maßnahme, nämlich die Schaffung eines voll funktionierenden Elektrizitätsbinnenmarkts, auf dem fairer Wettbewerb herrscht, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher wegen des Umfangs und der Wirkungen der Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene zu erreichen ist, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.“

      Grünbuch der Kommission vom 14. Juni 2006

      Ein sehr wichtiges Dokument für die gesamte Energiepolitik der Europäischen Union bis zum heutigen Tag war das Grünbuch der Kommission vom 14. Juni 2006 „Eine europäische Strategie für nachhaltige, wettbewerbsfähige und sichere Energie“28, in dem erstmals ganz klar die drei primären Ziele der Energiepolitik explizit genannt wurden:

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