Скачать книгу

      Die Eintrittswunde war winzig, aber die Austrittswunde hatte den Großteil von Worthings Schädel weggerissen. Der Mann war erschossen worden, während er stehend am frühen Morgen eine Zigarette rauchte. Der Schuss war so sauber gewesen, dass der Sergeant sofort tot gewesen war. Selbst die Zigarette in seinem Mund blieb unberührt.

      "Gütiger Himmel", murmelte Adams. "Nicht schon wieder."

      Er sah sich um. Ein großes, leeres Feld erstreckte sich hinter der Kaserne. Der Schuss war aus großer Entfernung abgegeben worden. Das hieß, dass er von einem geübten Scharfschützen gekommen sein musste.

      Adams schüttelte ungläubig den Kopf.

      Sein Leben, das wusste er, würde sehr kompliziert werden – und äußerst ärgerlich.

      KAPITEL EINS

      Riley Page sah aus dem offenen Fenster ihres Stadthauses. Es war ein angenehmer Frühlingstag, einer dieser Tage mit singenden Vögeln und blühenden Blumen. Die Luft roch klar und frisch. Und doch zog eine lauernde Dunkelheit an ihr.

      Sie hatte das seltsame Gefühl, dass all diese Schönheit schrecklich zerbrechlich war.

      Deshalb hielt sie ihre Hände locker an ihrer Seite, als wäre sie in einem Porzellanladen und eine einzige falsche Bewegung könnte etwas Schönes und Teures zerbrechen. Oder vielleicht war dieser perfekte Nachmittag nur eine hauchdünne Illusion, die bei der kleinsten Berührung zerfallen würde, um zu enthüllen …

      Was? fragte Riley sich.

      Dass die Dunkelheit eine Welt voll Schmerz und Angst und Bösem war?

      Oder dass die Dunkelheit in ihrem eigenen Verstand existierte – eine Dunkelheit von zu vielen hässlichen Gedanken und Geheimnissen?

      Eine Mädchenstimme unterbrach ihre Gedanken.

      "Woran denkst du, Mom?"

      Riley drehte sich um. Ihr wurde klar, dass sie für einen Moment die anderen Menschen in ihrem Wohnzimmer vergessen hatte.

      Jilly hatte sie angesprochen, das schlaksige dreizehn Jahre alte Mädchen, das Riley gerade versuchte zu adoptieren.

      "Nichts Besonderes", erwiderte Riley.

      Ihr gut aussehender ehemaliger Nachbar Blaine Hildreth lächelte sie an.

      "Du schienst auf jeden Fall weit weg zu sein", sagte er.

      Blaine war gerade mit seiner Tochter Crystal angekommen.

      Riley sagte, "Ich nehme an, ich habe mich gefragt, wo April ist."

      Es bereitete ihr Sorgen. Rileys fünfzehnjährige Tochter war noch nicht von der Schule nach Hause gekommen. Wusste April nicht, dass sie bald zum Abendessen in Blaines Restaurant gehen wollten?

      Crystal und Jilly grinsten sich schelmisch an.

      "Oh, sie wird bald hier sein", sagte Jilly.

      "Ich wette, sie kommt jede Minute", fügte Crystal hinzu.

      Riley fragte sich, ob die Mädchen etwas wussten, das ihr entgangen war. Sie hoffte, dass April nicht in irgendwelchen Schwierigkeiten steckte. April hatte eine rebellische Phase durchgemacht und vor einigen Monaten fürchterliche Traumata durchlebt. Aber es schien ihr jetzt viel besser zu gehen.

      Dann sah Riley die anderen an und fühlte einen schuldigen Stich.

      "Blaine, Crystal – ich habe euch noch gar nichts zu Trinken angeboten! Ich habe Ginger Ale da. Und einen Bourbon, wenn du magst, Blaine."

      "Ginger Ale wäre nett, danke", sagte Blaine.

      "Für mich auch bitte", sagte Crystal.

      Jilly schickte sich an, von ihrem Stuhl aufzustehen.

      "Ich hole welches", sagte Jilly.

      "Oh, nein, lieb von dir", sagte Riley. "Aber ich mache das schon."

      Riley ging direkt in die Küche, froh etwas zu tun zu haben. Erfrischungen zu servieren wäre normalerweise Gabrielas Aufgabe, Rileys Haushälterin aus Guatemala. Aber Gabriela hatte frei und besuchte Freunde. Gabriela gab Riley manchmal das Gefühl, verwöhnt zu sein und es war eine nette Abwechslung, einmal selber für Getränke zu sorgen. Es hielt Rileys Gedanken außerdem in der Gegenwart.

      Sie goss Ginger Ale ein, nicht nur für Crystal und Blaine, auch für sich und Jilly.

      Als sie das Tablett mit den Gläsern zurück ins Wohnzimmer trug, hörte Riley, wie sich die Haustür öffnete. Dann hörte sie Aprils Stimme, die mit jemandem sprach, den sie mitgebracht hatte.

      Riley reichte gerade ihren Gästen die Getränke, als April, gefolgt von einem Jungen in ihrem Alter, hereinkam. Sie sah überrascht zu Blaine und Crystal.

      "Oh!" keuchte April. "Ich habe nicht erwartet––"

      Dann wurde sie puterrot.

      "Oh mein Gott, das habe ich vollkommen vergessen! Wir gehen heute aus! Es tut mir so leid!"

      Jilly und Crystal kicherten. Jetzt verstand Riley ihre Belustigung. Sie wussten bereits, dass April einen neuen Freund hatte und zu beschäftigt mit ihm war, als dass sich sie an das Abendessen erinnert hätte.

      Ich weiß noch, wie das war, dachte Riley, als sie sich ein wenig wehmütig an ihre eigenen Schwärme als Teenager erinnerte.

      Erfreut, dass April ihn mitgebracht hatte um ihn vorzustellen, unterzog Riley den Jungen einer schnellen Beurteilung. Sie mochte sofort, was sie sah. Wie April, war er groß, schlaksig, und sah recht ungelenk aus. Er hatte leuchtend rote Haare, Sommersprossen, funkelnde blaue Augen und ein nettes Lächeln.

      April sagte, "Mom, das ist Liam Schweppe. Liam, das ist meine Mom."

      Liam bot Riley seine Hand an.

      "Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Mrs. Paige", sagte er.

      Seine Stimme hatte das amüsante Quietschen eines Teenagers, das Riley ein Lächeln entlockte.

      "Du kannst mich Riley nennen", sagte sie.

      April sagte, "Mom, Liam ist––"

      April hielt inne, offensichtlich noch nicht bereit zu sagen "mein neuer Freund."

      Stattdessen sagte sie, "Er ist der Kapitän des Highschool Schachteams."

      Rileys Belustigung wuchs mit jeder Minute.

      "Ich nehme also an, du bringst April das Schachspielen bei", sagte sie.

      "Ich versuche es", sagte Liam.

      Riley konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. Sie war eine recht passable Schachspielerin und sie hatte jahrelang versucht, Aprils Interesse an dem Spiel zu wecken. Aber April hatte immer nur mit den Augen gerollt und Schach für zu uncool gehalten – eine "Mom-Sache" die sie auf keinen Fall interessieren würde.

      Ihre Einstellung schien sich geändert zu haben, jetzt, wo ein niedlicher Junge mit von der Partie war.

      Riley lud Liam ein, sich zu den anderen zu setzen.

      Sie sagte zu ihm, "Ich würde dir etwas zu trinken anbieten, aber wir wollten gerade aufbrechen, um zum Abendessen zu gehen."

      "Das Abendessen, das April total vergessen hat", sagte Liam, während sein Grinsen ein wenig breiter wurde.

      "Das stimmt", sagte Riley. "Warum kommst du nicht mit?"

      Aprils Wangen wurden noch röter.

      "Oh, Mom …" fing sie an.

      "'Oh, Mom' was?", fragte Riley.

      "Ich bin sicher, dass Liam schon was anderes vorhat", sagte April.

      Riley lachte. Sie bewegte sich offenbar wieder in dem 'uncoole Mom' Bereich. April war bereit gewesen Liam vorzustellen, aber ein Familienessen ging dann doch zu weit.

      "Was meinst du, Liam?", fragte

Скачать книгу