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von der Lehre der Kirche abweichen und die innerkirchlichen Ordnungen gefährden“. Zudem drohe Verwirrung „aus der Verbreitung ungesicherter Denkversuche [eine enthüllende Wendung!; N. L.]“.

      Deshalb war auch deutlich zu machen:

      „Im Volk Gottes setzt sich die besondere Sendung des Sohnes vom Vater her fort im Dienst der Apostel und ihrer Nachfolger. Die Kirche kann zwar gewisse Formen demokratischer Meinungs- und Willensbildung in Gemeinde und Diözese übernehmen, aber ihre Demokratisierung im strengen Sinne des Wortes ist mit dem Auftrag Jesu Christi nicht zu vereinbaren. Fragen des Glaubens, der sittlichen Normen und des sakramentalen Lebens können nicht durch Mehrheitsentscheidungen gelöst werden. Hier gilt nicht der Grundsatz der Demokratie, daß alle Gewalt vom Volke ausgeht. Das kirchliche Amt ist vielmehr allein dem Herrn im Glaubensgehorsam verpflichtet. Darum bleibt auch die Last der Verantwortung im besonderen Dienstamt des Papstes, der Bischöfe und der Priester bestehen. Wir erhoffen uns jedoch aus der ständigen Zusammenarbeit mit allen Gliedern des Gottesvolkes wertvolle Hilfe, Bestärkung und Ermutigung in der Ausübung unseres Amtes“104.

      Neben der öffentlichen Klarstellung, dass der Ständestruktur der Kirche allenfalls eine Zusammenarbeit unter der Verantwortung des Klerus entspricht, brachte Kardinal Döpfner intern das Synodenthema nach vorne und erwartete von der Studiengruppe nähere Vorschläge. Diese kam schon am 9. Januar 1969 in Bonn zu der einmütigen Empfehlung, die Planung einer „gemeinsamen Synode der Diözesen der Bundesrepublik“ zu beschließen. Das ging schnell und sollte auch schnell gehen, weil man das Heft des Handelns in der Hand behalten und nicht an die öffentliche Diskussion verlieren wollte. Die Form der Synode sollte die Beteiligung einzelner Gruppen und die Thematik begrenzen sowie vor Manipulationen von außen schützen. Das rasche Vorgehen behielt man nachfolgend bei: Die Studiengruppe beauftragte den Sekretär der DBK, Karl Forster, und den Generalsekretär des ZdK, Friedrich Kronenberg, eine Beschlussvorlage „Umrisse eines Statuts der Synode und erste Grundzüge einer Geschäftsordnung“ für die Frühjahrsvollversammlung der DBK vorzubereiten. Unter Mitarbeit der beiden Bonner Professoren Heinrich Flatten (Kirchenrecht) und Hubert Jedin (Kirchengeschichte) war dies am 5. Februar 1969 erledigt.

      Je konkreter der Synodenplan wurde, desto stärker schrumpfte der Kreis der Mitwirkenden. Davon versprachen die Bischöfe sich eher verwertbare Ergebnisse, mit denen sie die öffentliche Diskussion mitbestimmen und lenken wollten. Mit einem klaren, auch kirchenrechtlich fundierten Konzept waren andere Vorschläge besser zu kanalisieren. Die vom Sekretär der Bischofskonferenz immer wieder eingeschärfte strenge Vertraulichkeit schließlich sollte die volle Entscheidungsfreiheit der Bischofskonferenz wie Roms wahren. Der Grundsatzbeschluss der Bischofskonferenz fiel auf der Frühjahrsvollversammlung 1969 mit dem Auftrag an die Studiengruppe, bis zum Herbst eine beschlussreife Vorlage für Arbeitsprogramm, Statut und Geschäftsordnung der Synode zu erarbeiten. Die Fühlungnahme mit dem Apostolischen Stuhl hatte als zwei grundlegende Bedingungen ergeben, dass eine Klerikermehrheit in der Synode garantiert bleiben musste und die Gewalt der Diözesanbischöfe nicht tangiert werden durfte.105

      Der Schock des Katholikentags war offenbar doch recht schnell überwunden. Dem Beteiligungsdrang von unten begegneten die Hirten mit neuer Regie von oben106 unter Mithilfe von willigen Laienfunktionären, die sich von den Bischöfen in Vertraulichkeiten selbst gegen ihren Auftraggeber, das ZdK, ziehen ließen und denen die Entscheidungsfreiheit der Bischöfe offenbar wertvoller war als die Beteiligung der von ihnen vertretenen Laien an den Entscheidungen. Gesprächsbereitschaft und -formate sollten verlorene Autorität zurückbringen. Dass Bischöfe überhaupt mit Laien reden, sollte offenbar bereits als demokratisierendes Element wahrgenommen werden. Dabei war klar, dass die Struktur der Gespräche die Struktur der Kirche widerspiegeln musste. Entsprechend ging es den Bischöfen und ihren Helfern darum,

      „einen Ort des Gesprächs einzurichten, an dem ihre Rolle als Lehrer und Hirte anerkannt wurde und so ihre Deutungshoheit über zentrale Glaubensthemen gewahrt blieb. Durch ihr rasches Vorgehen boten die Bischöfe der drängenden Öffentlichkeit bald eine Option an, mit deren Hilfe sie die weitere Debatte kanalisieren konnten“107.

      Dialog?

      Nicht alle hielten die Gesprächsbereitschaft von Bischöfen für echten Reformwillen. Grundsätzliche Erwägungen und erste „Gesprächs“-Erfahrungen ließen manche Katholiken Reformattrappen befürchten. Nachkonziliare Solidaritätsgruppen von Priestern108 erfassten selbstkritisch das ständische System als ekklesiologisches Grundproblem, insofern sie ihre Funktion „dann und nur dann erfüllt“ sahen, „wenn sie die festen Grenzen zwischen den ‚Ständen‘ in der Kirche theologisch und organisatorisch abbauen und sich dadurch als Klerusgruppen überflüssig machen würden“109. Die eigene Rolle wurde als im Zerfall befindlich, das Amtsverständnis als nicht mehr tragfähig und Dialog auf dieser Grundlage klarsichtig als Leerformel entlarvt:

      „Manche Vertreter des Kirchensystems sprechen viel vom Dialog. Sie führen ihn nicht und scheinen auch nicht zu bemerken, daß sie ihn gar nicht führen können, solange sie an ihrer bisherigen Rolle festhalten. Bezeichnet das Wort ‚Dialog‘ unter diesen Umständen mehr als die Tatsache dieses falschen Bewußtseins?“110

      Bestätigt wurden solche Zweifel durch Reaktionen von Bischofsseite. Für den Vorsitzenden der Bischofskonferenz verletzten die Priester-Solidaritätsgruppen die priesterliche Brüderlichkeit, gefährdeten die Einheit, verhinderten den Dialog und verunsicherten die Gemeinden.111 „Gesprächs“-Erfahrungen mit begegnungsbereiten, aber inhaltlich reservierten Bischöfen verliefen ernüchternd. Es komme zu einer Technik, in Diskussionen

      „durch die Nennung der Probleme und durch Aussprechen reformerischer Haltung … darüber hinwegzutäuschen, daß damit nur etwas benannt ist, aber kaum etwas verwirklicht, geschweige [denn] geändert ist. … Dadurch, daß Diskussionen erlaubt werden – gleichsam diskussionsoffene Räume gewährt werden [so ja auch die Strategie auf dem Essener Katholikentag; N. L.] – wird nur ein Alibi für den tatsächlichen hierarchischen Immobilismus gegeben. Diskussionen sind dann folgenlos, beliebig und für die Entscheidungen belanglos. Sie haben am Ende eine Entlastungsfunktion“112.

      Auch darüber, warum Dialogattrappen weithin nicht als solche erkannt wurden, machte man sich Gedanken und verwies auf die effektive biografische Bindewirkung einer katholischen Erziehung:

      „Vertreter kirchlicher Einrichtungen erziehen Kirchenglieder vom Kindergarten bis zum Frauenbund oder Männerwerk, vom Religionsunterricht bis zum Priesterseminar dazu, menschliche – oft frühkindliche – Erwartungen auf die Organisation und deren Amtsträger zu übertragen. Diese Erziehung kann zu einer Ichschwäche führen, die ihrerseits wieder von vielen Katholiken dadurch ausgeglichen wird, daß sie sich der Institution seelisch und geistig überantworten. Diesen Katholiken fällt es schwer, die anerzogenen Erwartungen und die verinnerlichten Verhaltensweisen später wieder abzubauen. Sie wollen weiter bei der Mutter Kirche geborgen sein, erwarten die Führung durch den Vater Bischof und die Wegweisung durch den Heiligen Vater. Sie bleiben autoritätsgläubig und mißtrauisch allem Fremden gegenüber. Das erschwert es diesen Katholiken, für die verantwortliche Mitarbeit in der Gemeinde und in den Einrichtungen der Kirche frei zu werden“113.

      Auch das ZdK, näherhin seine Vollversammlung, musste die Erfahrung machen, dass seine Vorstellungen von Dialog sich nicht zwingend mit denen der Bischöfe deckten. Die Bischofskonferenz ließ ab März 1969 unter Ausschluss der Öffentlichkeit einen Entwurf des Synodenstatuts erarbeiten und blieb auch von gegenläufigen breiten Forderungen nach einer öffentlichen Diskussion unbeeindruckt. Von seiner öffentlichen Vorstellung am 3. September114 bis zur endgültigen Verabschiedung durch die Bischofskonferenz am 11. November blieben gerade einmal neun Wochen. Nicht nur das ZdK sah damit die Dialogreden konterkariert, weil eine Diskussion an der Basis bei einem solchen Durchmarsch nicht möglich war. Auf der Vollversammlung des ZdK kam es zu heftigen Diskussionen, die aber zugleich wieder als Ventil dienten, so dass die Gemüter sich beruhigten. Probate Beschwichtigungsmittel kamen zum Einsatz: Mit dem pragmatisch klingenden Appell, nach vorne zu schauen und sich den Sachthemen zu widmen, wurden Struktur- und Verfahrensfragen und Inhalte gegeneinander ausgespielt. Gegen eine beabsichtigte bedauernde Stellungnahme des ZdK gab der Bischöfliche Assistent, Prälat Hanssler, Benimmhinweise: Die

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