Скачать книгу

      

      Stell dir vor, du wachst auf. In einem klinisch weißen Raum mit ebenso strahlendweißem Mobiliar und fünf weiteren Personen. Du hast einen Filmriss, und kannst dich nicht daran erinnern, wie du hierher kamst. Es gibt keinen Ausweg. Du trägst anstatt deiner normalen Kleidung eine helle Leinenhose und ein weißes Shirt mit einem Schriftzug über der Brust: MIA. Du denkst, das bist du nicht? Noch nicht. Denn du nimmst an einem Schauspielkurs teil, bei dem es darum geht, Aufgaben zu erfüllen. Nacheinander müsst ihr einen Textauszug auswendig lernen und wiedergeben, fehlerfrei. Du verkörperst die Figur, um die es in deinem Ausschnitt geht. Ganz einfach? Nein. Denn machst du einen Fehler, wird die Aufgabe so lange wiederholt, bis der Regisseur zufrieden ist.

      Du bist also Mia. Mia, die von einem Fabrikgebäude stürzt und auf der Stelle tot ist.

      Jetzt du. Fehlerfrei. Gehorchst du den Anforderungen, auch wenn du dabei deinem eigenen Tod ins Auge blickst?

      Helena befindet sich in genau dieser Situation. Helena muss eine Entscheidung treffen, und auch wenn sich alles in ihr dagegen sträubt, springt sie in die Tiefe.

      Aus einem ganz bestimmten Grund.

      Sarah Markowski wurde am 14. Januar 1998 in Bad Mergentheim geboren. Wenn sie nicht gerade Zeit mit ihrer Familie in ihrem Heimatdorf nahe Mainz verbringt, lebt sie in Koblenz, wo sie seit März 2018 Soziale Arbeit studiert.

      Noch bevor im Sommer 2016 ihr erstes Werk „Der Märchenmörder“ erschien, entstanden die ersten Pläne für Nils Johansens zweiten und dritten Fall. Mit „Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod.“ konnte sie sich nun ein drittes Mal den Traum eines eigenen Buches erfüllen… Und da alle guten Dinge nicht nur drei sind, steht Schreibfeder auch weiterhin nicht still.

       Sarah Markowski

       Der Regisseur. Mein Buch, dein Tod.

       Nils Johansens dritter Fall

      © 2020 Sarah Markowski

      Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

      ISBN

Paperback:978-3-347-02861-6
Hardcover:978-3-347-02862-3
e-Book:978-3-347-02863-0

      Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

       „Jeder Abschied ist ein kleiner Tod,

       aber jeder Tod ein großer Abschied.“

       - Alphonse Allais

      Aus diesem Grund möchte ich dieses Buch meinem Opa Werner widmen, von dem wir uns im November 2018 leider viel zu früh verabschieden mussten.

      Weil du von den Anfängen und Plänen noch erfahren hast, dieses Buch aber leider nicht mehr in den Händen halten und lesen konntest, möchte ich dir diese Zeilen widmen. Deine Geschichte hat viel zu früh ein Ende genommen. Aber wie du es sagen würdest: „C’est la vie.“

      Geeignet. Sie tritt nach vorne, sieht den Abgrund. Es ist viel höher.

      Überprüfung. Sie schließt die Augen und springt.

      Fehlgeschlagen. Der Aufprall. Gebrochene Knochen, Kribbeln.

      Unbrauchbar. Ein nicht aufhörendes Echo in ihrem Kopf.

      Sie schaut an sich hinunter, tippt auf ihre Beine, spürt nichts.

      Taub, aber immerhin sind die Schmerzen weg.

      T E I L

      E I N S

      „Lesen heißt, mit einem fremden Kopfe

      statt dem eigenen zu denken.“

      - A. Schopenhauer

      Samstag, 29.06.2019, 07: 50 Uhr

      - Mia -

      Ein unangenehmes Piepsen reißt Mia aus dem Schlaf. Augenblicklich wird es hell. Es erinnert sie an das unangenehme Gefühl auf dem Zahnarztstuhl; angespannt, und das grelle Licht der Lampe direkt im Gesicht. Sie kneift die Augen zusammen, öffnet sie einen Spalt breit, Millimeter für Millimeter, bis sie sich endlich an die Helligkeit gewöhnt haben. Mia schlägt die Decke zur Seite und richtet sich auf. Das schneeweiße Nachthemd steht ihr nicht, lässt sie noch blasser aussehen als sie es ohnehin schon ist. Sie gähnt. Die anderen sind schon wach, reiben sich müde die Augen, starren resigniert Löcher in die Luft oder laufen ruhelos auf und ab.

      „Guten Morgen“, sagt sie, obwohl er das nicht ist – gut. Niemand antwortet. Ein Surren ertönt, sie kennt das schon. Frühstückszeit. Mit dem gewohnten Pling öffnen sich die Türen des Speiseliftes. Zum Vorschein kommen fünf identische Tabletts, allesamt mit einer silberfarbenen Haube abgedeckt und einem Namensschildchen versehen. Mia ist die erste, die sich regt, denn sie hat Hunger und möchte nicht riskieren, dass der Aufzug das Frühstück wieder dort mit hinnimmt, wo er es hergebracht hat. Ein Tablett nach dem anderen nimmt sie aus dem Schacht, stellt sie auf den runden Tisch in der Mitte des Raumes und schließt zum Schluss die Aufzugtür. Das Surren ertönt, und der Lift verschwindet.

      Samstag, 29.06.2019, 08: 00 Uhr

      - Theo -

      „Rührei mit Speck und Toast“, stellt Mia freudig fest, als sie die Cloche über ihrem Teller anhebt und neugierig einen Blick darunter wirft. „Und Erdbeeren!“

      Dass Cloche vom französischen Wort für Glocke stammt und die korrekte Bezeichnung für diesen Deckel ist, den man wahrscheinlich am ehesten aus Restaurants der feinen Küche kennt, weiß Theo allerdings auch erst seit seiner Ausbildung zum Koch vor fast vier Jahren. Angefangen hat er direkt nach dem Abitur mit einem Studium im Fachbereich Ingenieurwesen. Dass das jedoch nichts war, was er sich auf Dauer vorstellen konnte, merkte Theo schon ziemlich früh. Abgebrochen hat er das Studium trotzdem erst nach vier Semestern. Was ihn so lange dort hielt, war lediglich die Angst davor, seine Eltern zu enttäuschen. Hätte er schon früher gewusst, dass sie ihm auch bei der Ausbildung jederzeit mit Rat und Tat zur Seite stehen, hätte er schon viel früher einen Schlussstrich unter das Kapitel Studium gezogen. Wobei er sich immer noch daran erinnern kann, dass es sein Vater gewesen war, der sich mit abschätzigen Kommentaren über seine damaligen Klassenkameraden geäußert hatte, die trotz Abitur nicht an die Uni gingen und stattdessen nur eine Ausbildung anfingen.

      Im Nachhinein ist man immer schlauer, denkt Theo und beobachtet, wie sich Mia ausgehungert über ihr Frühstück hermacht.

      „Schmeckt wirklich gut! Probier‘ doch mal.“

      Theo zwingt sich zu einem müden Lächeln und schiebt sein Tablett in die Tischmitte.

      „Hast du keinen Hunger?“

      Die Scheibe Toast knackt, als sie hineinbeißt. Theo schüttelt den Kopf. „Schmeckt aber; vor allem die Erdbeeren.“

      „Wenn du möchtest, kannst du meine auch noch haben.“

      Er nimmt die Schale mit dem Obst von seinem Tablett und schiebt sie ihr entgegen.

      „Echt?“ Das Mädchen strahlt. „Danke.“

      „Unter einer Bedingung.“

      Sie stockt mitten in der Bewegung, die Gabel mit der aufgepiksten Erdbeere schwebt in der Luft.

      „Und die wäre?“

      „Gib

Скачать книгу