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Die Kunst des Krieges - Psychologie der Massen - Wege zu sich selbst - Der Fürst. Sunzi
Читать онлайн.Название Die Kunst des Krieges - Psychologie der Massen - Wege zu sich selbst - Der Fürst
Год выпуска 0
isbn 9783868209631
Автор произведения Sunzi
Жанр Личностный рост
Издательство Автор
2. Kapitel: Gefühle und Sittlichkeit der Massen
2. Kapitel:
Gefühle und Sittlichkeit der Massen
Nach diesem allgemeinen Hinweis auf die Hauptkennzeichen der Massen kommen wir nun zur Untersuchung der Einzelheiten.
Verschiedene besondere Eigenschaften der Massen, wie Triebhaftigkeit (impulsivité), Reizbarkeit (irritabilité), Unfähigkeit zum logischen Denken, Mangel an Urteil und kritischem Geist, Überschwang der Gefühle (exagération des sentiments) und noch andere sind bei Wesen einer niedrigeren Entwicklungsstufe, wie beim Wilden und beim Kinde, ebenfalls zu beobachten. Ich streife diese Übereinstimmung nur im Vorübergehen, denn ihre Ausführung würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Sie wäre unnötig für alle mit der Psychologie der Primitiven Vertrauten und für jene, die nichts von ihr wissen, ohne rechte Überzeugungskraft.
Ich gehe nun die verschiedenen Merkmale, die sich bei der Mehrzahl der Massen leicht beobachten lassen, der Reihe nach durch.
I. Triebhaftigkeit, Beweglichkeit und Erregbarkeit der Massen
Bei der Untersuchung ihrer grundlegenden Charakterzüge sagten wir, dass die Masse beinahe ausschließlich vom Unbewussten geleitet wird. Ihre Handlungen stehen viel öfter unter dem Einfluss des Rückenmarks als unter dem des Gehirns. Die vollzogenen Handlungen können ihrer Ausführung nach vollkommen sein, da sie aber nicht vom Gehirn ausgehen, so handelt der einzelne nach zufälligen Reizen. Die Masse ist der Spielball aller äußeren Reize, deren unaufhörlichen Wechsel sie widerspiegelt. Sie ist also die Sklavin der empfangenen Anregungen. Der alleinstehende Einzelne kann ja denselben Reizen unterliegen wie die Masse, da ihm aber sein Gehirn die unangenehmen Folgen des Nachgebens zeigt, so gehorcht er ihnen nicht. Physiologisch lässt es sich so erklären, dass der alleinstehende Einzelne die Fähigkeit zur Beherrschung seiner Empfindungen hat, die Masse aber nicht dazu imstande ist.
Die mannigfachen Triebe, denen die Massen gehorchen, können je nach dem Anreiz edel oder grausam, heldenhaft oder feige sein, stets aber sind sie so unabweisbar, dass der Selbsterhaltungstrieb vor ihnen zurücktritt.
Da die Reize, die auf eine Masse wirken, sehr wechseln und die Massen ihnen immer gehorchen, so sind sie natürlich äußerst wandelbar. Daher sehen wir sie auch in demselben Augenblick von der blutigsten Grausamkeit zum unbedingten Heldentum oder Edelmut übergehen. Die Masse wird leicht zum Henker, ebenso leicht aber auch zum Märtyrer. Aus ihrem Herzen flossen die Ströme von Blut, die für den Triumph jedes Glaubens notwendig sind. Man braucht nicht zu den Zeitaltern der Helden zurückzugehen, um zu erkennen, wozu die Massen fähig sind. Nie markten sie bei einem Aufstand um ihr Leben, und erst vor wenigen Jahren hätte ein General, der plötzlich volkstümlich geworden war, wenn er es verlangt hätte, leicht 100.000 Menschen gefunden, bereit, sich für seine Sache töten zu lassen.
Nichts ist also bei den Massen vorbedacht. Sie können unter dem Einfluss von Augenblicksreizen die ganze Folge der entgegengesetzten Gefühlen durchlaufen. Sie gleichen den Blättern, die der Sturm aufwirbelt, nach allen Richtungen verstreut und wieder fallen lässt. Die Betrachtung gewisser revolutionärer Massen wird uns einige Beispiele für die Veränderlichkeit ihrer Gefühle geben.
Diese Veränderlichkeit macht sie schwer regierbar, besonders wenn ein Teil der öffentlichen Gewalt in ihre Hände gefallen ist. Würden die Notwendigkeiten des Alltagslebens nicht eine Art unsichtbarer Regelung der Ereignisse herausbilden, so könnten die Demokratien nicht bestehen. Wenn auch die Massen die Dinge leidenschaftlich begehren, so wollen sie sie doch nicht für lange Zeit. Sie sind ebenso unfähig zu ausdauerndem Wollen wie zum Denken.
Die Masse ist nicht nur triebhaft und wandelbar. Gleich dem Wilden lässt sie nicht zu, dass sich zwischen ihre Begierde und die Verwirklichung dieser Begierde ein Hindernis erhebt, umso weniger, als ihre Überzahl ihr das Gefühl unwiderstehlicher Macht gewährt. Für den Einzelnen in der Masse schwindet der Begriff des Unmöglichen. Der alleinstehende Einzelne ist sich klar darüber, dass er allein keinen Palast einäschern, keinen Laden plündern könnte, und die Versuchung dazu kommt ihm kaum in den Sinn. Als Glied einer Masse aber übernimmt er das Machtbewusstsein, das ihm die Menge verleiht, und wird der ersten Anregung zu Mord und Plünderung augenblicklich nachgeben. Ein unerwartetes Hindernis wird wütend zertrümmert. Wenn der menschliche Organismus dauernde Wut zuließe, so könnte man die Wut als den normalen Zustand der gehemmten Masse bezeichnen.
Die Erregbarkeit, Triebhaftigkeit und Veränderlichkeit der Massen sowie das gesamte Empfinden des Volkes, das wir zu untersuchen haben, werden stets durch die grundlegenden Rasseeigenschaften abgewandelt. Sie bilden den festen Boden, in dem alle unsere Gefühle wurzeln. Ohne Zweifel sind die Massen reizbar und triebhaft, aber in den mannigfachsten Abstufungen. Der Unterschied zwischen einer lateinischen und einer angelsächsischen Masse z. B. ist auffallend. Die jüngsten Ereignisse unserer Geschichte geben ein sprechendes Bild davon. Im Jahre 1870 hat die Veröffentlichung eines einfachen Telegramms mit dem Bericht über eine angeblich einem Botschafter zugefügte Beleidigung genügt, einen Wutausbruch zu entfachen, der zur unmittelbaren Ursache eines furchtbaren Krieges wurde. Einige Jahre später erzeugte die telegrafische Anzeige einer unbedeutenden Schlappe bei Langson einen neuen Ausbruch, der den sofortigen Sturz der Regierung herbeiführte. Zu gleicher Zeit erregte die viel schwerere Niederlage einer englischen Expedition bei Khartum nur eine sehr schwache Bewegung in England, und kein Ministerium fiel. Überall sind die Massen weibisch, die weibischsten aber sind die lateinischen Massen. Wer sich auf sie stützt, kann sehr hoch und sehr schnell steigen, aber stets in der Nähe des tarpejischen Felsens und mit der Gewissheit, eines Tages hinuntergestürzt zu werden.
II. Beeinflussbarkeit und Leichtgläubigkeit der Massen
Als einen der allgemeinen Charakterzüge bezeichneten wir die übermäßige Beeinflussbarkeit und wiesen nach, wie ansteckend eine Beeinflussung in jeder Menschenansammlung ist; woraus sich die blitzschnelle Gerichtetheit der Gefühle in einem bestimmten Sinne erklärt. So parteilos man sich die Masse auch vorstellt, so befindet sie sich doch meistens in einem Zustand gespannter Erwartung, der die Beeinflussung begünstigt. Die erste klar zum Ausdruck gebrachte Beeinflussung teilt sich durch Übertragung augenblicklich allen Gehirnen mit und gibt sogleich die Gefühlsrichtung an. Bei allen Beeinflussten drängt die fixe Idee danach, sich in eine Tat umzuformen. Ob es sich darum handelt, einen Palast in Brand zu stecken oder sich zu opfern, die Masse ist mit der gleichen Leichtigkeit dazu bereit. Alles hängt von der Art des Anreizes ab, nicht mehr, wie beim allein stehenden einzelnen, von den Beziehungen zwischen der eingegebenen Tat und dem Maß der Vernunft, das sich ihrer Verwirklichung widersetzen kann.
So muss die Masse, die stets an den Grenzen des Unbewussten umherirrt, allen Einflüssen unterworfen ist, von der Heftigkeit ihrer Gefühle erregt wird, welche allen Wesen eigen ist, die sich nicht auf die Vernunft berufen können, alles kritischen Geistes bar, von einer übermäßigen Leichtgläubigkeit sein. Nichts erscheint ihr unwahrscheinlich, und das darf man nicht vergessen, wenn man begreifen will, wie leicht die unwahrscheinlichsten Legenden und Berichte zustande kommen und sich verbreiten4.
Die Entstehung von Legenden, die so leicht in den Massen umlaufen, ist nicht nur die Folge vollkommener Leichtgläubigkeit, sondern auch der ungeheuerlichen Entstellungen, welche die Ereignisse in der Fantasie der Menschenansammlungen erfahren. Der einfachste Vorfall, von der Masse gesehen, ist sofort ein entstelltes Geschehnis. Sie denkt in Bildern, und das hervorgerufene Bild löst eine Folge anderer Bilder aus, ohne jeden logischen Zusammenhang mit dem ersten. Diesen