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Sie nur von der Tür einfach geradeaus weiter, die Straße ist nicht weit.«

      »Vielen Dank«, sagte der Besucher, erhob sich rasch und zog seine Jacke an. Einen Augenblick stand er verlegen beim Tisch, was sollte er noch sagen? So sagte er nur: »Vielen Dank für den Tee.«

      »Keine Ursache«, erwiderte der alte Mann und lächelte seinen Gast freundlich an, »ja, ja, die Menschen sind eine seltsame Rasse.« Er nahm die Maske, an der er zuletzt gearbeitet hatte und betrachtete sie. Dann sah er wieder freundlich lächelnd auf seinen Gast, der noch an der Tür stand, diese jetzt öffnete und mit einem raschen »Auf Wiedersehen« das Haus verließ.

      Draußen war es nicht dunkler als vorher, dabei schien es ihm, als sei er ziemlich lange in dem Haus gewesen. Er hatte nicht nach der Uhr gesehen, als er dort eingetreten war. Er stellte den Kragen hoch und ging rasch und entschlossen los, blieb aber schon nach wenigen Schritten stehen und wandte sich noch einmal um, doch das Haus, aus dem jetzt kein Lichtschein mehr fiel, war bereits im Nebel verschwunden.

      Er ging weiter, weniger rasch und entschlossen als vorher. Hatte er vielleicht nur geträumt? Oder war er wirklich bei diesem wunderlichen Alten im Haus gewesen? Wer mochte dieser Mann sein? Ohne Zweifel nur ein verrückter Einsiedler, der schon senil war und nur Unsinn schwatzte. Masken – was für ein Blödsinn.

      Er musste nicht weit gehen, bis er auf die Straße traf. Jetzt begann es zu dämmern. Kurz bevor es ganz dunkel wurde, war er zu Hause.

      Aber der alte Mann wollte ihm nicht aus dem Sinn. Immer schwerer wogen die Worte, die er gesprochen hatte. Wie aus einer anderen Welt erschien ihm dieser seltsame Mann jetzt und je mehr Zeit verstrich, desto klarer und deutlicher rückte diese Begegnung ihm ins Bewusstsein. Es war etwas Seltsames um dieses Haus. Er fühlte plötzlich, dass er noch viele Fragen hätte stellen können und vielleicht Antworten erhalten hätte, die ihm sonst niemand geben konnte.

      Seine Spaziergänge führten ihn in den folgenden Jahren noch ungezählte Male in die gleiche Gegend und er ging aufmerksam und mit offenen Augen durch den Wald, aber das Haus fand er nicht wieder.

       DIE FLAMME DER LIEBE

      – ein Märchen –

      Er konnte sich nicht mehr erinnern, wann und bei welcher Gelegenheit er von der Flamme der Liebe erfahren hatte, als er eines Nachts in einem Traum daran erinnert wurde. Übermächtig groß war sie vor ihm erschienen, hatte ihn aufgenommen und er hatte sich geborgen und glücklich gefühlt.

      Als er aufwachte, war es kalt, dunkel und leer. Die Einsamkeit legte sich auf ihn wie eine starre Decke, die ihm jede Bewegung schwer machte. Sein Leben war öde und sinnlos, seit er die Frau verloren hatte, die er liebte. Sie war tot und er dachte wieder an die Flamme der Liebe, die genährt wurde durch die Liebe der Verstorbenen, die auf Erden zurückblieb, wenn sie selbst gehen mussten und ihnen dadurch Unsterblichkeit sicherte, so hatte er es erfahren.

      Er zog die Decke fest um sich. Der Morgen begann zu dämmern, aber er wollte nicht aufstehen, wozu auch. Er wollte nie mehr aufstehen. Er verfiel in einen Dämmerzustand zwischen Schlaf und Wachen und wieder sah er sie, diese Flamme und er beschloss, nach ihr zu suchen, um dort seine Geliebte wiederzufinden.

      So schnürte er ein paar Habseligkeiten zu einem Bündel und verließ seine kleine Hütte. Er wanderte die Straße entlang, ließ das Dorf, über das er bisher noch nie hinausgekommen war, hinter sich und zog weiter in die ihm völlig unbekannte Welt. Es war ein warmer Tag.

      Kurz vor Sonnenuntergang kam er in die Nähe einer großen Stadt. Er sah sie von weitem, die Mauern und Türme leuchtend in den letzten Sonnenstrahlen. Die Größe der Stadt erschreckte ihn. Er wollte heute nicht mehr hingehen und legte sich ins Moos eines kleinen Wäldchens zum Schlafen.

      Bei Sonnenaufgang schritt er durch eines der Stadttore. Hohe Häuser standen an schmalen, schmutzigen Straßen; viele Menschen hasteten trotz der frühen Stunde umher.

      Hier würde er bestimmt nicht finden, was er suchte. Verwirrt blickte er um sich. Aber fragen konnte er; doch wen er auch fragte, er erntete nur unverständliche oder uninteressierte Blicke. Nein, hier verschwendete er nur seine Zeit. Er durchquerte die Stadt und war erleichtert, als er sie durch ein anderes Tor wieder verlassen hatte.

      Er folgte weiter der Landstraße. Nach vielen Wochen kam er an einen breiten Fluss, der tief schien und eine schnelle Strömung hatte. Der Fluss war so breit, dass er kaum die andere Seite sehen konnte. Er ging am Ufer weiter. Nach Tagen kam er zu einer Hütte, in der ein Fährmann wohnte. Dieser war gerade beim Essen und schien nicht die Absicht zu haben, sein Mahl zu unterbrechen; er lud den Fremden dazu ein, der dankend annahm.

      Er sagte zu dem Fährmann, dass er noch niemals einen so breiten Fluss gesehen habe und der Fährmann antwortete, dass dies der Fluss der Wahrheit sei. Wem es gelänge, den Fluss zu durchschwimmen, der würde immer die Wahrheit wissen und erkennen. – Nein, soviel er wisse, sei das noch niemandem gelungen, der Fluss sei zu breit und zu reißend. Wer das starke Tau, das die Fähre leite, angebracht habe? Das wisse er nicht, es sei schon immer da gewesen.

      Der Fährmann hatte sein Mahl beendet und sagte, dass sie jetzt aufbrechen könnten. Auf der anderen Seite gab er dem Fährmann sein letztes Geld für die Überfahrt und zog weiter.

      Der Winter stand vor der Tür und er musste sich jetzt Scheunen, Ställe und Höhlen zum Schlafen suchen. Er hatte kein Geld mehr, doch in den meisten Häusern, an denen er vorüberkam, erhielt er eine Kleinigkeit zu Essen, wenn er darum bat. So lebte er und kam weiter und weiter, er ging durch Felder, Wiesen, Wälder und über Hügel und Berge.

      Ein neuer Frühling zog ins Land und im Sommer, ein erfrischender, kurzer Regenschauer ging gerade nieder, kam er an einen Wald, so dicht, dunkel und groß, wie er noch nie einen gesehen hatte. Kein Pfad schien in ihn hineinzuführen.

      Eine alte Frau saß auf einer Bank neben der Straße. Als er sie nach dem Weg fragte, erklärte sie ihm, dass dies der Wald der Schönheit und Jugend wäre. Wer ihn durchquere, sei ewig jung und schön. Man habe schon viele hineingehen sehen, aber herauskommen noch niemanden.

      Er hatte nicht die Absicht, es zu versuchen, er suchte nach etwas anderem. Er fragte die alte Frau nach der Flamme der Liebe, aber davon hatte sie noch nie gehört.

      So ging er weiter durch die Welt, kam durch Städte und Dörfer, aber wen immer er fragte, niemand konnte ihm etwas sagen.

      Im nächsten Frühling kam er an ein großes Moor. Eine junge Frau saß vor einer Lehmhütte am Rande des Wassers und sagte ihm, dass dies das Moor der Tugend sein. Wer es durchmesse, habe alle Tugenden, aber bisher sei das noch niemandem gelungen.

      Er ging rasch einen anderen Weg weiter, es war wieder nicht das, wonach er suchte.

      Ein neues Jahr der vergeblichen Suche ging ins Land – manchmal verlor er fast die Hoffnung. Niemand konnte ihm den kleinsten Hinweis geben; vielleicht existierte sie gar nicht, diese Flamme. Aber er gab nicht auf, streifte weiter durch Hügel und Wiesen, aß, was er im Wald fand und andere Leute ihm gaben, trug alte Kleidungsstücke, die er geschenkt bekam, wenn die alten zu zerrissen waren.

      Eines Tages, müde, erschöpft und mutlos saß er am Wegrand, gesellte sich ein junger Mann zu ihm, der sich gleichfalls ausruhte. Befragt, antwortete der junge Mann, dass er zwar von der Flamme der Liebe noch nichts gehört habe, aber es gäbe ein großes Gebirge, das Gebirge der Weisheit, wo ein alter Mann, ein sehr alter und weiser Mann lebe, der könne ihm vielleicht helfen. Wo das Gebirge läge? Das wisse er leider nicht.

      Mit dem ersten Hoffnungsschimmer im Herzen setzte er seinen Weg fort. Doch wen er auch nach dem Gebirge fragte, manche hatten zwar davon gehört, aber niemand wusste, wo es lag. Die wenigsten Menschen wussten, was außerhalb ihrer nächsten Umgebung war. So musste er selbst suchen. Er durchzog die Welt, kam in immer neue Landschaften.

      So verging ein Jahr ums andere. Seine Schritte wurden immer langsamer, die zurückgelegte Wegstrecke eines Tages wurde immer kürzer. Er wusste nicht mehr, wie viele Jahre er schon unterwegs war, noch wie alt er jetzt war, aber er merkte plötzlich, dass er schon recht alt sein musste. Er wusste auch

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