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      Björn schluckte. Er war sich im Klaren darüber, dass er es mit dem Trupp nicht aufnehmen konnte. Heftiger Zorn überkam ihn, als der Mercedes mit quietschenden Reifen und wummernden Bässen an ihm vorbeiraste und ihm jemand lachend den Stinkefinger aus dem Fenster entgegenstreckte.

      »Arschgeigen«, fluchte er. »Verdammte Angeber, fickt euch.«

      Er hätte am liebsten aufgeschrien vor Wut. Die Begegnung hatte ihm schlagartig die Laune verdorben. Er fühlte sich verhöhnt, gab Gas, dass das Mofa aufheulte; seine Hände verkrampften sich am Lenker. Aber das nützte nichts. Sein Mofa kroch genauso langsam dahin wie vorher.

      |23|3.

      Die Nacht war mild – eine Maiennacht wie geschaffen für frisch Verliebte. Am Himmel funkelten die Sterne, Nebelschleier hingen über den Wiesen. Doch Cord Kröger fuhr mit seinem Geländewagen Marke »Nissan« so schnell, dass er seine ganze Aufmerksamkeit auf die Straße zu richten hatte. Jetzt, da Jelena – wahrscheinlich erwartungsfroh – neben ihm saß, war sein Mut gesunken. Er war wie betäubt, wagte es nicht einmal, seine Hände zu seiner Begleiterin hinüberzustrecken. Natürlich wagte er es noch viel weniger, einfach nur den Mund zu halten. Und während Kirchboitzen näher rückte, redete er emsig gegen seine Angst an.

      Er berichtete Jelena von seinem neuen Trecker, den er angeblich zu einem Spottpreis bekommen hatte – mit gefederten Vorderachsen, Stereo- und Klimaanlage, Super-Reifen, Vario-Getriebe und allen anderen Schikanen. Während sich Cord immer mehr in einen Begeisterungsschub hineinredete, gähnte Jelena gelangweilt. Sie steckte sich eine Zigarette nach der anderen an, sog daran, dass sie rot aufglühten. Schweigend blies sie den Rauch zur Autodecke.

      »An der nächsten Kreuzung links«, sagte sie schließlich, nachdem die beiden das Dorf Südkampen passiert hatten.

      »Gut«, bestätigte Cord. Doch schon im nächsten Moment wurde ihm der eisige Ton der Wegbeschreibung bewusst. Er war peinlich berührt und räusperte sich verlegen.

      »Tschuldigung, dass ich hier so viel quassel. Das interessiert dich natürlich nicht die Bohne. Aber ich …«

      Er brachte den Satz nicht zu Ende. Als er verstohlen zur Seite blickte, sah er, wie sich Jelenas Busen hob und senkte. Fast |24|im gleichen Augenblick schob sie ihre Hand zu seiner Hand herüber, die auf dem Steuerknüppel ruhte.

      »Stolzer Bauersmann«, raunte sie ihm unvermittelt zu.

      Cord stockte der Atem. Er spürte, wie Jelena ihm über den Handrücken strich. Daraufhin nahm er kurz entschlossen ihre Hand und drückte sie.

      »Auuu«, stöhnte sie kokett. »Du zerdrückst mich ja.«

      »Pardon, das wollt ich nicht.« Cord ließ sofort locker.

      »Nicht so schlimm, besser, als wenn du im Geist auf deinem Traktor sitzt«, tröstete ihn Jelena.

      »Tut mir leid.«

      Sie antwortete, indem sie seine Hand losließ und mit ihren Fingern sanft über seine Oberschenkel fuhr. Cord Kröger war wie elektrisiert, traute sich aber nicht, seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen. Glücklicherweise ergriff Jelena wieder das Wort.

      »Wie viele Pferdestärken hat dein Traktor denn?«

      »150, aber davon wollen wir jetzt nicht mehr reden. Ich glaube, ich hab schon viel zu viel gelabert.«

      Wonneschauer durchrieselten ihn, während Jelena mit leichtem Druck über seine Lenden streichelte.

      »Du hast recht«, sagte sie. »Die Nacht ist nicht zum Reden da.«

      »Zum Schlafen aber auch nicht.«

      »Zum Schlafen schon«, verbesserte sie ihn. »Ich schlüpfe gleich ins Bett, wenn wir da sind.«

      Ihre Hand übermittelte ihm eine andere Botschaft – und ermutigte ihn, die Initiative zu ergreifen.

      »Vielleicht können wir ja noch ein Bier bei dir zusammen trinken?«

      Sie schüttelte lächelnd den Kopf.

      »Was soll denn Mutter sagen, wenn ich des Nachts mit einem fremden Mann ins Haus komme? Nein, leider, das geht nicht.«

      |25|»Dann komm doch einfach mit zu mir, meine Mutter freut sich immer über Gäste«, erwiderte Cord in einem Anfall von Übermut. Fast hatte er schon befürchtet, dass sie entrüstet ihre Hand wegziehen würde. Doch im Gegenteil, sie ergriff erneut seine Hand.

      »So stürmisch auf einmal, der Bauersmann«, spöttelte sie. »Wir kennen uns doch noch gar nicht.«

      »Das kann sich aber ja ändern.«

      Mit diesen Worten machte Cord Kröger seine Hand frei und strich seiner Nachbarin über den Schoß.

      »Ich glaube, langsam wird’s ’n bisschen gefährlich«, sagte er. »Lass uns lieber mal anhalten.«

      Da Jelena keinen Widerspruch erhob, bog Cord gleich in den nächsten Feldweg ein. Alle Schüchternheit war jetzt von ihm abgefallen. Kaum hatte er angehalten, schloss sie ihn auch schon in die Arme. Sie küsste ihm die Stirnglatze, die Wangen, den Mund, saugte sich förmlich an ihm fest. Die Küsse schmeckten nach Rauch und Lippenstift und machten Appetit auf mehr. Doch in dieser Hinsicht erwies sich Jelena als sittenstreng. Als Cord ihr den Busen streichelte, entlockte er ihr noch Laute des Wohlbehagens, als seine Hand dann aber weiter in Richtung Schamgegend wanderte, schob sie sie sanft, aber bestimmt zur Seite.

      »Das tut man doch nicht im Auto«, hauchte sie ihm zu. »Ich bin eine anständige Frau.«

      »Dann lass uns doch einfach zu mir nach Hause fahren. Ist gar nicht weit.«

      Anstelle einer Antwort ließ sie wieder ihre Hände sprechen. Wie während der Fahrt strich sie ihm noch einmal über die Oberschenkel. Zur Bekräftigung gab sie ihm einen Kuss.

      »War das die Antwort?«

      Jelena blieb stumm und lächelte. Also legte er den Rückwärtsgang ein, wendete und fuhr rumpelnd und viel zu schnell auf die Hauptstraße zurück.

      |26|Cord schob eine CD ein, Panflötenmusik, die CD hatte ihm mal eine Cousine geschenkt. Die schöne ruhige Musik hatte vor allem den Vorzug, dass man nicht miteinander reden musste. Denn das wäre ihm nun wieder schwergefallen. Es reichte ihm, Jelenas warme Hand zu halten.

      Während er auf Klein Eilstorf zusteuerte, musste er an die abfällige Bemerkung denken, die Walter über die »Russin« gemacht hatte. Die üblichen miesen Sprüche, dachte er. Wahrscheinlich hat der nur einmal mit Jelena getanzt und dann den Mut verloren, der Angeber.

      Cord war nicht mehr zu seinen Berufskollegen zurückgekehrt, hatte nur noch seine Jacke geholt und sich knapp verabschiedet.

      »Herzliche Grüße an Ma-Madame Mortadella«, hatte Walter ihm beim Weggehen hinterhergestottert. Eine blöde Anspielung auf ihren Job hinter der Wursttheke. Aber er hatte sich gar nicht mehr darum gekümmert.

      Es war nicht das erste Mal, dass er vom »Single-Tanz« in Damenbegleitung zurückkehrte. Vor einigen Jahren wäre es sogar fast ernst geworden. Fast drei Monate war er mit Angelika zusammengewesen, einer Krankenschwester mit starkem Kinderwunsch. Man hatte sogar schon den Termin für die Verlobung ins Auge gefasst. Doch dann hatte sich die Sache zerschlagen. Die Weizenernte war ihm dazwischengekommen. Von morgens bis abends hatte er auf dem Mähdrescher gehockt, und wenn er verstaubt und verschwitzt nach Hause gekommen war, mussten auch noch die Kühe gemolken werden.

      Angelika war dabei zu kurz gekommen, ganz klar. »Ich glaube, es hat keinen Sinn mehr mit uns«, hatte sie ihm schließlich am Telefon gesagt. »Ich glaube auch, dass du in Wirklichkeit mit deinem Hof verheiratet bist und dich erst mal von deiner Mutter abnabeln musst, bevor du dir eine Frau suchst.«

      |27|»Wenn du meinst«, hatte er nur betreten erwidert – und wenn er es auch nie zugegeben hätte, im Grunde seines Herzens wusste er doch, dass Angelika recht hatte. Ja, er war nicht nur mit dem Hof verheiratet, sondern irgendwie auch mit seiner Mutter. Im Alter von siebzehn Jahren hatte er

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