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e.»Aber Sie müssen entschuldigen: ich habe jetzt sehr viel zu tun… und fühle ich mich noch ein wenig matt.«

      «Ah«, sagte die Elster,»viel Zeit habe ich ja auch nicht. Aber die Kinder! Was für eine Arbeit hat man, sie zu füttern! Was für eine Angst, sie zu bewachen! Ich bitte Sie, denken Sie einmal darüber nach, wie anstrengend das ist, für die Kinder Futter holen. Und wie lange muss man warten, bis sie sich rühren können!«

      «Verzeihen Sie«, erwiderte die Mutter,»ich habe nicht zugehört.«

      Die Elster flog davon.

      «Dumme Person«, dachte sie für sich[2],»vornehm, aber dumm!«

      Die Mutter fuhr fort, das Neugeborene eifrig zu waschen. Sie wusch es mit ihrer Zunge. Das Kleine hielt still. Sein rotes Röckchen war ein wenig zerzaust.

      Der ganze Wald erschallte von vielerlei Stimmen. Der Pirol jauchzte, die Tauben gurrten, die Amseln pfiffen, die Finken schlugen, die Meisen zirpten. Das Kleine verstand kein Wort von den Gesprächen. Es hörte noch gar nicht darauf. Es hörte nur das leise Knistern.

      «Bambi«, flüsterte die Mutter.

      Dann küsste sie wieder ihr Kind, beruhigt und glücklich.

      «Bambi«, wiederholte sie,»mein kleiner Bambi.«

      Es roch überall nach frischem Laub, nach Blüten, nach feuchter Scholle und nach grünem Holz. Das waren die Tage, in denen Bambi seine erste Kindheit verlebte.

      Er ging hinter seiner Mutter auf einem schmalen Streifen. Wie angenehm war es, hier zu gehen! Bambi fragte. Er liebte es, seine Mutter zu fragen. Es war das schönste für ihn, immerfort zu fragen und dann zu hören, was die Mutter zur Antwort gab. Jetzt fragte er:

      «Wem gehört diese Straße, Mutter?«

      Die Mutter antwortete:

      «Uns.«

      Bambi fragte weiter:

      «Dir und mir?«

      «Ja.«

      «Uns beiden?«

      «Ja.«

      «Uns beiden allein?«

      «Nein«, sagte die Mutter,»uns Rehen…«

      «Was sind das, Rehe?«fragte Bambi und lachte.

      Die Mutter lachte auch:

      «Du bist ein Reh, und ich bin ein Reh. Das sind Rehe. Verstehst du das?«

      Bambi sprang in die Höhe vor Lachen.

      «Ja, ich verstehe das. Ich bin ein kleines Reh, und du bist ein großes Reh. Nicht wahr?«

      «Nun, siehst du[3].«

      «Gibt es noch andere Rehe als dich und mich[4]

      «Gewiss«, sagte die Mutter.»Viele.«

      «Wo sind sie?«rief Bambi.

      «Hier, überall.«

      «Aber… ich sehe sie nicht.«

      «Du wirst sie schon sehen.«

      «Wann?«Bambi blieb stehen vor lauter Neugier.

      «Bald.«

      Die Mutter ging ruhig weiter. Bambi folgte ihr.

      «Bald. Bald ist nicht gleich«, dachte er.

      Plötzlich fragte er:

      «Wer hat diese Straße gemacht?«

      «Wir«, antwortete die Mutter.

      «Wir? Du und ich?«

      Die Mutter sagte:

      «Nun, wir… wir Rehe.«

      Bambi fragte:

      «Welche?«

      «Wir alle«, antwortete die Mutter.

      Sie gingen weiter. Bambi war vergnügt, aber er hielt sich brav bei der Mutter. Ein fadendünnes Stimmchen pfiff erbärmlich auf, dann war es still. Ein Iltis hatte eine Maus gejagt.

      «Was war das?«fragte Bambi erregt.

      «Nichts«, beschwichtigte die Mutter.

      «Aber«, Bambi zitterte,»aber… ich habe etwas gesehen.«

      «Nun ja«, sagte die Mutter,»erschrick nicht. Der Iltis hat die Maus getötet.«

      Aber Bambi war furchtbar erschrocken. Dann fragte er:

      «Warum hat er die Maus getötet?«

      «Weil… gehen wir schneller«, sagte sie.

      Sie begann zu trollen. Bambi hüpfte hinter ihr drein.

      Eine lange Pause verstrich. Endlich fragte Bambi:

      «Werden wir auch einmal eine Maus töten?«

      «Nein«, erwiderte die Mutter.

      «Nie?«fragte Bambi.

      «Niemals«, war die Antwort.

      «Warum nicht?«fragte Bambi.

      «Weil wir niemanden töten«, sagte die Mutter.

      Von einer jungen Esche, drang ein lautes Kreischen nieder. Die Mutter ging weiter. Bambi aber blieb neugierig stehen. Zwei Häher zankten sich da oben in den Zweigen um ein Nest, das sie geplündert hatten.

      «Machen Sie, dass Sie weiterkommen, Sie Halunke!«rief der eine.

      «Sie Narr!«antwortete der andere,»ich habe keine Angst vor Ihnen.«

      Der erste tobte:

      «Suchen Sie sich Ihre Nester selber, Sie Dieb! So eine Gemeinheit![5]«

      Der andere hatte Bambi bemerkt und schnarrte ihn an:

      «Du Fratz! Pack dich![6]«

      Bambi erreichte seine Mutter. Dann fragte er:

      «Mutter… was ist das, eine Gemeinheit?«

      Die Mutter sagte:

      «Ich weiß es nicht.«

      Bambi überlegte.

      «Mutter, warum waren sie so böse?«

      Die Mutter antwortete:

      «Sie haben sich wegen des Essens[7] gezankt.«

      Bambi fragte:

      «Werden wir uns auch einmal wegen des Essens zanken?«

      «Nein«, sagte die Mutter.

      Bambi fragte:

      «Warum nicht?«

      Die Mutter entgegnete:

      «Es ist genug da für uns alle.«

      «Werden wir auch einmal böse zueinander sein?«

      «Nein, mein Kind«, sagte die Mutter,»bei uns gibt es das nicht.«

      Sie gingen weiter. Wurde es ganz hell vor ihnen. Das grüne Gewirr von Büschen und Sträuchern war zu Ende. Die Straße war zu Ende. Sie kamen hinaus in die lichte Freiheit.

      «Was ist das?«rief Bambi.

      Er war ganz bezaubert.

      «Die Wiese«, antwortete die Mutter.

      «Was ist das, die Wiese?«

      «Das wirst du schon selber sehen.«

      Sie war ernst geworden und aufmerksam. Sie sah ganz streng aus.

      «Es ist gut«, sagte sie endlich,»wir können hinaus.«

      Bambi sprang los, aber sie sperrte ihm den Weg[8].

      «Du wartest, bis ich dich rufe.«

      Im Augenblick stand Bambi gehorsam still.

      «Es ist nicht so einfach, auf die Wiese

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<p>2</p>

dachte sie für sich – подумала она про себя

<p>3</p>

Nun, siehst du. – Вот видишь.

<p>4</p>

als dich und mich – кроме тебя и меня

<p>5</p>

So eine Gemeinheit! – Какая подлость!

<p>6</p>

Pack dich! – Убирайся!

<p>7</p>

wegen des Essens – из-за еды

<p>8</p>

sie sperrte ihm den Weg – она перегородила ему дорогу