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unterschiedlichen, oft von kleinen Kerngruppen getragenen und gerade nicht verbandlich organisierten Werken und freien Initiativen. Solche informellen Gruppen ließen sich durchaus im Sinne der Katholischen Aktion hierarchisch führen und unter bischöflichen Hauptarbeitsstellen oder in eng kirchlich angebundenen Katholikenausschüssen auf Pfarr- und Diözesanebene zusammenfassen. Bald lebten auch verbandliche Organisationsformen wieder auf31, bis hin zu den von Kreisen um Konrad Adenauer befürworteten Plänen zur Wiedergründung des „Volksvereins“ für eine von den Bischöfen weitgehend unabhängige gesellschaftspolitische Laienaktivität.32 Die ersten Nachkriegs-Katholikentage 1948 in Mainz und 1949 in Bochum verabschiedeten selbstbewusste Entschließungen.33

      Kontrollbedürfnis, Konkurrenzängste und Parlamentsphobie

      Schon in Mainz hatte der gastgebende Bischof Albert Stohr34 die Laien an ihre Grenzen erinnert. Katholische Aktion bedeute „Laienapostolat, aber nicht Laienregiment“35, es gehe nicht darum, Machtgelüste zu äußern, sondern um den Willen zum Dienen. In Bochum forderten die Laien die betriebliche Mitbestimmung als „natürliches Recht in gottgewollter Ordnung“36. Darauf reagierten die Bischöfe erst recht verärgert, denn die Auslegung des Naturrechts komme allein dem kirchlichen Lehramt zu.37 Offenbar – so hieß es – sei das „Aufsichts- und Ordnungsrecht der Bischöfe“38 nicht zum Zuge gekommen. Die Eigendynamik des freien Gesprächs auf diesen katholischen Generalversammlungen erschien dem Episkopat riskant. In einem Memorandum über die „Koordinierung der Laienarbeit unter hierarchischer Führung“ überlegten die westdeutschen Bischöfe daher, wie die Aktivitäten im gesamten katholischen Raum beobachtet, die Bischöfe darüber informiert und vor allem die „Intentionen und Anweisungen, die sich aus dem Aufsichts- und Ordnungsrecht des Episkopates ergeben, rechtzeitig und wirksam zur Geltung“39 gebracht werden könnten. Der Leiter einer solchen externen Informationsstelle „im Rang eines Prälaten“ sollte das Laienengagement an die Hierarchie binden.40

      Eine Neuetablierung des katholischen Verbändewesens war nicht im Sinne der Bischöfe. Sie wollten keine überdiözesanen Großvereinigungen mit geistlichen Funktionären in Verbandszentralen (Generalpräsides), die sie als „Verbandskardinäle“ oder „Überbischöfe“ und damit als Führungskonkurrenz ebenso ablehnten41 wie sie immer wieder Angst hatten, die Katholikentage oder andere Laienorganisationen könnten sich zu einem „Laienparlament“ entwickeln.42 Schließlich hatte Papst Pius XII. erst 1943 erneut betont, die kirchlichen Oberhirten seien

      „nicht bloß als die vorzüglicheren Glieder der allgemeinen Kirche anzusehen, weil sie durch ein ganz einzigartiges Band mit dem göttlichen Haupte des ganzen Leibes verbunden und daher mit Recht ‚die wichtigsten Teile der Glieder des Herrn‘ genannt werden. Sondern jeder einzelne in seinem Sprengel weidet und leitet im Namen Christi als wahrer Hirte seine eigene ihm anvertraute Herde. … Deshalb müssen sie als Nachfolger der Apostel zufolge göttlicher Einsetzung vom Volke verehrt werden. Und mehr als von den Regierenden dieser Welt, auch den allerhöchsten, gilt von den Bischöfen, da sie mit der Salbung des Heiligen Geistes versehen sind, das Schriftwort: ‚Vergreifet euch nicht an meinem Gesalbten!‘“43

      Für die Bischöfe war daher die entscheidende Frage: Wie konnten sie solche Entwicklungen verhindern, aber dennoch das Laienengagement in ihrem Sinne bündeln, koordinieren sowie strategisch ausrichten und steuern? Denn dieses Potenzial sollte neben der Unionspolitik als zweites Instrument mobilisiert und genutzt werden, um katholische Forderungen in den öffentlichpolitischen Raum zu tragen. Manche Bischöfe favorisierten das Konzept der Katholischen Aktion als römisch vorgegeben und daher konsequent durchzuziehen: unzweideutige hierarchische Führung mit klerikalen Protagonisten als Ansprechpartner für Politik und Gesellschaft, die sich allenfalls von qualifizierten Laien beraten lassen durften.44 Der episkopale Autoritäts- und Führungsanspruch sollte klar und deutlich geltend gemacht werden, denn die Kirche bleibe nun einmal in ihrer Struktur immer dieselbe, nämlich hierarchisch. Sicherlich könnten die Laien „noch weit mehr als bisher zur verantwortlichen Mitarbeit und eigentlichen Führung in der Exekutive“ herangezogen werden. Verantwortbar sei dies aber nur, wenn sie „die gottgewollte Stellung der Hierarchie innerlich bejahen und bereit sind, praktisch dementsprechend zu handeln“45. Katholische Verbände unter einer reinen Laienführung seien gefährlich, eine Zentrale des Laienapostolats müsse im Sinne hierarchischer Unterordnung von einem Bischof geleitet werden.46 Durchsetzen sollte sich in Gestalt des „Zentralkomitees der deutschen Katholiken“ (ZdK) allerdings eine subtilere Variante mit identischer Zielsetzung.

      Prälatenkonzept zur Laieneinhegung

      Der ebenso weitsichtige wie politisch versierte und einflussreiche Kölner Prälat Wilhelm Böhler47 begann unmittelbar nach Kriegsende mit der Durchsetzung seiner Idee eines nationalen Spitzengremiums für das deutsche Laienapostolat mit zugleich zentraler gesellschaftspolitischer Funktion.48 Nach innen sollten die Laienaktivitäten koordiniert werden. Nach außen sollte eine hierarchisch legitimierte Laien-Repräsentation49 geschaffen werden, die als eng amtskirchlich gebundene „pressure-group des deutschen Katholizismus im vorparlamentarischen Raum“50 fungieren und so ein „aktionsfähiges und schnell reaktionsfähiges Instrument“51 der Hierarchie zur allfälligen Durchchristlichung der Gesellschaft sein sollte. Beide Stoßrichtungen nach innen wie nach außen sollten unter bischöflicher Kontrolle und so verkirchlicht sein.

      Böhler verfolgte sein Anliegen auf zwei Gleisen: Einerseits forcierte er mithilfe ausgewählter Laienhelfer52 die Gründung bzw. Errichtung von Katholikenausschüssen und ihre Zusammenfassung in Diözesankomitees53, die unter amtlicher Führung katholische Interessen in der Öffentlichkeit vertreten sollten. Der Vorsitz wurde zwar Laien überlassen. Der Informationsfluss hin zur Hierarchie und eine angemessene Kontrolle wurden gleichwohl dadurch sichergestellt, dass jedem Ausschuss ein „Geistlicher Beirat“ angehören musste und verbindliche Beschlüsse nur mit Zustimmung des Dechanten, grundsätzliche sogar nur mit der des Bischofs möglich waren.54

      Auf der anderen Seite warb Böhler beim ehemaligen Zentralkomitee der Katholikentage (Z.K.) unter geschickter Erinnerung an die guten alten Vorkriegszeiten um eine Beteiligung bei einem neuen erweiterten nationalen Laiengremium. Dieses Gremium konturierte er – allerdings nur intern Kardinal Frings gegenüber – schon sehr früh klar als in Struktur und Funktion das Z. K. völlig ersetzend:

      „Das Zentralkomitee der Zukunft denke ich mir so, dass es besteht aus Vertretern der Diözesankomitees, Vertretern der katholischen Vereine, führenden Persönlichkeiten aus dem Laienstande, dem Weltklerus und dem Ordensklerus und Fachmännern für die einzelnen großen Aufgabengebiete“55.

      Der zunächst bleibenden Skepsis in Teilen des Episkopats begegnete Böhler mit dem Hinweis, die Katholische Aktion sei von Papst Pius XII. keineswegs monopolistisch, sondern als durchaus mit eigenen teilkirchlichen Traditionen kombinierbar gedacht. Der Grundsatz der Katholischen Aktion: „nie gegen die Hierarchie, nie ohne die Hierarchie, sondern stets mit der Hierarchie“56 bleibe auch in dem neuen Gremium gewahrt. Es galt ihm als „selbstverständlich, daß keine Persönlichkeiten zum Zentralkomitee gehören können, gegenüber denen bischöfliche Bedenken bestehen, und keine Beschlüsse gefaßt werden können, die nicht auch die Zustimmung des Episkopates haben“57. Vor allem der Einbau der Katholikenausschüsse würde den Einfluss des Episkopats auf das Zentralkomitee erleichtern.58 Zudem wies er darauf hin, die engagierten Laien würden „sich den Weisungen des Episkopates gern und freudig fügen“. Bei ihnen herrsche „ein so großes Vertrauen in die Führung der Bischöfe, ein so großes Verantwortungsbewußtsein gegenüber Kirche und Öffentlichkeit und ein so freudiger Wille zur Einordnung“59.

      Partizipationsfiktion und Domestizierung

      Bei aller damals sehr „ausgeprägten Gefolgschaftstreue des Laienkatholizismus“60 wehrte Böhler taktisch zugleich auch einer anderen, psychologischen Gefahr, nämlich der, dass eine zu offenkundige hierarchische Führung auf wache, verbandliche Eigenständigkeit gewohnte und gesellschaftlich aktive Laien demotivierend wirken und damit die kirchliche Durchschlagskraft schwächen könnte. Gegen dirigistische Absichten anderer Bischöfe gab er daher Kardinal Frings früh zu bedenken: „Unsere Laien“ – so seine selbstverständliche

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